• Denkzeichen zur Erinnerung an die Ermordeten der NS-Militärjustiz am Murellenberg, Berlin-Charlottenburg

    Ein Denkmal für Deseteure und Befehlsverweigerer, das man nicht sieht. Wie praktisch, könnte von Kriegsminister Pistorius stammen !

    http://www.denkzeichen-am-murellenberg.de

    Auf dem Gelände der ehemaligen Wehrmachtserschießungsstätte Ruhleben am Murellenberg, Berlin-Charlottenburg, wurden nach den bisherigen Ermittlungen zwischen dem 12.August 1944 und dem 14.April 1945 über 230 Personen, überwiegend Wehrmachtangehörige, wegen Fahnenflucht oder Kriegsdienstsverweigerung erschossen. Der authentische Ort der Erschießungen befindet sich heute auf einem für das Publikum unzugänglichen Polizeigelände. Seit Mai 2002 steht das Denkzeichen zur Erinnerung an die Ermordeten der NS-Militärjustiz am Murellenberg entlang des Waldweges bis zum Ort der Erschießungen.

    http://www.denkzeichen-am-murellenberg.de/deserteure_denkzeichen.html

    Entlang des ca. 700 m langen Waldweges zum authentischen Erschießungsort, der links der Waldbühne verläuft, wurden 104 Verkehrsspiegel installiert. Die Menge der Spiegel verdichtet sich von der Glockenturmstrasse aus in Richtung des Erschießungsplatzes. Die Verkehrsspiegel markieren den Weg. Einige Spiegel sind auf dem zur Zeit eingezäunten Polizeigelände aufgestellt. Durch sie wird der authentische Erschießungsplatz von dieser Stelle aus einsehbar bzw. virtuell zugänglich.

    #Murellenberg #Murellenschlucht

    Murellenschlucht und Mahnmal Wehrmachterschießungsstätte Ruhleben Murellenberg
    https://www.andondo.com/2021/04/03/murellenschlucht-und-mahnmal-wehrmachterschiessungsstaette-ruhleben-murelle

    3.4.2021 · Aktualisiert 6.11.2022 von hundertzwanziger - Hinter der Berliner Waldbühne zwischen der S-Bahn und der Glockenturmstrasse liegt die Murellenschlucht und der Schanzenwald. Der Schanzenwald diente bereits ab 1840 militärischen Zwecken und als Schiessstand, dessen Nutzung mit dem Abzug der Alliierten 1994 endete. Danach wurde das Gebiet in den Folgejahren renaturiert und auch der Öffentlichkeit wieder zuganglich gemacht. Während des Nationalsozialismus befand sich auf dem Gelände des Schanzenwaldes auch eine Erschiessungsstätte der Wehrmacht. An die Ermordeten der NS-Militärjustiz erinnert seit dem Jahre 2002 ein aus 104 Verkehrsspiegeln bestehendes Kunstwerk der argentinischen Künstlerin Patricia Pisani. Einige Spiegel tragen dabei Zitate aus den Urteilen der Militärgerichte sowie zum Umgang mit Deserteuren im Nachkriegsdeutschland.

    Berlin: Mahnmal für ermordete Deserteure: Zutritt zur Gedenkstätte verboten
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/mahnmal-fur-ermordete-deserteure-zutritt-zur-gedenkstatte-verboten-7671

    28.2.2001 von Ingo Bach - In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges starben in der Murellenschlucht in der Nähe der Waldbühne insgesamt 223 deutsche Soldaten durch die Kugeln ihrer eigenen Kameraden. Standgerichtlich verurteilt, weil sie desertiert waren oder Zweifel am Endsieg ausgesprochen hatten - „Wehrkraftzersetzung“ nannte das die NS-Militärjustiz und ahndete es mit dem Tod.

    In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges starben in der Murellenschlucht in der Nähe der Waldbühne insgesamt 223 deutsche Soldaten durch die Kugeln ihrer eigenen Kameraden. Standgerichtlich verurteilt, weil sie desertiert waren oder Zweifel am Endsieg ausgesprochen hatten - „Wehrkraftzersetzung“ nannte das die NS-Militärjustiz und ahndete es mit dem Tod. Nach einer über fünfjährigen Diskussion soll nun endlich am Ort der Hinrichtungen ein Mahnmal für die Ermordeten entstehen. Der Wettbewerb, den der Senator für Stadtentwicklung im Herbst letzten Jahres ausschrieb, steht kurz vor dem Abschluss. Der Siegerentwurf soll Ende dieser Woche feststehen.

    Die Ausschreibung erfolgte im Herbst 2000 - im diskreten Rahmen, denn die Initiatoren hatten sich für einen „engeren Wettbewerb“ entschieden, in dem neun ausgewählte Künstler direkt angesprochen und gebeten wurden, Vorschläge für ein Mahnmal einzureichen. Einen offenen Wettbewerb, wie zum Beispiel beim Mahnmal für die ermordeten Juden Europas, wo hunderte Vorschläge eingingen, sei nicht finanzierbar gewesen, begründet eine Sprecherin der Senatsverwaltung das Verfahren.

    Eigentlich hatten sich schon 1997 das Bezirksparlament von Charlottenburg und die Initiatoren des Mahnmals, die Kreissynode der evangelischen Kirche Charlottenburg, auf einen Entwurf geeinigt: symbolische Nachbildungen der Erschießungspfähle mit den Porträts und Biographien einiger der ermordeten Männer. Aber es fehlte das Geld, um das 400 000 Mark teure Projekt zu finanzieren. Eine Spendenaktion brachte ganze 600 Mark ein.

    Im Herbst 2000 zog dann Stadtentwicklungssenator Peter Strieder das Projekt an sich. Gleich in der ersten Runde des neuen Auswahlverfahrens flog der 1997er Vorschlag aus dem Rennen. Jetzt ist auch das nötige Geld da. Im Haushalt für 2001 und 2002 sind die Mittel für die Realisierung des neuen Siegerentwurfs schon reserviert.

    Boulevard Berlin: Was die Stadt bewegt...

    Doch die Finanzierung war nicht das einzige Problem für ein Mahnmal in der Murellenschlucht. Die Berliner Polizei nutzt das etwa 130 Hektar große Gelände als Übungsgelände und Lagerfläche - und der Ort der Erschießungen befindet sich mitten im sensibelsten Bereich in der Nähe eines Munitionslagers. Deshalb wird das Mahnmal nicht öffentlich zugänglich sein - nicht gerade ideal für eine Installation, die der Erinnerung und des Nachdenkens dienen soll. Als Gründe nennt die Polizei „Sicherheitsaspekte“. Aber der Ort werde vom Begrenzungszaun 30 Meter entfernt und damit sichtbar sein, sagt ein Polizeisprecher. Man könne am Zaun auch eine Hinweistafel anbringen, die Spaziergänger auf das Mahnmal aufmerksam machen soll.

    #Berlin #Ruhleben #Murellenschlucht #Geschichte

  • 60. Geburtstag DT 64: Power von der Eastside
    https://www.jungewelt.de/artikel/475354.60-geburtstag-dt-64-power-von-der-eastside.html

    Die Protestakion fürs Taxi ...

    15.5.2024 von André Scheer -Tanzen bis zum Hungerstreik: Vor 60 Jahren nahm das Jugendradio DT 64 den Sendebetrieb auf

    Pfingsten 1964: Hunderttausende Jugendliche aus allen Teilen der DDR und einige zehntausend aus Westdeutschland kamen in Berlin zusammen und feierten das dritte – und letzte – Deutschlandtreffen der Jugend. Auf der Karl-Marx-Allee wurde getanzt, Bands spielten, Schriftsteller lasen –, und auf dem Alexanderplatz stand ein gläserner Pavillon. Das war das Jugendstudio Deutschlandtreffen, kurz DT 64. Gerhart Eisler, der Chef des staatlichen Rundfunkkomitees, gab am 15. Mai 1964, dem Vorabend des Treffens, den Startschuss und wünschte im Namen aller Mitarbeiter des Rundfunks und Fernsehens der DDR einen »herzlichen Empfang über die Ätherwellen eures Senders – DT 64!« Die Redakteure und Reporter lieferten den Soundtrack zum Festival, berichteten von den Kundgebungen und Demonstrationen, vermittelten Übernachtungsgelegenheiten.

    Ursprünglich sollte das Festivalprogramm nach 99 Stunden Geschichte sein, doch der Erfolg war so groß, dass der Ruf nach einer Fortsetzung laut wurde. Der Berliner Rundfunk machte Platz in seinem Programm, so dass das Jugendstudio DT 64 ab dem 29. Juni 1964 täglich mehrere Stunden lang auf Mittelwelle und UKW zu hören war. Am 7. März 1986 folgte dann der nächste Schritt – aus dem Jugendstudio wurde das Jugendradio mit eigener Senderkette und einem Programm von vier bis 24 Uhr. Während in den westdeutschen öffentlich-rechtlichen Anstalten peinlich genau darauf geachtet wurde, dass die Moderatoren regelmäßig in die Lieder reinquatschten, um im Interesse der Schallplattenkonzerne Mitschnitte zu ruinieren, sendete DT 64 »Musik für den Rekorder« – komplette Alben, gerne von westlichen Bands, ohne Gerede dazwischen.

    Nicht jedem in den Machtzentralen der DDR gefiel, was da an Musik und Sprüchen über den Sender ging. Auf die Aneinanderreihung von Titeln wichtiger Persönlichkeiten und protokollarische Hofberichterstattung, wie sie bei Radio DDR Standard war, wurde auf DT 64 weitgehend verzichtet. Man stand treu zur Republik und zur Partei, aber formulierte das anders – lockerer, prägnanter, frecher. Und man spielte Punk und Rock, gerne laut und schräg, antifaschistisch und rebellisch. In den Protokollen diverser Gremien finden sich zwar immer wieder Beschwerden von Erich Honecker, aus dem Zentralrat der FDJ oder von anderen. An eine Abschaltung jedoch dachte niemand.

    Die kam erst, als sich der goldene Westen der Brüder und Schwestern annahm. Am 7. September 1990, wenige Wochen vor der »Wiedervereinigung«, war auf den Frequenzen des Jugendradios plötzlich der RIAS aus Westberlin zu hören. Der geschäftsführende Generalintendant des DDR-Rundfunks, Christoph Singelnstein, stotterte eine Erklärung in die Mikrofone, nach der die Journalisten des RIAS ihren Kollegen in der DDR die Hand reichten, »um beim Aufbau eines demokratischen und pluralistischen Rundfunks zu helfen«. Am besten durch Abschalten: »RIAS, dessen Programm ab sofort auf einigen Frequenzen von Jugendradio ausgestrahlt wird, baut mit Journalisten und Redakteuren von Radio DDR Arbeitsgruppen auf, die insbesondere die spezifischen Probleme der Bevölkerung auf dem Gebiet der DDR aufarbeiten.« Wäre es nach Singelnstein gegangen, wäre DT 64 nur noch ein Berliner Lokalsender mit unsicherer Zukunftsperspektive gewesen.

    jW-Shop: Marx seiner Nützlichkeit wegen

    Die Junge Welt (damals noch mit großem J) meldete den Piratenakt mit der Schlagzeile »Skandal: DT 64 von RIAS gekillt!« Eine Redakteurin des Senders wurde zitiert: »Für mich ist das Verrat an unseren Hörern.« Viele von denen sahen das auch so. Spontan demonstrierten Tausende vor allem junge Menschen für ihren Sender. In Dresden blockierten 2.000 Jugendliche die Ernst-Thälmann-Straße nahe dem Kulturpalast. Hörer versammelten sich mit Kerzen vor Sendetürmen, am Sitz von DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière versammelten sich einige zu einem Hungerstreik, Hunderte belagerten die Studios in der Nalepastraße. Sie hatten Erfolg. 24 Stunden nach der Abschaltung, am 8. September 1990 um Punkt 20 Uhr war auf den vorübergehend vom RIAS gekaperten Wellen wieder der markante Jingle »Power von der Eastside« zu hören. Reporter Lutz Deckwerth meldete sich aus Dresden: »Das kann man nicht beschreiben, hier knallen die Sektkorken, und die Leute freuen sich, die Leute freuen sich einfach. Es wird angestoßen auf die Wiedergeburt von Jugendradio!« Aus dem spontanen Protest entstanden festere Strukturen, es bildeten sich Freundeskreise des Jugendradios, die sich für ihr Programm engagierten. Und das blieb nötig, denn im Einigungsvertrag zwischen BRD und DDR war festgelegt worden, dass die Programme des DDR-Rundfunks spätestens zum 31. Dezember 1991 abgeschaltet werden müssten, um Platz für neue öffentlich-rechtliche Anstalten und Kommerzkanäle zu machen. Für ein überregionales Jugendradio fehlte den Regierenden der größer gewordenen Bundesrepublik die Phantasie.

    DT 64 probte den Ernstfall. Am 13. September 1991 wurde den verdutzten Hörern mitgeteilt, dass »Teile der Belegschaft« der Abschaltung zum Jahreswechsel getrotzt hätten und nun auf der Flucht vor den Peilwagen der Post seien. Man sendete angeblich wechselnd aus Schwerin, Dresden, Berlin und Leipzig – das »vielleicht längste Hörspiel der Rundfunkgeschichte«, wie es Chefredakteur Michael Schiwack nannte. Gegen 18 Uhr endete das »illegale« Treiben abrupt. Zu hören war nur noch ein schriller Testton, dann eine amtlich klingende Stimme: »1. Januar 1992. Dieser Sender ist abgeschaltet.«

    Der anhaltende Protest sorgte für eine Gnadenfrist. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) erklärte sich bereit, DT 64 zunächst für ein halbes Jahr in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen weiterfunken zu lassen. In Berlin und Brandenburg musste sich DT 64 die Frequenzen mit dem neu gegründeten – und letztlich nur kurzlebigen – Rockradio B teilen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde dem Jugendradio der Saft komplett abgedreht, als sich der NDR am 1. Januar 1992 das nördliche Bundesland als Sendegebiet einverleibte. Doch es kam noch schlimmer. Im Juni 1992 entschied der MDR, DT 64 auf die Mittelwelle zu verbannen, um die UKW-Frequenzen kommerziellen Privatsendern zur Verfügung zu stellen. Vier Tage später nahm DT 64 die Umstellung vorweg und strahlte zwölf Stunden lang eine Parodie unter dem Namen Superradio 2000 O aus: Dudelfunk, hektische Talks, kurze Nachrichtenblöcke, gesponserte Zeitansagen (»Meine Prolex-Uhr zeigt jetzt …«) und Werbespots: »Probieren Sie Aknesil Ultra Pickelcreme, mit 32 noch Akne wie mit 14!«

    Ab Juli 1992 war DT 64 noch ein Jahr lang über die Mittelwelle zu hören, später dann nur noch über Satellit – unter dem neuen Namen MDR Sputnik. Diesen Sender gibt es bis heute, zu hören inzwischen auch im Kabel, Internet, via App usw. Doch der rebellische Geist, die Power von der Eastside ist auf der Strecke geblieben. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen Sender, der dazwischenfunkte. Herzlichen Glückwunsch zum 60. Geburtstag, DT 64!

    André Scheer ist Autor des Buchs »Klassenkampf im Äther – 100 Jahre Radio in Deutschland«, erschienen im September 2023 im Verlag 8. Mai, 216 Seiten, 19,90 Euro

    #Radio #Geschichte #DDR #Protest

  • L’#eau, une question politique

    La #gestion_de_l’eau et son partage sont longtemps restés dans le champ des questions techniques. Le changement climatique, les sécheresses répétées ou encore les mobilisations contre les méga-bassines ont fait de l’eau une question politique centrale.

    Lors de la grande sécheresse de 2022, 700 communes ont été privées d’eau pour des durées plus ou moins longues. Cet épisode démarre dans l’un de ces villages, dans le Var, et fait d’abord le constat d’un véritable paradoxe : l’eau est présente partout dans nos vies, indispensable à notre subsistance et elle est l’objet d’une grande ignorance collective. Ainsi l’hydrologue Charlène Descollonges nous apprend : “Moins de 1 % d’#eau_douce disponible sur Terre est accessible aux hommes. Il y a 97,5 % d’eau salée et 2,5 % d’eau douce, et la majeure partie de cette eau douce est emprisonnée dans les glaces ou dans des nappes très profondes, peu accessibles. Donc on partage avec l’ensemble du vivant moins de 1 % d’eau douce.”

    Et savons-nous réellement ce qu’est la #sécheresse ? L’hydrologue Agnès Ducharne explique : “Une sécheresse, ça se définit par rapport à une situation qui revient régulièrement à la moyenne des années, comme une anomalie sèche. Depuis 2017, on est dans une situation où les sécheresses sont plus fréquentes que les alternances auxquelles on avait l’habitude et qui définissaient notre moyenne. Et c’est très probablement la conséquence du réchauffement climatique et du changement climatique qui l’accompagne, qui, du point de vue du cycle de l’eau, a tendance à intensifier les événements extrêmes, aussi bien secs, qu’humides.”

    Avons-nous encore une marge de manœuvre pour l’endiguer ? Connaissons-nous les cycles de l’eau ? Avec des climatologues, hydrologue et spécialistes des politiques de l’eau, nous refaisons le niveau de nos connaissances et dessinons, avec des élus, philosophes et citoyens engagés les pistes d’une réappropriation de l’eau dans nos vies.

    https://www.radiofrance.fr/franceculture/podcasts/lsd-la-serie-documentaire/l-eau-une-question-politique-6084938

    #audio #podcast

  • Liebermann-Gärtner Sven Lieberenz: „Der Klimawandel ist real, aber er macht mir keine Angst“
    https://www.berliner-zeitung.de/panorama/berlin-max-liebermann-gaertner-sven-lieberenz-der-klimawandel-ist-r


    Sven Lieberenz am Birkenweg, der von der Terrasse der Liebermann-Villa hinunter zum Wannseeufer führt. Sabine Gudath

    10.5.2024 von Anne Vorbringer - Der Berliner Impressionist Max Liebermann malte mit Leidenschaft seinen eigenen Garten. Heute stellt das blühende Kleinod am Wannsee hohe Ansprüche an seinen aktuellen Gärtner.

    Der Mann mit dem Cowboyhut und der grünen Gärtnerkluft hört uns nicht kommen. Er hockt versunken am Rande eines von Frühblühern übersäten Blumenbeetes, das Maßband ausgerollt, den Blick auf den Pflanzplan gerichtet. In penibel ausgerechnetem Abstand müssen hier ein paar neue Sommerstauden in die Erde: eine Großblumige Kokardenblume in die eine Ecke, eine rot blühende „Excalibur“-Dahlie in die andere.

    Sven Lieberenz ist bei der Arbeit, in seinem Element. Genauigkeit ist wichtig in seinem Geschäft, es kommt nicht nur auf Abstände an, sondern auch auf Farben, Formen, Symmetrieachsen. Lieberenz ist Gärtner, aber nicht in irgendeinem Privatgarten, sondern in der Liebermann-Villa am Wannsee, tief im Berliner Südwesten.

    Mehr als 70.000 Besucher wandeln hier jedes Jahr über die Kieswege zwischen Blumenrabatten, Gemüsebeeten und Heckengärten hindurch. Viele bemerken die strenge Ordnung – und nicht allen gefällt sie. „Hin und wieder erklärt mir mal jemand, dass man doch heute so gar nicht mehr gärtnert. Dass man jetzt naturnah unterwegs ist“, erzählt der 36-Jährige und schiebt seinen Hut in den Nacken. „Dann erkläre ich ihm, dass das hier ein Gartendenkmal ist. Dass wir dem Erbe Max Liebermanns verpflichtet sind und versuchen, alles so zu gestalten, wie es vor 100 Jahren war.“
    Ein Rückzugsort für Max Liebermann – und eine blühende Inspirationsquelle

    Der Garten der Liebermann-Villa ist einer der schönsten der Stadt – und einer der bedeutendsten Reformgärten des Landes. Als der berühmte Berliner Maler Liebermann im Sommer 1909 eines der letzten Wassergrundstücke der Villenkolonie Alsen erwarb, war ihm der Garten seines „Schlosses am See“ besonders wichtig. Mit viel Liebe zum Detail schuf er abseits der Großstadt einen Rückzugsort für seine Familie – und eine blühende Inspirationsquelle für sein impressionistisches Spätwerk.


    Sven Lieberenz kümmert sich um den Garten in der Liebermann-Villa. Die Frühjahrsbepflanzung wird jedes Jahr penibel genau erneuert. Sabine Gudath

    In einem Brief von Liebermann an seinen Freund Alfred Lichtwark, den Gartenreformer und damaligen Direktor der Hamburger Kunsthalle, der Liebermann bei der Gestaltung des Gartens unterstützte, heißt es: „Gestern habe ich den ganzen Tag gebaut, und über den Grundriß sind wir so ziemlich klar (ich bringe die Pläne mit). Nicht so über die Facade, die zu sehr nach einem Bauernhaus aussieht: ich möchte ein Landhaus, das sich ein Städter gebaut hat. Wie überall ist das einfachste das schwerste.“

    Mehr als 200 Gemälde entstanden in diesem grünen Paradies, einem Arrangement aus unterschiedlichen Gartenräumen: dem Bauerngarten mit üppig blühenden Stauden, dem Nutzgarten, der Blumenterrasse zum See hin, drei Heckengärten sowie einer sich bis zum Ufer des Wannsees erstreckenden Rasenfläche, auf der der Maler während der Hungersnot im Ersten Weltkrieg ein großes Beet anlegen ließ, um Kohl und Kartoffeln anzubauen.

    Ab 1910 verbrachte Liebermann die Sommermonate dort, wo heute an sonnigen Sonntagen Hunderte Besucher auflaufen. Er frage sich manchmal, wie der Maler das wohl finden würde, sagt Sven Lieberenz, dass sein einstiges Refugium nun ein gefragter Ausflugsort ist. Lieberenz arbeitet mit einem Team von 30 Ehrenamtlichen, er ist der einzige festangestellte Gärtner in der Liebermann-Villa.

    Jeden Tag ist er vor Ort, pflanzt, wässert, gräbt um, schneidet Hainbuchenhecken und jätet Unkraut. Das Liebermann-Objekt gehört dem Land Berlin, aber regelmäßige öffentliche Gelder erhält es nicht, betont Lieberenz. Vergangenes Jahr haben sie 450 neue Rosen gepflanzt, er hat das Bewässerungssystem erneuert und muss nun nach und nach die vom Zünsler geplagten Buchsbäume ersetzen. Das Geld dafür kommt aus Spenden, den jährlichen Mitgliedsbeiträgen des Trägervereins Max-Liebermann-Gesellschaft – und aus den Eintrittsgeldern.

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    Sabine Gudath

    Kunst und Führungen

    Die Liebermann-Villa am Wannsee ist das ehemalige Sommerhaus des Malers Max Liebermann (1847–1935). Heute erinnern das Kunstmuseum und der denkmalgeschützte Garten an die Geschichte der Familie. Das Museum in der Colomierstraße 3 wird von der Max-Liebermann-Gesellschaft getragen. Geöffnet ist es täglich außer dienstags zwischen 10 und 18 Uhr. Der Eintritt kostet 10, ermäßigt 6 Euro. Jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat lädt Sven Lieberenz zu Benefizführungen im Garten ein.
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    Deswegen weiß Sven Lieberenz natürlich um die Bedeutung der Besucher, auch wenn er sich manchmal über sie ärgern muss. Es ist schon vorgekommen, dass Leute im Museumsgarten einen Einweggrill ausgepackt haben und drauf und dran waren, Würstchen auf den Rost zu legen. Trotz Beschilderung laufen auch immer wieder Besucher über die Rasenflächen, um abzukürzen. Oder sie lassen Kohlrabi, Tomaten und Erdbeeren mitgehen.

    Dabei sind die Früchte des Gartens für die Ehrenamtlichen gedacht, die hier jeden Dienstag werkeln. Darunter sind viele Pensionäre und Alleinstehende, die unter Gleichgesinnten so etwas wie eine zweite Familie gefunden haben, erzählt Lieberenz. Sie kommen aus Potsdam, aus Zehlendorf, aber auch aus dem hohen Norden Berlins mit zwei Stunden Anfahrtsweg. Die älteste Gartenhelferin ist 85 Jahre alt.

    Gärtnern in Corona-Zeiten: „Die Totenstille, das war gruselig“

    Ohne sein Team und die Wertschätzung der meisten Gäste wäre der hauptamtliche Gärtner aufgeschmissen. Das hat er spätestens in den Corona-Lockdowns gemerkt, als er plötzlich allein zwischen seinen Beeten stand. „Die Totenstille, das war gruselig“, erinnert sich Lieberenz, der damals YouTube-Videos drehte, um den Kontakt zu den Gartenfans zu halten.

    In den Beruf kam der gebürtige Potsdamer, weil er schon früh im Garten seines Großvaters mithalf. Und da aus seinem Kindheitstraum, als Dampflokführer zu arbeiten, nichts wurde, ließ sich Sven Lieberenz im Botanischen Garten Potsdam am Nordrand der Parkanlage Sanssouci zum Gärtner ausbilden.


    Liebermann mochte es symmetrisch. Und so sind auch heute noch jede Menge Hecken in Form zu halten. Sabine Gudath

    Bevor er zum Wannsee wechselte, arbeitete er in einer anderen noblen Villengegend – und unter ganz anderen Vorzeichen. Fünf Jahre lang kümmerte er sich um die Grünanlagen des Axel-Springer-Chefs Mathias Döpfner in Potsdam. Satte acht Hektar allein am Pfingstberg – das wurde irgendwann einfach alles zu viel.

    In der Liebermann-Villa sind es „nur noch“ 7000 Quadratmeter Grundstück, die Lieberenz seit nunmehr sechs Jahren beackert. Die Vorarbeit haben andere geleistet. Nachdem das Grundstück jahrzehntelang von Fremdnutzung bestimmt war, führten erst die Bemühungen der Liebermann-Gesellschaft dazu, dass die Villa ab 2002 zum Museum umgebaut wurde. Seit 2006 sind Haus und Garten originalgetreu wiederhergestellt und für die Öffentlichkeit zugänglich.

    Anhaltspunkt für die Rekonstruierung des Gartens waren Fotografien und natürlich die zahlreichen Gemälde Liebermanns. Die alten Pflanzpläne hatten die Nationalsozialisten vernichtet, die im Jahr 1940, fünf Jahre nach Liebermanns Tod, dessen Witwe Martha zum Verkauf des Grundstücks zwangen.

    Heute wird der Garten wieder durch die Villa unterteilt. Durch die Mittelachse des Hauses und über die große Rasenfläche hinweg schweift der Blick ungehindert auf den See, auf dem heute Segelboote und kleine Jachten dümpeln. An der Westseite stehen die Birken Spalier, durch deren noch zartes Blattwerk der Wind leise rauscht.


    Der Birkenweg, gemalt von der Hand des Meisters: Max Liebermann, Haus am Wannsee, 1926, Öl auf Holz SMB/Nationalgalerie

    Der Birkenweg ist eine der markantesten Gestaltungsideen des Liebermann-Gartens. Die wild gewachsenen Birken fand der Maler bereits vor, als er 1909 das Grundstück kaufte. Die unregelmäßigen Abstände zwischen den Bäumen und im Kontrast dazu die von Menschenhand geschaffenen geometrischen Formen der gegenüberliegenden Heckengärten übten wohl einen besonderen ästhetischen Reiz auf Liebermann aus. Seine Birkenweg-Bilder können heute noch als Blaupause für den Gärtner dienen.

    Doch wie lange noch, fragt sich Sven Lieberenz mit Blick auf die weißen Stämme. „Birken brauchen viel Wasser und vertragen die Hitze nicht gut“, sagt er. Ein Baum ist ihm letztes Jahr unter den Händen weggestorben. Noch darf er ohne Einschränkungen gießen, auch die große Rasenfläche sprengen. Wo es geht, hat er bereits auf die sparsame Tropfbewässerung umgestellt.

    Doch die Trockenheit und die steigenden Temperaturen stellen ihn vor Herausforderungen in einem Garten, in dem ja eigentlich nichts verändert werden darf. Jede Neupflanzung wird mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt. Das klingt zunächst einmal nach wenig kreativem Spielraum – doch wegen des Klimawandels muss der Liebermann-Gärtner erfinderisch bleiben.

    Da wäre zum Beispiel der schon angesprochene gefräßige Buchsbaumzünsler: Der Schädling kann hier wegen zunehmend milder Winter reichlich Nachwuchs produzieren. Lieberenz zeigt auf einen befallenen Busch mit traurigen braunen Stellen. Er hat inzwischen schon viele Pflanzen durch Euonymus japonicus ersetzt, einen immergrünen Strauch aus Japan, der mit seiner aufrechten Wuchsform dem Buchsbaum relativ nahe kommt.

    Auch der alte Rosenbestand aus Liebermanns Zeiten ist längst ausgetauscht worden. „Jetzt nehmen wir Sorten, die mit Hitze und Trockenheit besser klarkommen. Die Beetrosen Rotilia oder Kosmos zum Beispiel“, sagt Lieberenz. Bald wird es im Rosengarten, dessen Kletterspaliere und Rundwege der Maler so eindrucksvoll auf Leinwand bannte, wieder weiß, rosa und rot blühen.

    Man muss flexibel bleiben, findet der Gärtner, und die Herausforderungen annehmen. „Der Klimawandel ist real, das merke ich bei meiner Arbeit jeden Tag. Aber Angst macht mir das nicht. Gärten waren schon immer einem stetigen Wandel unterworfen. Wir müssen mit den Bedingungen klarkommen, wie sie sind, und das Beste daraus machen. Es bleibt in jedem Fall spannend.“


    Die Liebermann-Villa am Wannsee ist heute ein Museum und ein beliebtes Ausflugsziel. Wolfgang Kumm

    Gartenliebhaber jedenfalls kommen derzeit bei einem Besuch im Liebermann-Garten schon voll auf ihre Kosten. Die Blumenterrasse ist jetzt im Frühjahr mit gelben und blauen Stiefmütterchen bepflanzt. Demnächst werden sie durch Geranien ausgetauscht. Es heißt, Liebermann habe Jahr für Jahr die sommerliche Bepflanzung mit roten Geranien gegen den Willen seiner Familie durchgesetzt. „Er war eben Künstler, und kein Gärtner“, sagt Sven Lieberenz. Die lange Blühdauer und der starke Komplementärkontrast zwischen Rot und Grün waren dem Maler wichtig.

    Sein Reformgarten war eine Symbiose aus Natur und Kunst, ein reizvolles Spiel zwischen Strenge und freier Form. Die dazugehörige Bewegung, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufblühte, war der vom englischen Landschaftsgarten mit seinen geschwungenen Wegen und malerischen Baumgruppen geprägten Grünanlagen überdrüssig. Stattdessen sah man den Garten nun als gleichwertigen Wohnraum zum Haus, der nach den Bedürfnissen seiner Besitzer nützlich und klar in verschiedene Aufenthaltsräume gestaltet sein sollte.

    In puncto Nützlichkeit gehörte auch dazu, den Vorgarten als Nutzgarten zu bewirtschaften. Heute kann der geneigte Gemüsegärtner von Sven Lieberenz’ Arbeit so einiges mitnehmen. Der 36-Jährige düngt organisch mit Pferdemist, betreibt eine Fünffelderwirtschaft, bei der die Beete mit Starkzehrern wie Rotkohl immer eine Fläche weiterrücken, um den Boden nicht überzustrapazieren.

    Rotkohl baute übrigens auch Max Liebermann schon an. Allerdings weniger als schmackhafte Wildbeilage, sondern, wie könnte es anders sein, als pittoreske Malvorlage.

    #Berlin #Wannsee #Colomierstraße #Kunst #Geschichte #Malerei #Tourismus #Sehenswürdigkeit

  • #Mattermost

    Mattermost est un logiciel et un service de #messagerie_instantanée libre auto-hébergeable. Il est conçu comme un #chat_interne pour les organisations et les entreprises, ainsi qu’un logiciel de #gestion_de_projets, et est présenté comme une alternative à Slack8 et Microsoft Teams.

    https://mattermost.com

    #logiciel #alternative #slack #discord #chat

  • Mann der Kultur
    https://taz.de/!866677

    21. 4. 2015 NACHRUF Qpferdach, tazler der ersten Stunde, ist tot

    Er war ein tazler der ersten Stunde. Einer, der wie die meisten den Job als Taxifahrer, am Zapfhahn einer Kneipe oder im Hörsaal einer Uni mit dem taz-Kollektiv tauschte, ohne genau zu wissen, wie das geht: Redaktion, Zeitung, Journalismus.

    Einer, der das „learning by doing“ ebenso praktizierte wie das Wollen und den Willen, eine andere, bessere Tageszeitung zu machen – und dem das Omen der Medienbranche, dass dieses Projekt eines Haufens von Spontis und ChaotInnen ohnehin zum Scheitern verurteilt sei, herzlich egal war.

    Aus dem Ruhrgebiet nach Berlin gekommen, kannte ihn hier unter seinem Namen Hans-Joachim Wacker niemand, er war „Qpferdach“ – seine rote Mähne lieferte den Namen und passte bestens zum linken, radikalen Programm der frühen taz.

    „Qpfer“, wie wir ihn im Hause nannten, war eine Marke, er baute den Kulturteil der Berliner Lokalausgabe auf und war in der Berliner Szene bald bekannt wie ein bunter Hund. In den 1990ern ging er zum Berliner Stadtmagazin Tip, wo er als Chef vom Dienst und stellvertretender Chefredakteur zu einer Institution wurde – bis zu seinem Abschied vor einigen Jahren, der aber nicht in einen klassischen Ruhestand mündete. Vielmehr in noch mehr Zeit, seiner großen Leidenschaft – dem Radfahren – zu frönen, nicht nur in Berlin und Umgebung, sondern auch im Ausland.

    Vergangene Woche kam Qpferdach auf Mallorca ums Leben – durch einen Hirnschlag nach einem Sturz vom Rad. Ein schneller und „schöner“ Tod für einen passionierten Radler? Vielleicht, aber mit 66 Jahren war Qpfer doch eigentlich noch zu jung, um sich aus der Welt zu verabschieden. Was nicht nur seine Frau, Kinder und Enkel so empfinden, sondern auch seine alten Mitstreiter aus der taz. Möge er in Frieden ruhen. MATHIAS BRÖCKERS

    #Berlin #Zeitung #Kultur #Journalismus #Geschichte

  • Berliner Bombennacht 1943: Erlebnisbericht einer Postbotin als Warnung vor einem neun Krieg
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/berliner-bombennacht-1943-erlebnisbericht-einer-postbotin-als-warnu


    Gerda Deckwardt, Postbotin, in einer Berliner Trümmerszenerie, wie sie noch jahrzehntelang typisch war für die Stadt. Der Krieg sollte noch 17 Monate dauern, als die Frau eine der schlimmsten Bombennächte erlebte. Sammlung Stefan Elfenbein

    28.4.2024 von Stefan Elfenbein - Unser Autor entdeckt in seiner Wohnung einen vergilbten Erlebnisbericht. Seinen Inhalt findet er beklemmend aktuell.

    „Berlin, den 23. November 1943, Angriffstag. Mein eigenes Erlebnis“, steht als Überschrift auf dem vergilbten Schreibmaschinenblatt, die Buchstaben sind verblasst, ein Holzwurm hat sich durchs Papier genagt. Gleich darunter beginnt der Text:

    „Ich hatte einen schweren Arbeitstag hinter mir“, heißt es, „und nun saß ich wie an jedem Abend vor meinem kleinen Radiogerät, um die Sendungen des Auslandes anzuhören. Somit war ich immer auf dem Laufenden, was in der Welt geschah, und was geschehen konnte. Eigentlich war ich mächtig müde, aber wer konnte hier seit Wochen an Schlafengehen denken, wo Tag für Tag die Alarmsirenen heulten, und Tag für Tag die Menschen ärmer und ärmer wurden.“

    Aufgeschrieben hat dies Gerda Deckwardt, die beinahe vergessene alte Dame, die vor mir hier in der Nostitzstraße in Berlin-Kreuzberg wohnte. Vor mittlerweile über drei Jahrzehnten zog ich in ihre Wohnung ein – und in ihr Leben. Alles war noch da, Kleidung, Bücher, Medikamente, ein letztes Frühstück stand auf dem Küchentisch.

    Erst jetzt jedoch, vor wenigen Wochen, kam – sonderbar schicksalhaft, fast wie gewollt – das Schreibmaschinenblatt zum Vorschein, in einer Zeit, in der deutsche Industrie und Politik Krieg erneut als Option sehen. Wer warnt und Frieden fordert, wird allzu schnell öffentlich denunziert.

    Sorgsam in einen vergilbten Umschlag gefaltet, verbarg sich Gerdas Nachricht unter Nadeln, Knöpfen, Zwirn ganz unten in ihrem Nähkästchen. Die Worte erscheinen wie ein Fingerzeig.

    Zwischen Nadeln, Knöpfen, Zwirn verbirgt sich ein Umschlag

    „Kaum war es neun Uhr, als die Alarmsirenen heulten, und ich mich beeilen musste, mein kleines Radiogerät einzupacken, denn das tat ich jeden Tag zur selben Stunde, da ich ohne Radio gar nicht sein konnte. Ich rannte förmlich die vier Treppen aus meiner Wohnung herunter und suchte einen sogenannten Luftschutzkeller auf. Der Keller lag unter einem abgebrannten Haus, war aber am ehesten erreichbar von meinem Heim aus.

    Schreckliche Gedanken, in solch einem Loch aushalten zu müssen, während die Herren, die den Krieg machten, in der Nähe hier die bestgesicherten Keller einnahmen. Ich weiß nur, dass mich so die Wut darum packte, dass ich, gleich im Keller angekommen, vor allen Menschen tobte, dass es uns so gehen muss, nur weil die Deutschen so zänkisch und so verkommen seien. Oftmals ist es mir wegen dieses Aufregens beinahe schlecht ergangen, aber dessen ungeachtet, habe ich nie aufhören können, mich zu empören.“

    Und weiter schreibt sie , „plötzlich aber kam Stille um uns herum. Draußen tobten die Bomber und die Wächter teilten uns mit, dass hier alles herum ein Flammenmeer sei. Brandbomben ohne Zahl waren heruntergekommen. Alles schrie wild durcheinander, alte Frauen weinten, weil sie seit Langem schon keine Hoffnung mehr hatten. Drei Stunden lang tobten draußen auf der Stadtmitte die Bomben, doch dann kam die Entwarnung, wobei alle Menschen aus dem Keller stürmten. Die, welche ihre Angehörigen hatten, fassten sich bei den Händen.“

    1943 war Gerda Deckwarth Briefträgerin in Mitte, ihre Wohnung war in der Schützenstraße 14. Auf einem Foto aus der Zeit von ihr in Postuniform hat sie Reichsadler und Hakenkreuz auf ihrer Mütze mit Kugelschreiber übermalt. Auf anderen Fotos aus unterschiedlichen Lebensphasen wirkt sie als junge Frau verträumt und hoffnungsvoll, später eher nachdenklich, dann introvertiert, einsam, still. „Tage, an denen ich nur eine Mark als Geld besitze, keine Butter, kein Zipfel Wurst, keine Zigarette“, schreibt sie 1962 in ihr Tagebuch.


    Gerdas Nähkästchen und die Dokumente, die Stefan Elfenbein darin fand. Sammlung Stefan Elfenbein

    Mit dem Mauerbau wurde auch die Schützenstraße 14 erst von Stacheldraht umzäunt, dann abgerissen. Unterkunft fand sie bei ihrer Mutter hier in der Nostitzstraße. 1991 starb sie, allein, ohne Angehörige. Sie war 86 Jahre alt. Ein entfernter Verwandter schlug das Erbe in Anbetracht anstehender Bestattungskosten aus. Ich war gerade aus New York gekommen. „Nehmen sie die Wohnung, so wie sie ist – ungesehen!“, hieß es bei der Hausverwaltung. Mit einem Koffer und dem Schlüssel in der Hand zog ich ein. Im Wohnzimmer zeigten Schatten an der Wand, dass Bilder fehlten, auf dem Teppich war eine Schmuckschatulle ausgekippt - ein Nachlassverwalter hatte nach Verwertbarem gesucht. Gerdas Fotoalbum und Tagebuch lagen am Bett. Das Nähkästchen stand am Küchentisch. Ich räumte es in den Hängeboden – Nähen ist nicht mein Ding. Erst die Suche nach einem Knopf für die Vintage-Bluse einer Freundin, brachte den Umschlag ans Licht. Aber lassen wir Gerda weitererzählen:

    „Bis weit über den Vororten sah man dieses Flammenmeer“

    „Ich selbst war ganz allein, denn meinen Mann hatten sie eingezogen in den Krieg, und lange hatte ich schon keine Post mehr. Verbittert war mein Herz gegen alles, was den Krieg unterstützte, und ich drückte meine Finger zu einer Faust zusammen, und wünschte mir somit, dass ich wenigstens mein Heim behalten kann. Als ich die Straße betrat, war ringsumher nichts als ein rotes züngelndes Feuer. Die Ortsmitte brannte ringsherum, bis weit über den Vororten sah man dieses Flammenmeer.

    Ich stürmte die vier Treppen bis zu meiner Wohnung herauf, doch auch hier waren die Brandbomben hereingeflogen und sechs Brandherde drohten Gefahr zu bringen. Einige Männer waren schon dabei, zu löschen, und ich selbst schleppte vom Hofe Eimer für Eimer Wasser heran, bis die Herde gelöscht waren. Die Männer verließen dann meine Wohnung, und ich war allein in meiner Wohnung. Alles war schwarz. Mauersteine, Holzstücke, Ruß und nochmals Ruß. Die Übergardinen waren verbrannt, die Fetzen hingen an der fensterlosen Scheibe und pendelten hin und her, und ich sah hinaus in die rote leuchtende Nacht. Die Hitze nahm mehr und mehr zu, ich musste auf meinem Balkon stehen und immer Wasser, nur Wasser auf die zischenden Mauern sprengen, damit das Feuer nicht eindringen konnte.

    Dann plötzlich wieder Alarm, hundemüde, das Herz voller Traurigkeit, stürmte ich die Treppen wieder herunter und hinein in den Keller und wieder kamen Brandbomben auf Brandbomben vom Himmel herab. Licht war schon längst nicht mehr in den Kellern vorhanden, nur kleine Kerzen erleuchteten den Raum. Die Wache schreit dann plötzlich „alle heraus“, der Keller brennt. Und das mitten bei den Angriffen. Nun mussten wir alle gegenüber in einen Keller. Kein Mensch wollte das wagen, denn die ganze Schützenstraße war hell erleuchtet durch die Brände, und die Flieger zum Greifen nahe über uns.

    Ach, manchmal habe ich geglaubt, dass sie ein Herz haben müssten, und ich winkte oftmals mit den Händen als Zeichen, dass doch auch wir ihre Freunde seien, im roten Feuerschein hatte man diese Flammen aber wohl nie sehen können.

    Gerade als auch ich die Fahrstraße überqueren wollte, flog so eine Brandbombe dicht vor mir herab. Glück muss man haben, dachte ich, und ich konnte das wohl behaupten, denn als ich ein Endchen wartete, kamen noch mehr solcher Dinger herab. Ich bin dann nicht mehr in den Keller gegangen, ich blieb vor dem Hause stehen, stellte mich in Deckung und habe somit den Schluss des Angriffabends abgewartet. Wenig Menschen haben miterlebt, wie die Ärmsten der Armen wimmerten um ihr Heim, um ihre letzte Habe. Manche tröstete ich, indem ich sagte, lassen Sie nur, es dauert ja nicht mehr lange. Aber was war schon ein Trost gegen dieses Leid.“


    Gerda Deckwardt in der für Zustellerinnen üblichen Uniform der Deutschen Reichspost. Sammlung Stefan Elfenbein

    Der Angriff der Alliierten in der Nacht vom 22. auf den 23. November 1943 war einer der schwersten, die Berlin erlebte. Zerstört wurden große Teile von Charlottenburg, Schöneberg, Mitte sowie auch KaDeWe, Gedächtniskirche, Zoo, Ufa-Palast, Tell-Halaf-Museum und Neue Synagoge. Wind und Trockenheit entfachten diverse Feuerstürme. Mehrere Tausend Menschen starben in der Nacht, Hunderttausende wurden obdachlos.

    Manche Augenzeugenberichte enden mit „Heil Hitler“. Dieser nicht.

    „Wieder in meiner Wohnung angekommen, fand ich die Küche brennend vor. Wieder war ich allein, aber ich besaß die Kraft zu löschen“, fährt Gerda fort. „So löschten wir in unserem Hause noch andere Brände und das ging bis zum Morgen um sieben Uhr weiter. Völlig verdreckt, zum Umsinken ermüdet warf ich mich dann zwischen die Klamotten in meiner Wohnung, um ein bisschen zu schlafen. Der Brandgeruch und die Hitze hüllten mich ein, und ich schlief dann zwei Stunden lang, nicht wie eine Dame, nein, richtig wie ein Tier.“

    Erhalten sind auch andere Augenzeugenberichte – von dieser, wie von anderen Bombennächten –, erschreckend allerdings ist die Regimetreue. In so gut wie allen, so zeigen Auswertungen, fehlt es an jeglicher Kritik, Selbstzweifel oder gar Schuldzuweisung, manche enden mit „Heil Hitler!“. Gerdas Bericht ist völlig anders. Er zeigt, dass sie, die einfache Berliner Postbotin, ihren Gehorsam selbst in einer Zeit schlimmsten Unrechts, Lüge, Angst und Propaganda innerlich strikt verweigert hat.

    Vor ihrem Tod zum letzten Mal gesehen habe man sie, hat mir eine Nachbarin erzählt, als sie bei einem Fest hier im Hof im zweiten Stock am offenen Küchenfenster stand und auf ihrer Ziehharmonika spielte. Treppen konnte sie nicht mehr laufen. Ihre Bestattung auf einem der Friedhöfe an der Bergmannstraße war ein Armenbegräbnis. Ihr Grab ist längst verschwunden. Für uns aber hinterlassen hat sie eine klare Botschaft. Und ja, liebe Gerda – wir hören dich, wir hören deine Warnung! Hier ihre letzten Sätze zum Erlebten:

    „Am anderen Mittag habe ich nach Dienstschluss meine Umgebung näher besehen, aber was man vorfand, war alles trostlos. Doch meine größte Freude war, dass die Bomben diesmal auch das Richtige getroffen hatten. Nämlich die Häuser jener, die den Krieg machten. Der 23. November brachte großes Leid unter die Armen des Berlins, und doch einen Tag näher der Befreiung. Unvergesslich ist in meinem Herzen dieser große Feuerschein, der über Berlin lag, geblieben – nur so kann die Hölle sein!“

    Dr. Stefan Elfenbein ist Amerikaner und Deutscher, lebt in New York und Berlin und war von 1997 bis 2001 der USA-Korrespondent der Berliner Zeitung.

    #Berlin #Mitte #Schützenstraße #Kreuzberg #Nostizstraße #Geschichte #Nazis #Krieg #Bombardierung #Augenzeugen

  • Otto Nagel: Der berühmte Berliner Maler im Porträt seiner Enkelin
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/otto-nagel-der-beruehmte-berliner-maler-im-portrait-seiner-enkelin-

    15.04.2024 von Salka-Valka Schallenberg - Vor 130 Jahren wurde Otto Nagel geboren. Seine Enkelin erinnert an den „zeichnenden Rabauken“ aus dem wilden Wedding.

    Der altehrwürdige Gendarmenmarkt in Berlins Mitte lockt immer wieder Touristen mit drei monumentalen Bauten: den Zwillingen Deutscher und Französischer Dom sowie dem Schauspielhaus, einem imposanten Fotomotiv. Das Theater, jetzt Konzerthaus Berlin, ein typischer Schinkel-Bau im Stil des Klassizismus, wurde 1821 eröffnet. Im Pflaster neben der Haupttreppe lässt uns Beethoven wissen: „Das ganze Berliner Publikum ist fein gebildet.“ Sieben Tafeln mit Berlin-Zitaten rahmen den Aufgang. Alle Platten sind etwas brüchig, vielleicht auch zertreten. Der Künstler Otto Nagel wird ebenfalls zitiert: „Ich habe sie schon immer geliebt, die alte Stadt; geliebt in achtungsvoller Verehrung.“

    Aber so recht passen will das nicht: Nagel malte das alte, wenig beachtete Berlin, die stillen Winkel und Gassen, wo das Volk lebte; nicht das bürgerlich-repräsentative Berlin, wie es sich am Gendarmenmarkt zeigte. Der Ehrenbürger von Berlin Otto Nagel ist ein Kind aus dem proletarischen Wedding.

    Der Vater Carl heiratet 1877 Emma Barschin aus einer Hugenottenfamilie. Eine erste Wohnung findet das Paar in der Liebenwalder Straße. Die Familie wächst, vier Söhne bis 1886. Später, in der nunmehr Wilhelminischen Ära, gesellt sich Otto dazu – 1894. Vor 130 Jahren leben in Berlin etwa 1,7 Millionen Menschen. Die Familie Nagel findet in der Reinickendorfer Straße 67 ein neues Zuhause; eine typische Mietskaserne aus der Gründerzeit um 1870.

    Mit der Geburt von Otto als siebentem Bewohner ist es sehr eng in der Wohnung. Im zweiten Hof im Parterre leben die Nagels: kein Flur, gleich geht es in die Küche. In der Berliner Stube stehen die Betten, ein Vertiko, ein Sofa und ein kleiner Tisch. Der Vater Carl hat in der zweiten Stube seine Werkstatt. Als Tischler baut er Kommoden oder repariert Stühle. Die Mutter poliert die Kommoden und singt dabei gern. Das Fenster lässt zum dunklen Hof hinausblicken. Hier wächst Otto Nagel auf.
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    Die übrigen drei Hofseiten gehen steil vier Stockwerke hinauf. Ab und an schwebt über dem Fensterbrett auf magerem Stängel eine rote Geranie. In einer solchen Mietskaserne lebt der Industriearbeiter genauso wie der Schlosser, Dreher, Bauarbeiter oder Tischler. Sonderbare Berufe gibt es genauso. So einen hat die „dicke Berta“, als stärkste Dame Norddeutschlands ist sie sonntags auf dem Rummel zu sehen.

    Aufregung im Wedding: Kneipen, Parks, Fröhliche Proletarier

    Otto, der Spätgeborene, entdeckt den Wedding. Wenige Hundert Meter entfernt ist das dörfliche Reinickendorf. Eine bunt gemischte Straße, mal eine Mietskaserne, mal ein altes Gehöft. Die Stadt in das Land hinein gebaut. Tausende Menschen wohnen hier. Man soll es kaum für möglich halten, aber einer kennt den anderen. Viele Kneipen gibt es. Nur kurz über die Straße, schon ist Otto im Lausepark. Drei Bänke laden vormittags die Penner zum Fläzen ein. Eine grüne Blechbude und fünf, sechs kümmerliche Bäume geben etwas Farbe zum tristen Grau.

    Sonntags gibt es viel Kultur. Gern besucht Otto mit der Mutter und Tante Berta Weimanns Spezialitätentheater in der Badstraße. In der Straße am Gesundbrunnen gibt es auch das Marienbad und das Bernhard-Rose-Theater.

    In Weihmanns Gaststätte mit Theaterbühne feiern die Arbeiter den 1. Mai. Man trinkt Berliner Weiße mit Schuss. Die Kinder fahren Karussell. Im Rose-Theater tritt in den Vorstellungen der alte Bernhard Rose persönlich auf. Die Stücke sind sehr volkstümlich. Oft geht es um irgendeine Ungerechtigkeit, die einem alten Handwerker geschieht. Im Arbeitertheaterverein Fröhliche Proletarier wirken die älteren Brüder mit.

    Seit seiner frühesten Kindheit malt und zeichnet Otto. Zuerst vom Fenster der Wohnung. Der Blick über das Haus hinter der Mauer mit dem blauen Himmel darüber. Dann ein Panorama der Rehberge, des allseits beliebten Volksparks. Auch den grauen Stadtrand mit den unzähligen Mietskasernen. Oft zeichnet er seine Mutter, meist wenn sie liest oder am Tisch eingenickt ist. Den Vater wagt der Junge nur zu zeichnen, wenn er schläft. Zeigt Otto seiner Mutter ein Porträt von ihr, sagt sie: „Ach Junge, so’ne alte hässliche Frau zu malen!“ In der Familie Nagel interessiert sich keiner für Ottos zeichnerische Versuche. Ein gelegentliches Lob des Zeichenlehrers und von erstaunten Schulkameraden erfreut ihn.

    Sonst ist Otto ein Weddinger Junge, der alles mitmacht. Ganz gleich, ob es Keilereien sind oder irgendwelche dummen Streiche. „Ich war also eine merkwürdige Mischung von zeichnendem Rabauken, war weder verträumt noch absonderlich“, schreibt der alte Maler rückblickend. Kaum aus der Schule ist Otto Nagel Hilfsarbeiter, mal hier, mal dort.

    In der Nazizeit gelten seine Werke als „entartet“

    1919 lernt Otto Nagel den Kunstkritiker Adolf Behne kennen. Er fördert den jungen Arbeiter. 1921, nach dem großen März-Streik fristlos entlassen und auf der Schwarzen Liste, wagt Nagel es, als freier Künstler zu arbeiten. Eine erste erfolgreiche Ausstellung ebnet den Weg. Im Sommer desselben Jahres macht sich Otto Nagel mit Zeichenutensilien im Gepäck auf die „Walz“ in Richtung Niederbayern. Ohne Staffelei und Keilrahmen. Studien in Kreide und Pastell entstehen, meist an Ort und Stelle verkauft. So füllt sich die Reisekasse wieder auf. Nagel verdient als Zeichner sein Herbergsgeld.

    Kaum zurück im Wedding ist der junge Künstler unter den Menschen, mit denen er lebt. Das Ölporträt reizt Nagel. Der Obdachlose, der ausgemergelte Arbeiter, die Ausgestoßenen, sie alle finden sich und ihre Welt in seinen Bildern wieder. Otto Nagel, die Menschen und seine Bilder sind eins. Dort, wo Kommunisten, Parteilose und vor allem Arbeitslose verkehren, im Weddinger Lokal Sängerheim, zeigt der Künstler schon 1926/27 um die hundert Arbeiten. Es ist die erste große Ausstellung mit sozialkritischen Bildern.

    In der Nazizeit gelten Nagels Werke als „entartet“. Schikanen gegen den Kommunisten folgen. Nagel wählt notgedrungen die Straße als sein Freiluftatelier. Der Theaterkritiker Herbert Ihering (1888–1977) schreibt: „Der von den Nazis verfolgte Otto Nagel setzt sich in die Hinterhöfe, in die Ecken und Winkel und malt das alte Berlin, seine Vaterstadt. Und – seltsam oder nicht – diese innere Ergriffenheit spürt man vor den Pastellen. Eine Anteilnahme, die aber niemals in ein Romantisieren und Sentimentalisieren übergeht.“ Für den Künstler ist eine Straße nie völlig leer. „Auf fast allen diesen Altberliner Pastellen sind wenig Menschen, oft nur, wie sie gerade eine Straße verlassen, dem Betrachter den Rücken zugekehrt. Und doch sprechen diese Straßen, sprechen sie Berliner Dialekt“, so Ihering.

    Die Berliner Altstadt bewahrt bis zum Krieg ihr mittelalterliches Flair. Der Künstler entdeckt in den 1940er-Jahren hier, in seinem Alt-Berlin, so vieles. Cölln, die ältere der Doppelstadt Berlin-Cölln, entstand als Fischersiedlung auf der Spreeinsel. Am Spreearm entlang führt die Friedrichsgracht. Schmale Häuser aus dem 17. Jahrhundert, das unberührte Berlin. Einst lebten hier wohlhabende Leute, später arme Menschen.

    Die Fischerstraße, wohl die älteste Straße, führt direkt zum Wasser an der Friedrichsgracht. Die schweren Holztüren aufgeschoben, geht Nagel immer wieder durch die Dielen – rechts und links durch uralte Bohlen abgestützt –, an den Treppenhäusern vorbei auf die Höfe. Direkt am Wasser liegend, ziehen sich die Höfe hin aus der Zeit, in der hier Fischer lebten und arbeiteten. Das älteste Hauszeichen in der Fischerstraße von 1604 zeigt ein lustig-krummes Wappenschild mit einem Männchen machenden Eichhörnchen. Der Blick nach oben über das Wappen erfreut den Künstler: zwei übereinanderliegende zierlich geschnitzte Holzgalerien, grüne Blätter und Rosen geben Farbtupfer. Den Eichhörnchenhof hält Nagel 1941 in einem Pastell fest. Nach dem Krieg kehrt der Maler für sein Buch „Berliner Bilder“ (1955) an den Ort zurück. Ein trauriger Anblick, vieles zerstört. Auch der Name der Straße verschwindet 1969 zugunsten der heutigen Fischerinsel.

    Bei glühender Hitze malte der 71-Jährige seinen „Abschied vom Fischerkiez III“

    Parallel zur Fischerstraße läuft die Petristraße, für Nagel die Schwesterstraße. Die schmalen, zwei bis drei Fenster breiten Häuser sind mehr als 300 Jahre alt. Ein lustiges Bild, wie diese Häuser, den Orgelpfeifen gleich immer größer werdend, sich nebeneinanderdrängen. Hier versteckt sich der wohl schönste Hof Berlins. Eine mit Wein umrankte Galerie läuft ringsum. Blumen inmitten von Kopfsteinpflaster – südliche Kleinstadtidylle. Wie oft findet der Künstler an diesem Ort ein Motiv.

    1965 kehrt Otto Nagel noch einmal zurück in sein altes Berlin, angespornt durch seine Tochter Sybille, die sich 1968 an die Episode erinnert: „Wir fuhren zur Fischerstraße. Ungefähr eine Stunde lang gingen wir durch die alten Häuser und Höfe; dann meinte er: ‚So, hier bleiben wir.‘ Und in knapp fünf Stunden, bei glühender Hitze, malte der damals 71-Jährige seinen ‚Abschied vom Fischerkiez III‘.“ Viel Raum gibt der Künstler den krummen und schiefen alten Häusern in Pastell auf grauem Papier mit gut 50 mal 60 Zentimetern. Später entsteht an dem Ort das heutige Wohngebiet Fischerinsel.

    Hier eröffnet 1973 am Märkischen Ufer 16–18 das Otto-Nagel-Haus. Einst malte der Künstler die alte Treppe in dem Baudenkmal aus dem 18. Jahrhundert. Es ist der richtige Ort für eine Stätte der Kultur im Sinne Nagels, geführt von den Erben bis Ende 1978.

    Kurz kehren die Motive der Fischerstraße, der Petristraße und der Friedrichsgracht zurück in das zur Nationalgalerie gehörende Otto-Nagel-Haus. 1994, zum hundertsten Geburtstag, zeigt das Museum 82 Werke des Malers. Ein leises Verschwinden, die Bilder sind nun in Depots gut verwahrt. Dieses Jahr wäre Otto Nagel 130 Jahre alt geworden. Eine gute Gelegenheit, sich mit seinem Werk und seinem Berlin zu beschäftigen.

    Salka-Valka Schallenberg, geboren 1972, ist die Enkelin Otto Nagels. Sie arbeitet als Journalistin. Kürzlich erschien ihr Buch „Erzähltes & Ungesagtes meiner Großeltern Walentina und Otto Nagel“ im Verlag EDITION Schallenberg.

    #Berlin #Mitte #Fischerinsel #Fischerstraße #Petristraße #Kunst #Malerei #Geschichte

  • Palästina-Demonstranten stören Rede von Claudia Roth im HKW Berlin
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/palaestina-demonstranten-stoeren-rede-von-claudia-roth-im-hkw-berli

    Woke, woker, Bundeskultur - Platten „sichern“ und Straßen umbenennen anstelle von Kampf gegen Siedler- und Neokolonialismus heute, darum geht es bei „Claudia hat nen Schäferhund“ Roth. Kein Wunder, dass da wer protestiert.

    25.4.2024 von Susanne Lenz - Wie soll Berlin an seine Kolonialgeschichte erinnern? Am Donnerstag wurde das Erinnerungskonzept vorgestellt. Es ging nicht ohne Störung.

    Eine Feierstunde sollte es sein, mit Musik, Film, Poesie. Eine Veranstaltung, die die „Herzen öffnet“, wie es die Moderatorin sagt, performative Einbettung für die Vorstellung des Erinnerungskonzepts zu Geschichte und Folgen des Kolonialismus für Berlin. Der Gastgeber Bonaventure Ndikung, Leiter des Hauses der Kulturen der Welt, in dem die Veranstaltung stattfindet, kann noch ungestört reden. Aber kaum steht die Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf der Bühne, geht es los: Sieben oder acht Personen mit Palästinensertüchern stürmen auf die Bühne, entrollen eine Palästinafahne und rufen „Viva, viva Palästina“ und „Genozid“.

    Koloniale Erinnerung: Bei der Vorstellung des Erinnerungskonzepts für Berlin kaperten Pro-Palästina-Protestierende zeitweise die Veranstaltung. pic.twitter.com/mXnDyAPsWT — Susanne Lenz (@LenzSusanne) April 25, 2024

    Es dauert, es gibt Applaus aus dem Publikum, auch Buhrufe. Dann gelingt es, die Protestierenden aus dem Auditorium zu führen. „Das gehört zur Demokratie“, sagt Claudia Roth, „aber zur Demokratie gehört auch Respekt.“ Dann beginnt sie mit der vorbereiteten Rede, aber sie kommt nicht weit. Die nächsten stehen auf: „40.000 Tote in Gaza, Genozid.“ Leute aus dem Publikum mischen sich ein, darum gehe es heute nicht, es gehe um afrikanische Menschen. „Die Menschen in Gaza sind auch Menschen.“

    Dann ist erstmal Ruhe, aber die Stimmung ist hin. Keine offenen Herzen, sondern Anspannung. Claudia Roth spricht von Verdrängung und Vergessen, was die deutsche Kolonialgeschichte angeht. Aber kann man das wirklich noch so sagen? In Berlin gab und gibt es doch zahlreiche Initiativen, Ausstellungen, Stolpersteine, Straßenumbenennungen. Sicher sind das Anfänge, aber die Erinnerung an die Kolonialgeschichte als „völlig weißen Fleck“ zu bezeichnen, wie Claudia Roth es tut, scheint übertrieben.

    Eine junge Frau tritt ans Rednerpult, sie wirkt, als sei sie die nächste Rednerin, stellt sich als Koreanerin vor. Sie wolle über den Kolonialismus von heute sprechen. „Siedlerkolonialismus.“ Ein aufmerksamer Tontechniker dreht den Ton ab. Sie spricht von den israelischen Siedlern im Westjordanland. Die Koreanerin wird weggeführt.
    Joe Chialo will die Wilhelmstraße 92 sichern, den Ort der „Kongokonferenz“

    Ibou Diop tritt auf. Er leitet das vom Senat geförderte Modellprojekt Dekoloniale Erinnerungskultur in Berlin, das maßgeblich für die Entwicklung des Konzepts verantwortlich ist. Ibou Diop kann kaum sprechen, er muss mehrmals Wasser trinken. „Das ist eine Veranstaltung von mir“, sagt er. Er bittet um diesen Raum. Auftritt des Berliner Kultursenators Joe Chialo. Er geht mit keinem Wort auf den Protest ein. Aber er prescht vor mit etwas Konkretem: Er wolle das Haus in der Wilhelmstraße 92 sichern.

    Das ist der Ort, an dem sich 1884/85 die Gesandten der europäischen Mächte, der USA und des Osmanischen Reichs über die Regeln für die koloniale Aufteilung und Ausbeutung des afrikanischen Kontinents verständigten. Er halte diesen Ort auch für den zentralen Lern- und Erinnerungsort zur Kolonialherrschaft geeignet, den der Bund will. Jetzt werden propalästinensische Protestplakate hochgehalten, auf denen von Schweigen und Heuchelei die Rede ist.

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    Im Folgenden wird klar: Das Erinnerungskonzept für Berlin formuliert viel Bekanntes: Straßenumbenennungen (was allerdings Sache der Bezirke ist), Markierung der authentischen Orte durch vielfältige Erinnerungszeichen, dezentrale Erinnerungsorte, Gedenkveranstaltungen, Bildung. Einiges bleibt abstrakt: Was etwa ist mit der Dekolonisierung von Machtstrukturen an bestimmten Orten gemeint? Das Konzept ist im erst Werden, das hat ein Projekt, an dem zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteure beteiligt sind, vielleicht einfach an sich.

    #Berlin #Mitte #Wilhelmstraße #Geschichte #Kongokonferenz #Kultur #Politik

  • Sound of Berlin
    https://www.youtube.com/watch?v=BF-fTJolMSM

    Techno-Rundfahrt durch die Geschichte von Dance und Techno Sound

    A journey through the capital of electronic music

    Interviews w/ Juan Atkins, Dr. Motte, Dimitri Hegemann, Marc Houle, Monolink, Pan-Pot, Mathias Kaden, Nela, Alexander Krüger, Ekaterina, FreedomB

    https://www.apple.com/music

    Score by Marc Houle: https://lnk.to/MarcHouleSoundOfBerlinEP

    Executive Producer - Hermes Eck
    Producer - Franziska Koch, Carolina Thiele
    Produced by Herr!Media tv-productions GmbH

    SoB Apple Music Curator: https://apple.co/2Mp0fAL
    SoB-Playlist Spotify: http://bit.ly/SoundOfBerlin
    Juan Atkins:

    / juanatkinstheoriginator
    Marc Houle:

    / marchoule.official
    @Monolink :

    / monolink
    @PanPot:

    / panpotofficial
    Dr. Motte:

    / drmotteofficial
    NELA:

    / nelamusic
    @MATHIASKADEN :

    / mathiaskaden
    Freedom B:

    / freedombdj

    Facebook:

    / embassyonerecords
    Twitter:

    / embassy_one
    Official Homepage: http://www.embassyone.de

    Sound of Berlin Documentary

    #SoundOfBerlin #Documentary #BerlinMusic
    #Berlin #Musik #Party #Tourismus #Geschichte

  • German colonial genocide in Namibia the #Hornkranz massacre

    Introduction

    On 12 April 1893, German colonial troops attacked the Nama settlement of ||Nâ‡gâs, known today as Hornkranz. Their intent was to destroy the settlement and its people, after its leader, Hendrik Witbooi, refused to sign so-called ‘protection’ treaties—tools of the German colonial administration for controlling sovereign indigenous nations and their lands. As their presence in what they declared in 1885 as ‘German Southwest Africa’ grew, the German regime was increasingly unwilling to tolerate the independence and agency exercised by Hendrik Witbooi and his clan in the face of the encroaching German empire.

    In their attack on Hornkranz, the Germans wanted to both make an example of the Witbooi clan and to punish them for their defiant rejection of German rule. Curt von Francois, who led the attack, made his objective clear: ‘to exterminate the Witbooi tribe’ (Bundesarchiv, R 1001/1483, p. 46). In this premeditated act of erasure, his troops massacred almost eighty women and children before capturing another hundred, burned what remained of the settlement to the ground, and established a garrison, rendering it impossible for survivors to return.

    Though the genocide of the Nama, Ovaherero and other peoples indigenous to what is now modern-day Namibia is widely recognised to have taken place between 1904 and 1908, the Nama people remember this massacre as the true first act in the genocide against them. This is substantiated not only by the clarity of the German objective to destroy the |Khowesin as a people, but also by the retrospective reading of Hornkranz as a clear precedent of the systemic tactics of dispossession and destruction that would be used by the Germans against the Nama, the Ovaherero, the San, and others in the years to come.

    Outside of the descendant communities, the events at Hornkranz have until now been overlooked and underrepresented, as has the cultural significance of the settlement itself within the dominant historiography, broadly based on the German visual and narrative record. The site of the former Witbooi settlement was expropriated and today constitutes a private farm, access to which is possible only with special permission from its owner. The descendants of Hornkranz are rarely able to visit their own cultural heritage sites and commemorate the struggle of their ancestors.

    The faint extant traces of the Witbooi settlement at Hornkranz can be identified today only with the guidance of the descendants and the historians that learned from them. Two plaques on the site are the only indications of the Nama presence on that land. One plaque was inaugurated by the community in 1997, the only occasion on which they were able to gather to commemorate the massacre at the site where it took place. The other plaque (date unknown) glorifies the German troops, even going so far as to include an offensive slur for the Nama; the massacre is described as a ‘battle’, conveying little of the atrocities perpetrated there.

    The descendants of Hornkranz and the wider Nama community continue to struggle for justice and for opportunities to correct the historical record and tell the story of Hornkranz on their own terms. In support of their efforts to resist this erasure, we worked with descendants, who have inherited knowledge of their community’s history through oral transmission over multiple generations, to reconstruct the lost settlement and produce a new body of visual evidence about the massacre and its aftermath. Led by their testimonies, we used modelling and mapping techniques along with our own field research and a very limited archival record to situate their accounts and rematerialize Hornkranz.

    Our reconstruction of the Witbooi settlement at Hornkranz aims to underscore the vitality of oral tradition in the act of reconstituting the colonial archive and testifies to the oral transmission of inherited knowledge as an ongoing act of resistance in itself.
    Background

    The |Khowesin (Witbooi) people, a semi-nomadic subtribe of the wider Nama peoples, settled around the perennial spring at Hornkranz in 1884-1885, the very period during which the Berlin Conference, formalising the fragmentation of Africa into colonies and protectorates, was taking place. The chief of the Witbooi clan, Hendrik Witbooi, later went on to become one of the most prominent figures of anti-colonial resistance in Southwest Africa, uniting all Nama clans and later forming a coalition with the Ovaherero to fight against the German colonial regime.

    Following the establishment of their settlement in Hornkranz, the Witbooi Nama lived relatively undisturbed until 1892, when first attempts to compel Hendrik Witbooi into signing a protection treaty began. Hendrik Witbooi, aware that the true objective of the so-called ‘protection treaties’ was nothing short of subjugation, was the last leader to refuse to comply:

    What are we being protected against? From what danger or difficulty, or suffering can one chief be protected by another? […] I see no truth or sense, in the suggestion that a chief who has surrendered may keep his autonomy and do as he likes.

    The German attempt to secure control over the peoples inhabiting the colony and their land is manifested in their mapping efforts. The first map we found featuring Hornkranz dates to 1892, the same year that the Germans began demanding the Witbooi sign such treaties. Despite Witbooi’s refusal to sign, Hornkranz is labelled in these German maps as ‘proposed Crown Land’ already six months before the attack—the very act of cartographic representation prefiguring the expulsion and massacre to follow less than a year later.

    After the Germans attacked Hornkranz, the Witboois were finally forced to concede and sign one of the protection treaties they had so long been resisting.

    A decade later, in 1904, the Nama joined the Ovaherero in an anti-colonial struggle against German rule. In response, the Germans issued an extermination order against the Ovaherero and later, another against the Nama. Hendrik Witbooi died in battle on 29 October 1905. Following his death, the Nama tribes surrendered. The extermination order against the Nama was never revoked.
    12 April 1893: The Attack and Aftermath

    The German troops approached the settlement in the early hours of 12 April, planning to attack under the cover of night without any warning. They then split into three contingents—a recounting of this strategy is recorded in the diary of Kurd Schwabe, one of the perpetrators of the attack. Von Francois led the attack from the northern side, entering the village first, while Schwabe approached from the east.

    Hendrik Witbooi, who was allegedly sitting outside of his house when he noticed the approaching troops, ordered all Nama fighters to retreat and take up defensive positions along the riverbed, where he expected the ensuing battle to take place. Instead, the German troops stopped when they reached the sleeping village and proceeded to target the defenceless population that had stayed behind. The brutality of the onslaught came as a shock to Hendrik Witbooi, who had not expected the Germans to unleash such ‘uncivilised’ tactics upon another sovereign nation.

    Sixteen thousand rounds of bullets were reportedly discharged by the Germans in the span of just thirty minutes. According to the testimony of descendants and corroborated by Schwabe’s diary, some victims were burned alive in their homes.

    The canisters recovered from the site during our fieldwork in September 2023 indicate where some exchange of fire may have taken place while the Witbooi fighters were retreating. While the found bullets were identified as those used by the Witbooi Nama, their location and distribution also corroborates written descriptions of the massacre unfolding in the inhabited area of the settlement, with stored ammunition exploding from inside the burning houses.

    The massacre yielded 88 victims: ten men, including one of Hendrik Witbooi’s sons, and 78 women and children.

    The following day, the German troops returned to raze what remained of the settlement to the ground. Promptly after, a garrison was established on the ashes of the Witbooi settlement, reinforcing the Germans’ clear intention to claim the land and prevent the Witboois from ever returning.

    Over the next year, the Witbooi Nama made several attempts to return to Hornkranz, resulting in four more skirmishes on the site. Eventually, they were forced to sign a protection treaty in Naukluft in August 1894, which cemented the dispossession of their land.

    The treaty meant that the Witbooi Nama were now obliged to assist the Schutztruppen in their battles against other tribes, most devastatingly at the Battle of Waterberg in August 1904 (see our Phase 1 investigation of this event). Once the Nama realised the true genocidal intent of the Schutztruppen, they united with the Ovaherero against colonial rule. The extermination order against the Nama was issued on 22 April 1905.

    After the genocidal war ended in 1908, Hornkranz was sold off to a private owner and a police station was established on its premises. Today, the police station building is the main farmhouse.

    Nama descendants are seeking to establish the 1893 massacre as the first act of genocide against the Nama, and 12 April as the official Genocide Remembrance Day in Namibia.

    This investigation—part of a larger collaboration between Forensic Architecture, Forensis, Nama Traditional Leaders Association (NTLA) and Ovaherero Traditional Authority (OTA)—seeks to support the community’s broader efforts to make the site accessible for commemoration and preservation.

    Methodology
    What Remains

    Little material evidence of Hornkranz survives today. This is in part due to the scale and totality of destruction by the Germans; but it is also a testament to the Witbooi’s steadfast resistance to being documented by the colonial regime, as well as to the light footprint the Nama exerted on the land through their semi-nomadic inhabitation and subsistence. The archival record about the Witbooi and Hornkranz is also sparse and skewed. Alongside an incomplete and biased colonial description of the massacre and the settlement, the only visual representation of Hornkranz on record is a soldier’s crude sketch showing its houses set alight by the German troops on the night of the massacre. The memory of Hornkranz as it was at the time of the attack lives on instead through the descendant communities who have inherited the testimonies of their forebearers about its material culture, rituals, life and environmental practices; our reconstruction and understanding of Hornkranz is possible only insofar as we are led by their testimonies.

    Around the rectangular patch where Hendrik Witbooi’s house once stood, Maboss Ortman and Lazarus Kairabeb, NTLA advisors, identified stones they said are the ruins of the house. Right next to it is the only stone foundation in the settlement, that of a church still under construction at the time of the German assault. These two traces anchored us spatially when we began the 3D reconstruction. We were told by Zak Dirkse, a Nama historian, that Hendrik Witbooi’s house was located higher up in the settlement, with the other houses further down toward the river.

    The other remains and known landmarks of the original Hornkranz settlement help us to navigate it and determine its approximate boundaries. During our visit to the site, the farm owner pointed us to a long strip of clustered stones he explained were the remains of the settlement’s defensive walls, some 300 metres north-west of the church ruins. To the south, by the river, the settlement’s former cemetery is marked by the spread of small rectangular cut stones marking each grave. Further along the river, Maboss and Lazarus showed us the remains of two defensive ramparts, guard outposts downhill from the settlement on its outer edges. They recounted that these ramparts were identifiable to the Witbooi from a distance by a white cornerstone that stands out among the brown stones the rest of the rampart is made of. The ramparts are placed along the hill leading down to the river and would have had a wide lookout view. A few steps to the west of one of the ramparts, we found what brought the Witbooi to this area, a rare perennial spring, which acted not only as a fresh water source for the village, but as a lifeline to the fauna and flora on which the Witbooi relied to survive. Since the early 20th century, this spring has been surrounded to its north by a concrete dam. By establishing this constellation of remains and landmarks, we were able to clarify the approximate outer edges of the settlement.

    Reconstruction

    To reconstruct the Hornkranz settlement, departing from the few architectural landmarks at our disposal, we replicated the architecture of each house and the elements of family life around it, estimated the area of inhabitation within the settlement, and constructed possible layouts of house distribution within the settlement. This reconstruction was led by the close guidance of descendants of the Witbooi we met with in Gibeon, the expertise of Nama historian Zak Dirkse, and the feedback of the Witbooi Royal House council, the representative body of the Witbooi Nama. Our model represents the most comprehensive visual reconstruction of the Witbooi settlement to date.

    Architecture of the Settlement

    Houses in Hornkranz consisted mostly of round domed huts, between four and five metres in diameter, and constructed with cladding made out of reed mat or a mix of animal dung and clay. Zak explained that these huts would have been constructed on a light foundation made up of the same dung and clay mixture spread on the ground. A central pole would act as the main structural pillar on which the reed mats would rest. According to members of the Witbooi descendants, alongside these huts there would have been other houses built of stone, like that of Hendrik Witbooi. Descendants also explained that houses typically had two entrances opposite one another and positioned on an east-west axis with the main entrance facing east.

    Working with the community descendants and Zak, we used 3D modelling software to reconstruct what a typical family home would have looked like. We were told that outside the houses, many families would have had a round kraal lined with a light wooden fence where they kept smaller livestock. Close to the main entrance, they would also have had a fireplace and a simple wooden rack to hang and dry meat. The main kraal of the settlement was near the chief’s house, where a separate storage hut also stood.

    The light environmental trace of the Nama, the German colonial army’s obliteration of the settlement, the failure of subsequent administrations to engage in preservation efforts, and the conversion of the land into a private farm all make it difficult to locate definitive traces of the layout and location of homes based on what little remains at the modern-day site. Nevertheless, by closely reading the texture of the ground, we found possible traces of cleared, round areas surrounded by larger rocks, and noted areas of sparse vegetation growth, a potential indicator of the impact of the huts’ clay-dung foundations. We marked five possible sites where Witbooi homes might have stood.

    Zak explained that a defensive wall would have flanked the settlement along its more vulnerable northern and eastern fronts. We studied the contours of the landscape to estimate, based on the presence of limited remains, how the wall might have cut through the landscape. We estimate that the eastern wall may have been constructed along the peak of the hill to the settlement’s east, given its optical reach and defensive position.

    Area of Inhabitation

    To estimate the area of inhabitation and the settlement’s population, we studied the remaining ruins of the settlement, the terrain of the landscape, and the land’s geological features.

    Houses, we were told, would have been built on flatter ground. We used a 12.5 metre resolution digital elevation model (DEM) to build the terrain in our 3D model and further analysed it in geographic information system (GIS) software. From the DEM, we extracted the contour lines of the landscape and conducted a slope analysis, which calculates the percentage of slope change in the settlement. Analysis of the contours and the areas of low slope help to define the curvature of the settlement’s inhabitation.
    Contour Analysis - 1 metre contours of the site of Hornkranz derived from a digital elevation model (DEM). (Forensic Architecture/Forensis)

    We then traced and excluded uninhabitable geological features from the area of potential inhabitation, including bodies of water and large embedded rock formations. Together, the land’s features, its topography, and our estimated location of the defensive wall help establish where people may have lived.

    Layout of Hornkranz

    Building on the traces of potential houses we previously identified within the landscape and the descendant’s description of the settlement, we were able to algorithmically model potential layouts of the settlement. We used the 3D procedural modelling software application Houdini to design an algorithm that would generate possible layouts of the settlement according to a set of rules, including our defined area of potential inhabitation and the approximate space each household would need for its family life (which we approximate to be a radius of 10 metres). The rules fed to the algorithm were that the houses had to be at least 20 metres apart, each house was approximately 5 metres in size, and there were sixty houses in total with a deviation of +/- ten houses.

    According to the Hornkranz descendants, there would have been around four to six people per household. With an average of five people per household, we estimate the population to be around 300 people per household.
    Number of inhabitants

    The exact population size of Hornkranz at the time of the attack is not known. Sources provide estimates ranging from 250 up to nearly one thousand inhabitants.

    In addition to the members of the |Khowesin Nama clan, Hendrik Witbooi also gathered followers from other clans at Hornkranz, including the ǀAixaǀaen (Afrikaner Oorlams), ǁKhauǀgoan (Swartbooi Nama), Khaiǁkhaun (Red Nation Nama) and ǂAonin (Topnaar Nama). Indeed, the various Nama subtribes were elastic social entities.

    We estimated the 1893 population of Hornkranz by referencing the reported number of individuals killed and captured. Hendrik Witbooi wrote in his diary that 88 people were killed by the Germans that day, 78 of them women and children and ten of them men, with one hundred women and children captured by German colonial forces. Other sources indicate a similar number of casualties: 85 women and children, and ten men (Missonary Olpp, cited in Steinmetz 2009). Descendant narratives also mention the successful escape of some women and children during the German assault. Assuming that before the attack, women and children totalled at least 178 (according to Hendrik Witbooi’s figures), and that women and children made up around three out of five family members in an average household, we estimate there could have been around sixty households and three hundred people in Hornkranz on the dawn of the German attack.

    https://forensic-architecture.org/investigation/restituting-evidence-genocide-and-reparations-in-german-colon

    #Allemagne #colonialisme #massacre #génocide #Namibie #architecture_forensique #histoire #histoire_coloniale #témoignage #Nama #Hendrik_Witbooi #Witbooi #Curt_von_Francois #Ovaherero #San

    ping @reka

  • Blixa Bargeld im Interview: „Das Berlin, in dem ich aufgewachsen bin, ist nicht mehr da“
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/musik/blixa-bargeld-einstuerzende-neubauten-im-interview-das-berlin-in-de


    Die Einstürzenden Neubauten rund um ihren Sänger Blixa Bargeld in der Mitte

    31.3.2024 von Daniel Schieferdecker - Die Einstürzenden Neubauten sind eine der einflussreichsten deutschen Bands der Welt. Wie blickt ihr Sänger Blixa Bargeld auf seine Stadt Berlin? Wir haben ihn getroffen.

    Blixa Bargeld humpelt, als er die Büroräume seiner Konzertagentur betritt, wo das Interview stattfinden soll. Er ist etwas mürrisch, weil der Fahrstuhl nicht geht und er den dritten Stock deshalb zu Fuß besteigen musste. Im vergangenen Jahr hatte er sich zum wiederholten Male ein Bein gebrochen, weshalb er zeitweise sogar im Rollstuhl saß. Besagtes Humpeln wird zudem wohl für immer bleiben, doch ansonsten erfreut sich der 65-jährige Frontmann der Einstürzenden Neubauten zum Glück bester Gesundheit. Und bei Tee und Grissini steigt seine Laune minütlich. Es gibt ja auch Grund zur Freude. Immerhin erscheint am 5. April das neue Neubauten-Album „RAMPEN (apm: alien pop music)“.

    Die ersten Worte im Opener Ihres neuen Albums lauten: „Alles schon geschrieben, alles schon gesagt.“

    Wenn die Arbeit an einem neuen Neubauten-Album beginnt, weiß ich immer schon, dass es schwierig werden wird. Ich begebe mich immer mit Haut und Haar da rein. Ich stehe morgens mit den Gedanken daran auf und schlafe nachts damit ein – darunter leidet dann meine ganze Familie. Und gerade beim ersten Stück, da sträubt sich mir noch alles: „Alles schon geschrieben, alles schon gesagt.“

    Ich habe in den Satz Ernüchterung und Angst hineininterpretiert: vor Stillstand, vor der Zukunft, vor dem Ende – was ja irgendwie dem Grundgefühl der heutigen Zeit entspricht.

    Das fließt auf jeden Fall alles ein, ja. Den Satz „Wie lange noch?“ des Stücks hatte ich zur Improvisation in meinen Teleprompter geladen, damit ich auf der Bühne was singen konnte, ohne mich auf göttliche Inspiration verlassen zu müssen. Ich hatte also schon ein paar Knochen verlegt und dann angefangen, weiter auszufleischen und mehr dazuzuschreiben. Bei einigen Stücken war das einfacher, bei anderen sauschwierig.

    Bei welchem Stück war es am schwierigsten?

    Bei „Gesundbrunnen“. Das Stück begann mit der Beschreibung der Unterseite eines hässlichen Teppichs. Daher kommen solche Metaphern wie „geknüpft“, „Knoten“ und „Löcher“. Letztlich geht es darin um biologischen Determinismus und den Ausstieg aus der Evolution. Das ist auch mein Lieblingsstück der neuen Platte.

    Warum?

    Schon auch, weil die Arbeit daran so schwer war. Bei uns ist die Musik immer zuerst da, und ich habe versucht, in der Musik etwas zu finden. Das geht so weit, dass ich sagen würde: Ich denke mit der Musik. Und ich möchte mit meinen Gedanken vorwärtskommen, in irgendeiner Form eine Erkenntnis gewinnen.


    Elegant noisy: Die Einstürzenden Neubauten sind eine der erfolgreichsten Berliner Bands der Welt. Foto homas Rabsch

    Blixa Bargeld: „In der DDR hieß es damals ja: Künstler in die Produktion!“

    Was hat Sie da hingeführt?

    Meine Tochter hat sich geoutet und ist zum Transjungen geworden; also habe ich natürlich angefangen, darüber nachzudenken – bis das Stück zwischendurch ja sogar die Sprache verlässt. Oder wie ich singe: „Die Sprechwerkzeuge wollen mich nicht mehr.“

    Wenn Sie sich künstlerisch mit Themen auseinandersetzen, die Sie privat beschäftigen, finden Sie dann einen neuen Zugang dazu?

    Das kann durchaus passieren. Komponieren bedeutet für mich immer: das Schaffen von Problemen. Und das Werkeln an der Musik ist dann das Erarbeiten einer Lösung. Das ist ein gedanklicher Prozess. Die daraus entstehenden Erkenntnisse und Wahrheiten sind nicht immanent in der Musik vorhanden, sondern entstehen erst durch eine Reflexion oder Durchbrechung – und genau das suche ich da drin.

    Sie sind gebürtiger Berliner und leben, nach längeren Aufenthalten in Peking und San Francisco, seit 2010 wieder hier.

    Ick bin ja alter Schöneberger. Friedenauer, um genauer zu sein. Aber von der Sozialhilfeseite her Friedenau. Nicht Niedstraße, Günter Grass, sondern Grazer Damm. Die Siedlung Grazer Damm ist ja das letzte verbliebene Baudenkmal nationalsozialistischer Familienarchitektur – so heißt das – mit Luftschutzkeller in jedem Haus. Ich hatte später aber lange eine Wohnung in der Hauptstraße in Schöneberg – auch das besetzte Haus, in dem ich mal gelebt habe, stand in Schöneberg. Als wir dann 2010 zurückgekehrt sind nach Berlin, sind wir zunächst ins Scheunenviertel gezogen. Aber das war nicht mehr „mein Berlin“. Das war terra incognita für mich. Denn das Berlin, in dem ich aufgewachsen bin, ist nicht mehr da.

    Nun sind Sie aber schon wieder seit 14 Jahren in der Stadt. Da werden Sie bestimmte Ecken doch auch wieder mit Leben gefüllt haben.

    Ja, sicher – rund um den Hackeschen Markt. Jetzt bin ich aber wieder umgezogen. In eine Gegend, die in Alt-Berlinerisch „Feuerland“ heiß. Kennen Sie das?

    Nein.

    Jenseits der Torstraße, Richtung Wedding, waren damals die ganzen Hochöfen von Firmen wie Siemens, AEG und der Metallwarenfabrik von Schwarzkopf. Deshalb: Feuerland. Bei mir um die Ecke gibt es noch die Feuerland-Apotheke. Und ein Stück weiter ist das Haus Feuerland. Letztens war Katharina Thalbach bei mir zu Besuch. In der DDR hieß es damals ja: Künstler in die Produktion! Und Katharina Thalbach hat ihren Dienst seinerzeit gegenüber von meinem Haus abgeleistet, in den VEB Secura-Werken, die Registrierkassen hergestellt haben.


    Wünscht sich einen eigenen Asteroiden: Blixa Bargeld in der Mitte Foto: Thomas Rabsch

    Blixa Bargeld im Interview: „Ich gebe denen jetzt mal Berlinerisch“

    Auf dem neuen Album gibt es mit „Ick wees nich“ einen explizit Berlinerischen Song. Ist das ein bewusstes Bekenntnis zur Stadt?

    Das entstammt einer Improvisation aus Wien. Die haben dort ja ihren Wiener Schmäh, deshalb habe ich mir gedacht: „Ich gebe denen jetzt mal Berlinerisch.“

    In „Besser isses“ kommt zudem das Wort „Schisslaweng“ vor, das man außerhalb Berlins möglicherweise auch nicht kennt.

    Die Idee dazu hat damit zu tun, dass mich zu Beginn der Pandemie die französische Chansonsängerin Patricia Kaas kontaktiert hat. Ich sollte einerseits ein Duett, andererseits einen Rocker für sie schreiben. Ich habe dann das geschrieben, was man heutzutage einen Break-up-Song nennt, und zwar einen sehr minimalistischen: „Ich ohne dich. Du ohne mich. Besser isses.“ Man darf den Humor bei den Neubauten nicht übersehen.

    Und was hat das mit dem Wort „Schisslaweng“ zu tun?

    Patricia Kaas wollte ein Album auf Deutsch machen, sodass ich angefangen habe, so Hugenotten-Berlinerisch zusammenzusammeln, wo alles aus dem Französischen stammt: Blümerant, das vom französischen bleu mourant hergeleitet ist. Schisslaweng, das vom französischen ainsi cela vint kommt und so weiter. Ich dachte: Das ist bestimmt lustig, wenn Patricia Kaas als Französin diese Dinger singt. Aber sie hat es bis heute nicht aufgenommen, also habe ich dazu bei einem Auftritt in Paris improvisiert. Jetzt ist es eher sowas wie: Blixa breaks up von Gott und dem Universum.


    Cover der neuen Neubauten-Platte „RAMPEN (apm: alien pop music)“ Foto: Potomak

    Blixa Bargeld: „Unser Stück ‚Welcome To Berlin‘ war nicht gut genug“

    Auf dem letzten Neubauten-Album „Alles in allem“ gab es mit „Am Landwehrkanal“, „Grazer Damm“, „Wedding“ und „Tempelhof“ gleich vier Songs, die sich im Titel eindeutig in Berlin verortet haben. Auf dem neuen Album gibt es wiederum den bereits erwähnten Song „Gesundbrunnen“.

    Zum letzten Album gab es sogar ein zentrales Stück, das wir am Ende gar nicht veröffentlicht haben, weil es nicht gut genug war, nämlich „Welcome To Berlin“. Deswegen hat die letzte Platte ein großes Loch in der Mitte.

    Trotzdem hat man das Gefühl, dass sich da so ein track by track durch Berlin abzeichnet.

    Das war mal das Konzept, ja.

    Es gab doch auch mal die Idee, zusammen mit der BVG ein Projekt namens „Der Ring“ umzusetzen, bei der die Einstürzenden Neubauten eine Art Soundtrack schreiben sollten, der das Abfahren des S-Bahn-Rings musikalisch untermalt hätte.

    Sie wissen ja gut Bescheid. Genau, das Stück sollte genauso lang sein, wie es dauert, um einmal den Berliner Ring abzufahren. Wir haben am Ring sogar mal Fotos gemacht. Und die Idee ist immer noch gut, aber leider ist bisher noch nichts draus geworden.

    Haben Sie eigentlich Lieblingsorte in Berlin?

    Es gibt auf jeden Fall ein paar Orte, die mit der Neubauten-Historie zu tun haben. Der Grazer Damm, an dem ich aufgewachsen bin, aber auch die Hansa-Studios, wo wir Mitte der Achtzigerjahre „1/2 Mensch“ aufgenommen haben, oder das Tritonus Studio in der Schlesischen Straße, wo ich damals war, als die Mauer fiel. Oder der Wasserturm hinterm Technischen Museum, auf dem Gelände der S-Bahn. Da haben wir mal das Stück „DNS Wasserturm“ aufgenommen. Das alles sind für mich aufgeladene Orte.

    Gibt es eine Textzeile von Ihnen, bei der Sie der Meinung sind: Das ist die beste, die ich je geschrieben habe?

    Die eine Textzeile gibt es nicht, aber ja, es gibt durchaus Zeilen, die ich toll finde wie „Drum lass dir nicht von denen raten, die ihren Winterspeck der Möglichkeiten längst verbraten haben“ aus „Weil weil weil“ vom „Alles wieder offen“- Album. Neulich hat mir aber ein Journalist gesagt, dass ihm die ersten Zeilen des Stücks „Feurio!“, seit er sie zum ersten Mal gehört hat, nie wieder aus dem Kopf gegangen sind: „Mittels Druck und Körperwärme wird aus unserer Konfusion eine Kernfusion.“ Und die stammt aus „Haus der Lüge“, ist also nun auch immerhin schon 35 Jahre alt.

    Bedeutet es Ihnen etwas, wenn Leute etwas mit Ihnen und Ihrer Musik verbinden?

    Natürlich. Das ist eine Ehrbezeugung. Eine Genugtuung. Ich bin jetzt 65 Jahre alt und komme bald ins Museum. Aber das – das bleibt. Und ganz ehrlich: Wenn man einen Neubauten-Musikgeschmack hat, dann kann das nicht das Schlechteste sein.

    Zumal durchaus auch Menschen außerhalb Deutschlands etwas mit Ihnen verbinden.

    Apropos: Die machen mich in zwei Jahren sogar zum Professor in Zürich. Dit is so’n Lehrstuhl für Poetik. Da waren vorher nur Nobel- und Büchner-Preisträger.

    Wow. Gratulation!

    Ich habe ja gar keinen Preis. Für nüscht. Dabei würde ich mir vor allem wünschen, dass endlich mal ein Asteroid nach mir benannt wird. John, Paul, George und Ringo gibt’s schon, Frank Zappa auch. Asteroid Blixa Bargeld – das wär noch was.

    Einstürzende Neubauten: RAMPEN (apm: alien pop music). Potomak/Indigo 2024

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    Zur Person


    Blixa Bargeld

    … wurde am 12. Januar 1959 in West-Berlin als Hans-Christian Emmerich geboren. Seinen Künstlervornamen Blixa hat er von einem Filzstift namens „Blixa Color 70“; der Künstlernachname ist eine Verbeugung vor dem Dada-Künstler Johannes Theodor Baargeld.

    … und seine Band Einstürzende Neubauten zählen mit Bands wie Kraftwerk und Can zu den international einflussreichsten Musikgruppen Deutschlands. Bekannt ist vor allem der immense Einfluss der Neubauten auf das Frühwerk von Depeche Mode.

    … und seine Band werden am 9. September in der Berliner Columbiahalle auftreten. Am 10. Dezember steht Blixa Bargeld wiederum mit seinem italienischen Musikerfreund Teho Teardo im Festsaal Kreuzberg auf der Bühne.

    #Berlin #Musik #Imdustrial #Geschichte

  • Berliner Gebietsreform 1938
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Verwaltungsgeschichte_Berlins


    Grenzänderungen der Berliner Bezirke zum 1. April 1938

    Aus heutiger Sicht zeigt die Karte einen Bezirk zuviel, dafür fehlen ein bzw. zwei neue im Osten der Stadt.

    Mit Wirkung zum 1. April 1938 wurden zahlreiche Begradigungen der Bezirksgrenzen sowie einige größere Gebietsänderungen vorgenommen. Dabei kamen unter anderem

    – die Siedlung #Eichkamp vom Bezirk Wilmersdorf zum Bezirk #Charlottenburg
    – der westliche Teil von #Ruhleben vom Bezirk Charlottenburg zum Bezirk #Spandau
    - der nördlich des #Berlin-Spandauer_Schifffahrtskanal s gelegene Teil der #Jungfernheide vom Bezirk Charlottenburg zu den Bezirken #Reinickendorf und #Wedding
    - #Martinikenfelde vom Bezirk Charlottenburg zum Bezirk #Tiergarten
    – das Gebiet um den #Wittenbergplatz und den #Nollendorfplatz vom Bezirk Charlottenburg zum Bezirk #Schöneberg
    – das Gebiet südlich der #Kurfürstenstraße vom Bezirk #Tiergarten zum Bezirk Schöneberg
    – ein großer Teil des #Grunewald s vom Bezirk #Wilmersdorf zum Bezirk #Zehlendorf
    – ein Teil von #Dahlem vom Bezirk Zehlendorf zum Bezirk Wilmersdorf
    - der östliche Rand des Bezirks Zehlendorf (in Dahlem nur ein schmaler Streifen, sich in Richtung Süden verbreiternd bis hin zu einem größeren Gebiet im Südosten) zum Bezirk #Steglitz
    - #Späthsfelde vom Bezirk #Neukölln zum Bezirk #Treptow
    – Bohnsdorf vom Bezirk Köpenick zum Bezirk Treptow
    #Oberschöneweide und die #Wuhlheide vom Bezirk #Treptow zum Bezirk #Köpenick
    - die westlich der #Ringbahn gelegenen Gebiete von #Boxhagen-Rummelsburg und #Friedrichsberg vom Bezirk #Lichtenberg zum Bezirk #Friedrichshain, damals #Horst-Wessel-Stadt.
    - #Wilhelmsruh vom Bezirk #Reinickendorf zum Bezirk #Pankow
    - das Gebiet um die #Wollankstraße westlich der Berliner #Nordbahn vom Bezirk Pankow zum Bezirk #Wedding.

    Bereits in den Jahren 1928 und 1937 war es zu Verschiebungen zwischen Schöneberg und Tempelhof gekommen.

    Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs machte die sowjetische Militärverwaltung aus heute unbekannten Gründen #Friedenau zwischen dem 29. April und dem 30. Juni 1945 zum 21. Bezirk mit Willy Pölchen (KPD) als Bezirksbürgermeister; danach wurde Friedenau wieder wie vorher ein Ortsteil von Schöneberg. Entsprechend bestand in der Zeit das #Amtsgericht_Friedenau.

    #Berlin #Geschichte #Verwaltung #Bezirke #Nazis

  • Migranti, nei centri italiani in Albania un rotolo di carta igienica a persona a settimana

    I paradossi del #bando da 34 milioni di euro pubblicato dal Viminale per la gestione delle strutture. Applicata la procedura di estrema urgenza, negoziazione tra tre soli operatori economici, una sola settimana di tempo per la manifestazione d’interesse.

    Un appalto da 34 milioni di euro e un rotolo di carta igienica a settimana per migrante. Basterebbe questo paradosso a bollare come frettoloso e sommario il bando per l’affidamento dei servizi per i centri di accoglienza e trattenimento dei richiedenti asilo che il governo Meloni prevede di aprire in Albania entro il 20 maggio. Una improbabile corsa contro il tempo per un’operazione che ancora manca del requisito di legittimità giuridico fondamentale ma che la premier intende giocarsi in vista della campagna elettorale per le Europee del 9 giugno.

    Misteriose ragioni di estrema urgenza

    E dunque ecco il ricorso a «#ragioni_di_estrema_urgenza» ( che non si sa quali siano visto che gli sbarchi sono nettamente diminuiti) per giustificare la procedura negoziale riservata a tre soli concorrenti che, nel giro di soli sette giorni, dovrà aggiudicare l’affidamento dei servizi di accoglienza e di gestione dei tre centri previsti dove i lavori non sono neanche cominciati: quello nel porto di Shengjin, adibito allo screening sanitario, all’identificazione e alla raccolta delle richieste di asilo, e i due di Gjader, la struttura di accoglienza da 880 posti dove i migranti resteranno (teoricamente) per un mese in attesa di conoscere l’esito della procedura accelerata di frontiera, e il Cpr da 144 posti dove verranno trasferiti quelli destinati al rimpatrio.

    Si risparmia sull’igiene dei migranti

    Il bando è stato pubblicato il 21 marzo, con avviso di manifestazione di interesse che si concluderà nel tempo record di una settimana. Un appalto da 34 milioni di euro a cui si aggiungono i rimborsi ( non quantificabili) di servizi di trasporto, utenze, raccolta dei rifiuti, manutenzione ordinaria e straordinaria, e dell’assistenza sanitaria. Non proprio quattro spiccioli, a fronte dei quali, però, spulciando il bando si trovano vere e proprie “perle”. Sull’igiene personale dei migranti, tanto per cominciare, chi si aggiudicherà l’appalto, potrà risparmiare: un solo rotolo di carta igienica a settimana a testa dove i richiedenti asilo attenderanno ( in detenzione amministrativa) l’esito della richiesta di asilo. Rotoli che, chissà poi perchè, diventeranno sei a settimana per gli sfortunati che, a fronte del diniego, verranno trasferiti nell’ala destinata a Cpr.

    Solo un cambio di abiti a stagione

    Nel kit di primo ingresso nei centri solo un paio di mutande e un paio di calze e, più in generale, un solo cambio di abiti a stagione.E dunque, a differenza dei centri di accoglienza italiani dove i migranti sono liberi e possono procurarsi altri abiti, i richiedenti asilo portati in Albania saranno detenuti e costretti ad indossare sempre gli stessi. Avranno il detersivo per lavarli due volte a settimana, nel frattempo evidentemente staranno in pigiama. Almeno si consoleranno con il cibo che prevede persino la pizza e il dolce due volte a settimana.

    Per raccontare la loro storia alla commissione d’asilo che deciderà il loro destino o per comparire davanti ai giudici di Roma, competenti sui ricorsi, dovranno accontentarsi di un collegamento da remoto, con tutte le limitazioni in tema di diritti che nascono dalle difficoltà di espressione e comprensione.

    Magi: “Un gigantesco spot elettorale”

    «Una bella photo-opportunity elettorale - commenta Riccardo Magi di Più Europa - Giorgia Meloni vuole allestire questi centri in fretta e furia e usarli come un gigantesco spot a pochi giorni dal voto a spese degli italiani».

    https://www.repubblica.it/cronaca/2024/03/23/news/migranti_centri_albania_bando_viminale-422362144

    #Albanie #Italie #asile #migrations #réfugiés #coût #urgence #gestion #appel_d'offre #externalisation

    –-

    ajouté à la métaliste sur l’#accord entre #Italie et #Albanie pour la construction de #centres d’accueil (sic) et identification des migrants/#réfugiés sur le territoire albanais...
    https://seenthis.net/messages/1043873

    • Protocollo Italia-Albania: il Viminale avvia la gara milionaria per la gestione dei centri

      Dal bando pubblicato il 21 marzo dalla prefettura di Roma emergono i primi dettagli dell’accordo contro i migranti: solo per le spese vive e il personale delle strutture, due hotspot e un Centro di permanenza per il rimpatrio, sono assicurati al gestore privato quasi 40 milioni di euro all’anno. I tempi sono strettissimi, le europee incombono

      Il ministero dell’Interno ha pubblicato i bandi di gara per la gestione delle nuove strutture per i migranti in Albania che diventeranno operative, documenti alla mano, entro il 20 maggio 2024. Un primo passo concreto verso la messa in pratica del protocollo annunciato dal Governo Meloni con Tirana lo scorso 6 novembre 2023 -poi ratificato dal Parlamento a fine febbraio 2024- e che prevede di dislocare i naufraghi soccorsi in operazioni di salvataggio in mare sul territorio albanese. Più precisamente in tre strutture con una capienza totale che supera i mille posti disponibili: due hotspot, ovvero i centri di identificazione, che in Italia troviamo nei cosiddetti “punti di crisi”, principali punti di sbarco (Lampedusa, Pozzallo e Taranto tra gli altri), più un Centro di permanenza per il rimpatrio (Cpr) dove trattenere coloro che sono in attesa di essere espulsi nel proprio Paese d’origine. La spesa annuale stimata è pari a quasi 40 milioni di euro, calcolando esclusivamente il costo a persona (pro-capite pro-die), che però esclude diverse spese vive (dal trasporto all’assistenza sanitaria fino alle utenze).

      La gara è stata pubblicata il 21 marzo e individua nella prefettura di Roma la stazione appaltante, la quale ha scelto di attivare una procedura negoziata con cui consulterà un “numero congruo di operatori economici” per aggiudicare i servizi all’ente gestore. Un bando di questo genere può essere giustificato solo in casi di estrema urgenza. E secondo il ministero l’affidamento in oggetto, essendo un presupposto fondamentale per “l’attuazione del Protocollo tra Italia e Albania in conformità ai tempi ed agli adempimenti che risultano necessari per rispettare, alle scadenze previste, gli impegni assunti dal Governo della Repubblica Italiana”, rientra tra quelle procedure basate proprio su “ragioni di estrema urgenza”.

      La prima struttura è sita nella città portuale di Shenjin e sarà a tutti gli effetti un hotspot. “Una struttura dimensionata per l’accoglienza, senza pernottamento, dei migranti condotti in porto e destinati alle procedure di screening sanitario, identificazione e raccolta delle eventuali domande di asilo, all’esito delle quali i migranti saranno trasferiti presso le strutture di Gjader”. Gjader è la seconda località coinvolta dove saranno costruite le altre due strutture: un centro destinato “all’accertamento dei presupposti per il riconoscimento della protezione internazionale” con un’accoglienza massima a regime di 880 migranti, e un altro, sempre nella stessa città albanese che sarà invece un Centro di permanenza per il rimpatrio, che ricalca quelli presenti sul territorio italiano, con una capienza fino a 144 persone. A Gjader saranno disponibili poi 168 posti per alloggi di servizio, di cui 60 riservati al personale dell’ente gestore.

      Come detto, i corrispettivi riconosciuti pro-capite pro-die, secondo la tipologia di centro ed il relativo numero degli ospiti presenti, ammontano “presuntivamente a complessivi 33.950.139 euro annui”. La gara d’appalto ha una durata di due anni, prorogabili fino ad un massimo di altri due. Sono esclusi dai quasi 40 milioni di euro, invece, i costi di trasporto, le utenze idriche, elettriche, del servizio di raccolta rifiuti, la connessione wifi e la manutenzione ordinaria e straordinaria. Così come quelli per la “predisposizione e manutenzione dei presidi antincendio” e quelli “relativi all’assistenza sanitaria”.

      Proprio questo è uno degli aspetti paradossali affrontati dal bando. Per la struttura sita nel porto di Shenjin si prevede “un ambulatorio medico dedicato per assistenza sanitaria, inclusa la stabilizzazione di condizioni cliniche ai fini del trasferimento” con “una sala per visite ambulatoriali, una stanza per osservazioni brevi con tre posti letto e una stanza di isolamento con due posti”.

      Invece nel sito di Gjader verrà di fatto allestito un vero e proprio “mini ospedale”. Vengono previste “tre sale per visite ambulatoriali, due stanze per osservazioni brevi (ognuna dotata di tre posti letto), una medicheria, una sala operatoria e una recovery room, un laboratorio analisi, una stanza per diagnostica per immagini (rx ed ecografia), una per visite psicologiche/psichiatriche all’uopo utilizzabile anche per consulenze in telemedicina e due stanze di isolamento”. Una struttura in cui opererà un elevatissimo numero di personale sanitario. Oltre a medici e infermieri per l’attività standard, viene prevista una équipe operativa 24 ore al giorno formata rispettivamente da: “medico specialista in anestesia-rianimazione, medico specialista in chirurgia generale, medico specialista in ortopedia con competenze chirurgiche, personale medico specialista in psichiatria, un infermiere strumentista, un operatore socio-sanitario (in caso di attivazione della sala operatoria), un tecnico di laboratorio, un tecnico di radiologia, un personale medico specialista in radiologia”.

      L’ente gestore, oltre a fornire kit di primo ingresso, sia igienici sia vestiari e a garantire la fornitura dei pasti e l’informativa legale, dovrà garantire la predisposizione di “appositi locali e strumenti tecnici che assicurino la connessione alla rete e il collegamento audio-visivo nel rispetto della privacy e della libertà di autodeterminazione del beneficiario per l’eventuale audizione da remoto davanti alle Commissioni territoriali, nonché davanti al Tribunale ordinario e ad altri uffici amministrativi”. In altri termini: saranno implementate delle stanze per svolgere le audizioni di chi, una volta richiesto asilo, dovrà affrontare l’iter per vedersi o meno riconosciuto il permesso di soggiorno. Tutto inevitabilmente online. Dovrà esserci anche un locale “al fine di tutelare la riservatezza della persona nei colloqui con il proprio legale” o favorire l’incontro con “eventuali visitatori ammessi”. La prefettura di Roma, dovrà essere messa a conoscenza “di ogni notizia di rilievo inerente la regolare conduzione della convivenza e le condizioni del centro e tenuta di un registro con gli eventuali episodi che hanno causato lesioni a ospiti od operatori”, nonché la consegna della certificazione di idoneità al trattenimento.

      La gara è aperta fino al 28 marzo. La prefettura valuterà le offerte pervenute da imprese o cooperative già attive nel settore con un fatturato complessivo, negli ultimi tre esercizi disponibili, non inferiore a cinque milioni di euro. Non certo piccole realtà dell’accoglienza. L’avvio dell’operatività dei centri è prevista non oltre il 20 maggio 2024. Quindici giorni prima di quella data, il ministero dell’Interno potrà confermare o meno l’effettivo avvio a pieno regime oppure anche con “una ricettività progressiva rispetto a quella massima prevista nelle more del completamento degli eventuali lavori di allestimento”. L’importante è partire: le elezioni europee di inizio giugno incombono.

      https://altreconomia.it/protocollo-italia-albania-il-viminale-avvia-la-gara-milionaria-per-la-g

    • Albania-Italy migrant deal moves ahead as Rome publishes tender for processing centre

      As of 20 May 2024, camps in Albania that will process the asylum applications of individuals rescued by the Italian authorities will be up and running, as a recently published tender document reveals more details about the deal and how the site will function.

      In November 2023, Albanian Prime Minister Edi Rama and Italian Prime Minister Giorgia Meloni signed a deal that would see migrants rescued in Italian territorial waters or by Italian authorities sent to Albania for their asylum applications to be processed. The deal has divided opinion on both sides of the Adriatic from the outset, but both governments remain adamant about it going ahead.

      The tender notifications, published by the Rome prefect’s department, invite bidders to submit their offers before 28 March with the deadline of 20 May as the start of operations.

      According to the tender details, worth €34 million, the site will consist of three structures able to accommodate a total of around 3000 people.

      One structure will be built at the port of Shengjin, where landing and identification procedures will be carried out.

      The other two sites will be located in Gjader. One will be dedicated to ascertaining the prerequisites for the recognition of international protection, while the other will serve as a repatriation detention centre.

      According to the Italian government, the site will process individuals rescued by the Italian authorities involved in maritime rescue, such as the coast guard, financial police, or navy, and explicitly exclude those rescued by NGOs. It will also not include disabled people, women, children, or other vulnerable individuals.

      The tender states that the facility in Shengjin will have a medical clinic, including a room for outpatient visits, an isolation room, and a three-bed ward. In Gjader, there will be three outpatient rooms, two wards, an operating theatre, a laboratory, an x-ray and ultrasound room, and a space for psychological and psychiatric visits.

      Medical specialists on site will include a doctor specialising in anaesthesia and resuscitation, a doctor specialising in general surgery, a doctor specialising in orthopaedics with surgical skills, medical staff specialising in psychiatry, an instrumental nurse, a social doctor, a health worker, a laboratory technician, a radiology technician, and a health worker specialising in radiology.

      Upon arrival, welcome kits will also be presented to each individual, including an undershirt, T-shirt, pair of pyjamas, three pairs of shorts, and three pairs of socks. They will also be given one roll of toilet paper a week, one toothbrush and 100ml tube of toothpaste per week, and one bottle of shampoo and liquid soap per week.

      The Italian Interior Ministry will conduct spot checks on the site to ensure compliance with the tender.

      During their stay in Albania, estimated at around three months for each person, individuals will not be able to leave the centre, which is to be guarded by Italian and Albanian authorities. If they do, the Albanian police will return them. Once their application has been processed, whatever the outcome, they will be removed from Albania’s territory.

      While on-site, individuals can access legal assistance from representatives of international organisations, including the EU, which aims to provide legal aid to all asylum seekers as required by Italian, Albanian and EU law.

      The agreement caused controversy in Italy and Albania, with the Constitutional Court in Tirana narrowly ruling that it did not violate the laws of the land earlier this year. Meanwhile, despite claims from international law experts that it is not compliant with EU law, European Commissioner for Home Affairs Ylva Johansson said it did not break the law as it is “outside of it”.

      Work has not yet begun at the sites in Shengjin and Gjader, leading to questions about whether they can be operational by spring.

      Shengjin was also home to hundreds of Afghan refugees that Albania took in after the US withdrawal from Afghanistan led to the takeover of the Taliban. While the US promised to take responsibility for them, asking Albania to keep them while it processed their visas, a number still remain with no news or idea if they will ever leave.

      As for the migrant deal, several other EU countries have hinted they may look at similar deals to deal with their immigration issues, a move likely to score votes from the conservative parts of society, ahead of EU elections.

      https://www.euractiv.com/section/politics/news/albania-italy-migrant-deal-moves-ahead-as-rome-publishes-tender-for-proces

    • #Medihospes, #Consorzio_Hera, #Officine_sociali: chi gestirà i centri per migranti in Albania

      La prefettura di Roma ha reso noti i tre partecipanti selezionati tra le trenta proposte pervenute per gestire i due hotspot e il Cpr previsti dall’accordo tra Roma e Tirana. Entro il 20 maggio la gara verrà aggiudicata per un importo che supera i 150 milioni di euro. Ma i lavori di adeguamento alle strutture non sono ancora completati

      Medihospes, Consorzio Hera e Officine sociali. Sono le tre cooperative in corsa per la gestione dei centri italiani in Albania selezionate per le “esperienze contrattuali pregresse afferenti a questi servizi” tra le trenta che hanno manifestato alla prefettura di Roma la propria volontà di partecipare alla gara. Un appalto da oltre 151 milioni di euro (per quattro anni) che verrà aggiudicato, nelle prossime settimane, all’operatore economico che ha presentato l’offerta economicamente più vantaggiosa.

      Alle tre cooperative in corsa una certa “esperienza” non manca. Officine sociali, con sede legale a Siracusa, gestisce attualmente il Centro di permanenza per il rimpatrio (Cpr) di Palazzo San Gervasio a Potenza e l’hotspot di Taranto in Puglia. Attualmente è in gara anche per l’aggiudicazione della gestione del Cpr di Gradisca d’Isonzo, dove sta correndo al fianco di Martinina Srl, finita sotto indagine della Procura di Milano per le condizioni disumane in cui versavano i trattenuti al Cpr di via Corelli di Milano. Il legame tra le due società, come già raccontato su Altreconomia, perdura da tempo: insieme hanno partecipato anche alla gara pubblica per la gestione del Cpr di Torino.


      Consorzio Hera, invece, con sede legale a Castelvetrano, in provincia di Trapani, gestisce attualmente il Cara e il Cpr di Brindisi e quello di Trapani, in cordata con la cooperativa Vivere Con. Inoltre la cooperativa ha “vinto” anche l’hotspot di Pozzallo e Ragusa di cui è l’attuale ente gestore.

      Poi c’è Medihospes, è un colosso da 126 milioni di euro di fatturato nel 2022 che si occupa di assistenza ad anziani, alle persone con disabilità, servizi alberghieri e accoglienza ai migranti. Gestisce attualmente l’ex caserma Cavarzerani di Udine -di cui abbiamo già raccontato in precedenza- ma è attiva in diverse province italiane nell’accoglienza dei richiedenti asilo. Basti pensare che nel 2022 ha incassato, in totale, oltre 34 milioni di euro in tutta Italia per la gestione dei centri.

      Briciole rispetto agli oltre 151 milioni di euro preventivati dalla prefettura di Roma per la “gara” relativa alla gestione delle strutture previste dal protocollo Italia-Albania: un centro nella città portuale albanese Shengjin (hotspot) e due strutture (un altro hotspot e un Cpr) a Gjader (ne abbiamo parlato in questo approfondimento).

      La fornitura di servizi è preventivata con una base d’asta di 130 milioni di euro, con l’aggiunta di quasi sei milioni per il pocket-money e la tessera telefonica. La durata è di 24 mesi, prorogabili per altri 24 a partire dal 20 maggio 2024. Data entro la quale la prefettura di Roma dovrebbe aggiudicare la gara alla cooperativa che avrà presentato l’offerta economicamente più vantaggiosa. Nei nuovi documenti di gara si sottolinea che i lavori di adeguamento delle strutture non sono ancora stati conclusi. Una corsa contro il tempo. Obiettivo: non certo la tutela dei diritti delle persone ma le elezioni europee.

      https://altreconomia.it/medihospes-consorzio-hera-officine-sociali-chi-gestira-i-centri-per-mig
      #externalisation #Italie #accord #Albanie #migrations #réfugiés #coopérative #sous-traitance #Engel #Engel_Italia #business #Shengjin #Gjader

  • „Modekönigin von Berlin“: Wie Regina Friedländer die Modeindustrie aufwühlte
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/regina-friedlaender-wie-eine-berlinerin-die-modeindustrie-aufwuehlt


    Zwei Hutmodelle von Regina Friedländer in der Berliner Modezeitschrift Styl, 1922

    A propos de la plus célèbre créatrice de mode féminine dans le Berlin de l’empire allemand et la république de Weimar

    13.03.2024 von Bettina Müller - Vor 120 Jahren gründete Regina Friedländer ihre Modefirma in Berlin. Damit trotzte sie alten Rollenbildern. Das ist ihre Geschichte.

    Extravagante Entwürfe und zeitlose Eleganz. Die fantastischen Hut-Kreationen der Regina Friedländer, im Berlin der 1920er-Jahre von Becker & Maass fotografiert, kann man heute bequem in einer Online-Ausstellung der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen Berlin besichtigen. Es ist eine visuelle Reise in die frühe Weimarer Zeit, als noch Aufbruchstimmung in der Stadt herrschte, sodass auch die Hüte manchmal so aussahen, als hätten sie Flügel, und somit der Trägerin auch eine gewisse Leichtigkeit verliehen.

    Kaum eine Lifestyle-Zeitschrift, in denen die Kopfbedeckungen, aber auch die Pelze und Roben aus dem Hause Regina Friedländer damals nicht zu finden waren. Sie hüllte die legendäre Anita Berber und andere Schauspielerinnen in elegante Gewänder, Aristokratinnen und Ehefrauen von Diplomaten gingen in ihrem Modesalon ein und aus. Jahrelang war ihr Name ein absoluter Garant für höchste Qualität, doch heute kennt so gut wie niemand mehr ihren Namen.

    Wer war Regina Friedländer, die die Berliner Presse damals zur „Modekönigin von Berlin“ krönte? Wer war die Frau, die damals die wohlhabenden Berlinerinnen mit ihren ausgefallenen Kunstwerken des Hutmacher- und Schneiderhandwerks beglückte? Die zudem als berufstätige Frau eine unkonventionelle Ehe mit dem zehn Jahre jüngeren Schriftsteller und Lyriker Leo Heller führte, aber auch – mit zwei Kindern aus erster Ehe – Familie und Beruf vereinbaren konnte?

    Es ist bis heute unklar, wo die 1866 als Tochter des (jüdischen) Kaufmanns David Oppler geborene Regina ihren Beruf erlernt hat. Im Sommer 1894 annonciert sie im Berliner Tageblatt und bietet „jungen Damen“ einen „Lehrkurs für feinen Damenputz“ an. Noch im selben Jahr heiratet sie den Kaufmann Hugo Friedländer. Als Putzmacherin ist sie in einem Teilbereich eines aufstrebenden Wirtschaftszweiges tätig, der sich mit der Herstellung von aller Art von Hüten und Kopfbedeckungen von Frauen und Mädchen befasst.

    Friedländer bleibt berufstätig

    Und so denkt sie nach ihrer Hochzeit, während sie ihr Korsett lockert, gar nicht daran, ihren Beruf aufzugeben und an Heim und Herd verbannt zu werden, im Gegenteil. Die Geburt ihrer Kinder Rosalie (1896) und Emanuel Werner (1900) können ihre Kreativität nicht im Keim ersticken. Wie sie die darauf folgenden Jahre die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gemeistert hat, bleibt ihr Geheimnis, die Quellen sind rar, Eigen-Aussagen fehlen.

    Am 15. April 1904 wird sie Unternehmerin und lässt ihre Firma „Regina Friedländer“ in das Firmenregister eintragen. Das ist kurios, sie darf eine Firma gründen, aber an die Wahlurne lässt man sie noch nicht.


    Frau mit Hut von Regina Friedländer; Kunstbibliothek/Staatliche Museen zu Berlin

    In diesem Jahr ist Berlin längst das Epizentrum der deutschen Modeindustrie und der Konfektion, und beherrscht teilweise sogar den Weltmarkt. Vor allem rund um den Hausvogteiplatz haben sich große Häuser angesiedelt, die für allerhöchste Qualität bürgen, zumeist haben sie jüdische Namen wie Israel, Gerson oder Manheimer. Sie versprechen ein „Paradies der Frauen“, so der Werbeslogan von Nathan Israel.

    Zwei Jahre nach der Firmengründung wird die Ehe zwischen Regina und Hugo Friedländer durch das Königliche Landgericht aufgelöst. Der Hauptgrund für die Trennung ist ein österreichischer Poet und Schriftsteller namens Leo Heller, der seit 1901 in der Stadt ist. Er war dem Ruf Ernst von Wolzogens gefolgt, der ihn als Textdichter für sein literarisches Kabarett „Überbrettl“ nach Berlin verpflichtet hatte.

    Mode und Poesie

    Es ist ein ungleiches Paar, das in der Berliner Gesellschaft auffällt, die große und stattliche Regina und der zarte Poet Leo, der seiner Regina überaus schwärmerische Gedichte schreibt, so auch 1907 in seinem Gedichtband „Präludien der Liebe“: „Ich weiß nur eines: daß mein Sein/So nah verbunden mit dem deinen,/Daß meine Seele ewig dein/Und deine Seele in der meinen“.

    In den nächsten Jahren kann sich Regina durch Fleiß und Talent einen Namen in der Berliner Modewelt machen. Bei ihrer Arbeit hat sie einen hohen künstlerischen Anspruch, betrachtet ihre Mode, ihren Beruf, so wie ihr Ehemann, auch als Kunst, und daher ist es auch kein Zufall, dass sie im Frühjahr 1910 mit ihrem Geschäft namens „Modes“ in die Potsdamer Straße umzieht. Eine Straße wie ein Magnet, bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts zieht sie verstärkt Künstler und Intellektuelle in ihren Bann.

    Mehrere Adressenwechsel und Einstellungsannoncen in einschlägigen Tageszeitungen, in denen sie immer wieder Laufmädchen, Buchhalterinnen, Zuarbeiterinnen und Verkäuferinnen sucht, zeugen von der stetigen Expansion ihrer Firma. 1918 gilt ihr Haus für eine Moderedakteurin bereits als „eines der führenden Berliner Modellhäuser“.

    Regina Friedländer hat mittlerweile einen Salon in der Königgrätzer Straße (heute Ebertstraße) eröffnet, den der Künstler Ludwig Kainer konzipiert hat. Und der ist für ihre Kundinnen ein Traum, der sogar in einer Kunstzeitung abgebildet wird: Man sieht Licht durchflutete Räumen, Fresko-Malereien an Wänden und Decken, eine geschmackvoll-harmonische Einrichtung. Alles strahlt eine ungeheure Leichtigkeit aus, sorgt für eine ganz besondere Atmosphäre für ihre Kundinnen, die nicht nur einen simplen Hut kaufen wollen, sondern ein Gesamt-Kunstwerk. Das „Paradies der Frauen“ ist dort für sie Wirklichkeit geworden, doch nur, wenn die Damen das nötige Kleingeld dafür haben.

    Während Regina also die Reichen und Schönen der Stadt einkleidet und behütet, treibt sich ihr Ehemann derweil in ganz anderen Kreisen herum. Er hat sich in der Zwischenzeit unter anderem vom Poeten zum Kriminalberichterstatter entwickelt, pflegt beste Beziehungen zum Berliner Polizeipräsidium, ist mit mehreren Kriminalkommissaren befreundet. Mit Kriminalkommissar Ernst Engelbrecht verfasst er mehrere Bücher über die Berliner Unterwelt. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht, was der Berliner Presse nicht verborgen blieb.

    Da konnte sich ein Verriss der Texte Hellers schon mal auf seine prominente Ehefrau beziehen, ohne dabei ihren Namen zu nennen: „Er kann seine Verwandtschaft zur Konfektion nicht bemänteln“.


    Frau in Kleid mit Hut von Regina FriedländerKunstbibliothek/Staatliche Museen zu Berlin

    Die 1920er-Jahre werden für das Ehepaar Heller die erfolgreichsten ihres Lebens. Leo Heller wird nicht nur zum „Kenner“ der Berliner Unterwelt, sondern auch zum Milieu-Chanson-Texter. Regina verfolgt weiterhin konsequent die Verbindung von Mode und Kunst. Vor allem 1921 wird dieser Anspruch auch durch eine neuartige Modeausstellung im Kunstgewerbemuseum von Berlin manifestiert. Und das ist kein „Mode-Tee“, wie sie zu dieser Zeit modern sind, es laufen auch keine Mannequins über den Laufsteg, sondern es werden komplett ausgestattete Salons von diversen Modefirmen ausgestellt, ebenso die schönsten Modelle der besten Hutateliers.

    Regina Friedländer zeigt einen grauen Krepphut mit Früchten und einen Florentiner Basthut mit Blumengewinde. Die Ausstellung ist ein wahres Feuerwerk an Farben und Formen, kongenial an die Räumlichkeiten angepasst, in denen Mode tatsächlich zur Poesie wird, und umgekehrt.

    Auch bei Modellhut-Ausstellungen in anderen Städten wie zum Beispiel Hamburg werden Reginas originelle Entwürfe gezeigt. Lifestyle-Zeitschriften wie Styl (Blätter für Mode und die angenehmen Dinge des Lebens), die vom Verband der deutschen Modeindustrie herausgegeben wird, zeigen Fotos ihrer Modelle. Arbeitsreiche Jahre in einer turbulenten und flirrenden Zeit, inmitten von Crepe Georgette, Plauener Spitze, Samt, Velours und anderer Geschmeide. Bei Modeschauen, Galas, Modetees und Messen wie die Berliner Durchreise oder die Berliner Woche.

    Abschwung und Krise

    In der Mitte der 1920er-Jahre hat Regina ihren Status als Modekönigin endgültig gefestigt, bietet in ihrem exklusiven Salon in der Budapester Straße Hüte, Kleider und Pelze an. 1928 wird Deutschland von einem wirtschaftlichen Abschwung erfasst, der das darauf folgende Jahr in der Weltwirtschaftskrise und auch im Niedergang der Berliner Modeindustrie enden wird.

    Und so meldet der Deutsche Reichsanzeiger am 7. Juni 1928, dass über das Vermögen der Regina Heller geb. Oppler, Inhaberin der Firma Regina Friedländer, das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Doch sie will nicht kampflos aufgeben, und schafft auch das zunächst. Am Ende des Jahres wird die „GmbH für die Herstellung und den Vertrieb von Damenmoden und Damenputz Regina Friedländer“ gegründet, mit Regina und einem Kaufmann namens Fritz Dix, der das Stammkapital von 25.000 Reichsmark mit einbringt, als gemeinsame Geschäftsführer.

    Am 29. November 1928 wird das Konkursverfahren aufgehoben, doch dann tobt zehn Monate später im Land die Weltwirtschaftskrise. Die Zeit für Luxus ist nun endgültig vorbei. Und auch Regina schwächelt, und während das ganze Land schon bald am Boden liegt, reicht auch die Kraft der mittlerweile Anfang 60-Jährigen nicht mehr aus. Die „Modekönigin von Berlin“ erliegt am 7. März 1932 einem unbekannten Leiden. „Des Todes Dunkel Weicht des Lebens Helle. Und auch der größte Schmerz ebbt ab“, dichtet Leo Heller und verlässt Berlin für immer in Richtung Teplitz und anschließend Prag, wo er neun Jahre später verstirbt.

    Rosalie Friedländer verheiratete Voß wird 1943 im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Der Facharzt Dr. Emanuel Werner Friedländer, der in erster Ehe mit Lotte Ury, einer Cousine des Malers Lesser Ury verheiratet war, stirbt 1948 in Montevideo/Uruguay. Die Blütezeit der jüdischen Modesalons und Konfektionshäuser von Berlin war da schon lange vorbei, so wie luftig-leichte Verbindung von Mode und Poesie in Berlin.

    Kunstbibliothek am Kulturforum:
    #Matthäikirchplatz 6
    10785 Berlin

    Kunstbibliothek im Archäologischen Zentrum:
    #Geschwister-Scholl-Straße 6
    10117 Berlin

    Kunstbibliothek im Museum für Fotografie:
    #Jebensstraße 2
    10623 Berlin

    #Berlin #Mitte #Tiergarten #Hausvogteiplatz #Potsdamer_Straße #Königgrätzer_Straße #Budapester_Straße

    #Mode #culture #histoire #économie #vie_juive

  • Comment l’UE a fermé les yeux sur le refoulement illégal de migrants par la #Bulgarie avant son adhésion à Schengen

    Des documents internes de Frontex révèlent des violations répétées. Malgré des alertes répétées, la Commission européenne salue les « résultats excellents » de la Bulgarie, qui s’apprête à rejoindre l’espace Schengen.

    Au printemps 2022, Ali, un Syrien de 16 ans, entre dans un centre d’accueil à Sofia (Bulgarie) pour demander une protection au titre de l’asile et un regroupement familial avec sa mère et ses cinq autres frères et sœurs, restés en Syrie et au Liban.

    Mais les choses ne se passent pas comme prévu. Au lieu de voir sa demande traitée, il est emmené dans un endroit qui, dit-il, « ressemble à une prison ». Pendant la nuit, comme une cinquantaine d’autres personnes, il est embarqué dans une voiture de la police des frontières et reconduit jusqu’à la frontière turque, à 300 kilomètres de là, sans recevoir la moindre information sur ses droits à l’asile.

    « Ils nous ont fait marcher jusqu’à une #clôture équipée de caméras. Après avoir franchi la clôture, il y avait comme un canal. En même temps, ils frappaient les gens, se remémore le garçon. Ils ont tout pris et m’ont frappé dans le dos, sur la tête. Après cela, ils m’ont jeté dans le canal. » Le groupe est invité à retourner en #Turquie et ne jamais revenir.

    Les refoulements, une « pratique courante »

    Les témoignages de refoulements (ou pushbacks, en anglais) comme celui d’Ali sont généralement réfutés par le gouvernement bulgare. Mais de nombreux abus ont été documentés par l’organe de surveillance des droits humains de Frontex au cours des dix-huit derniers mois, selon une série de documents internes de l’agence européenne de garde-frontières et de garde-côtes consultés par le réseau Balkan Investigative Reporting Network (BIRN) et publiés par Le Monde. Ces documents, obtenus grâce aux lois de transparence européennes, décrivent avec force détails des #brutalités commises par des agents bulgares participant aux opérations de Frontex : coups de bâton, #déshabillage de force, #vols d’effets personnels, #agressions verbales et #blessures graves infligées par des chiens, etc.

    Les documents montrent également que les preuves étayant ces pratiques illégales ont été dissimulées non seulement par les autorités bulgares, mais aussi par les hauts fonctionnaires de Frontex et de la Commission européenne. Dans le même temps, l’exécutif européen saluait les « excellents » progrès réalisés par la Bulgarie en matière de #gestion_des_frontières, facilitant l’adhésion du pays à l’espace Schengen – les contrôles aux frontières aériennes et maritimes seront levés le 31 mars, tandis que les contrôles terrestres restent en place pour l’instant.

    Les organisations non gouvernementales (ONG) de défense des droits humains locales et internationales alertent depuis de nombreuses années sur les refoulements violents en Bulgarie. Selon des données compilées par le Comité Helsinki de Bulgarie, 5 268 refoulements, touchant 87 647 personnes, auraient eu lieu au cours de la seule année 2022.

    Plusieurs experts affirment que la plupart des 325 000 entrées de migrants que le gouvernement bulgare revendique avoir « empêchées » depuis 2022 sont en fait des refoulements illégaux. « Ces personnes ont été interceptées à l’intérieur du pays. Nous ne parlons donc pas d’entrées empêchées, mais de retours », explique Iliyana Savova, directrice du programme pour les réfugiés et les migrants du Comité Helsinki de Bulgarie. « C’est un secret de Polichinelle que les gens sont repoussés. De tels ordres existent », admet, sous le couvert de l’anonymat, un haut fonctionnaire du gouvernement bulgare.

    Les preuves s’accumulent tellement que le Bureau des droits fondamentaux de Frontex (FRO) considère « établi » que les refoulements, « impliquant souvent des niveaux élevés de #violence et d’autres #traitements_inhumains_ou_dégradants », sont « une pratique régulière de la police des frontières bulgare », selon un bilan des « rapports d’incidents graves » couvrant la période 2022-2023 obtenu dans le cadre de cette enquête.

    Un lanceur d’alerte en mission discrète

    Pour l’Union européenne (UE), la situation est d’autant plus problématique que son agence des frontières collabore directement sur le terrain avec les forces de sécurité bulgares. Depuis 2022, dans le cadre de l’opération conjointe #Terra, Frontex a déployé des équipes de #gardes-frontières, des véhicules de patrouille et des #caméras_de_thermovision pour aider les autorités bulgares dans leurs activités de #surveillance aux frontières turque et serbe.

    En août 2022, un #rapport inquiétant atterrit sur le bureau de Jonas Grimheden, le chef du FRO. Il émane d’un agent de Frontex qui a mené une enquête de sa propre initiative lors d’un déploiement de six mois à la frontière avec la Turquie. Il révèle que les agents de Frontex sont tenus intentionnellement à l’écart des zones où les migrants sont généralement appréhendés et repoussés. « Lorsque des situations se produisent, le collègue local reçoit les indications pour déplacer l’équipe Frontex, en évitant certaines zones, note le lanceur d’alerte. Ils ont pour instruction d’empêcher Frontex de voir quoi que ce soit, pour éviter qu’ils rédigent un rapport officiel. »

    Pour l’eurodéputée écologiste Tineke Strik, cheffe de file d’un groupe d’eurodéputés chargé de surveiller Frontex, ces conclusions soulèvent de sérieux doutes quant à la capacité de l’agence à garantir le respect des droits humains dans le cadre de ses activités : « Il est étonnant qu’une agence de l’UE soit toujours incapable de faire respecter le droit européen après tant d’enquêtes institutionnelles, de rapports, de recommandations et d’avertissements. »

    Dans les mois qui suivent le rapport du lanceur d’alerte, Jonas Grimheden fait part de ses préoccupations croissantes concernant la conduite des agents frontaliers bulgares aux échelons supérieurs de Frontex, dont le siège se trouve à Varsovie.

    L’agence s’attache alors à restaurer sa réputation, ternie par la révélation de sa complicité dans les refoulements illégaux de migrants en Grèce. En avril 2022, son directeur, Fabrice Leggeri – qui vient de rallier le Rassemblement national en vue des élections européennes –, a été contraint de démissionner après avoir été reconnu coupable par l’Office européen de lutte antifraude d’avoir dissimulé des refoulements de bateaux de migrants en mer Egée.

    Aija Kalnaja, qui lui a succédé à la direction de Frontex pour un court intérim, semble prendre les avertissements du FRO au sérieux. En février 2023, elle exprime de « vives inquiétudes » dans une lettre adressée à Rositsa Dimitrova, alors cheffe de la direction des frontières bulgare, recommandant aux autorités du pays d’accorder au corps permanent de l’agence l’accès aux « contrôles de première ligne et aux activités de surveillance des frontières ».

    Dans sa réponse, #Rositsa_Dimitrova assure que « le respect des droits fondamentaux des ressortissants de pays tiers est une priorité absolue ». Disposée à organiser des séances d’information et des formations à l’intention de ses gardes-frontières, la responsable bulgare explique que chaque violation présumée des droits est examinée par une commission constituée par ses soins. Insuffisant, pour le FRO, qui préférerait un contrôle rigoureux par un « organisme indépendant opérant en dehors de la structure institutionnelle du ministère de l’intérieur bulgare ». Cinq agents ont été sanctionnés pour avoir violé leur code de conduite éthique au cours des dix premiers mois de 2023, précise aujourd’hui le ministère de l’intérieur bulgare.

    Une lettre jamais envoyée

    Au début de 2023, le Néerlandais Hans Leijtens est nommé à la tête de Frontex. On peut alors s’attendre à ce que ce nouveau directeur, engagé publiquement en faveur de la « responsabilité, du respect des droits fondamentaux et de la transparence », adopte une position ferme à l’égard des autorités bulgares. « Ce sont des pratiques du passé », déclare-t-il après sa nomination, en référence aux antécédents de Frontex en matière d’aide aux refoulements en Grèce.

    Soucieux de saisir l’occasion, Jonas Grimheden, à la tête du FRO, lui écrit deux jours après sa prise de fonctions, en mars 2023. Le courriel contient un projet de lettre « que vous pouvez envisager d’envoyer, en tout ou en partie », à Rositsa Dimitrova. La lettre rappelle les « allégations persistantes de retours irréguliers (appelés “refoulements”), accompagnées de graves allégations de #mauvais_traitements et d’#usage_excessif_de_la_force par la police nationale des frontières à l’encontre des migrants » et demande des enquêtes indépendantes sur les violations des droits. Ce brouillon de lettre n’a jamais quitté la boîte de réception d’Hans Leijtens.

    Quelques semaines plus tard, en mars 2023, le #FRO envoie un rapport officiel au conseil d’administration de Frontex, évoquant le « risque que l’agence soit indirectement impliquée dans des violations des droits fondamentaux sans avoir la possibilité de recueillir toutes les informations pertinentes et d’empêcher ces violations de se produire ».

    M. Leijtens a-t-il fait part aux autorités bulgares des conclusions du FRO ? Sollicité, le service de presse de Frontex explique que « les discussions directes ont été jugées plus efficaces », sans pouvoir divulguer « les détails spécifiques des discussions ».

    Une contrepartie pour Schengen ?

    Alors que ce bras de fer se joue en coulisses, sur la scène politique, la Bulgarie est érigée en élève modèle pour le programme de contrôle des migrations de la Commission européenne, et récompensée pour le durcissement de ses #contrôles_frontaliers, en contrepartie de l’avancement de sa candidature à l’entrée dans l’espace Schengen.

    En mars 2023, la présidente de la Commission européenne, Ursula von der Leyen, annonce un #projet_pilote visant à « prévenir les arrivées irrégulières » et à « renforcer la gestion des frontières et des migrations », notamment par le biais de « #procédures_d’asile_accélérées » et d’#expulsions_rapides des migrants indésirables. La Commission sélectionne deux pays « volontaires » : la #Roumanie et la Bulgarie.

    Pour mettre en œuvre le projet, la Commission accorde à la Bulgarie 69,5 millions d’euros de #fonds_européens, principalement destinés à la surveillance de sa frontière avec la Turquie. « Toutes les activités menées dans le cadre de ce projet pilote doivent l’être dans le plein respect de la législation de l’UE et des droits fondamentaux, en particulier du principe de non-refoulement », précise d’emblée la Commission.

    Pourtant, à ce moment-là, l’exécutif bruxellois est parfaitement conscient de la situation désastreuse des droits humains sur le terrain. Deux mois avant le lancement du projet, en janvier 2023, deux hauts fonctionnaires de la direction des affaires intérieures (DG Home) ont rencontré à Stockholm la patronne des gardes-frontières bulgares « pour discuter des préoccupations du FRO concernant les allégations de #violations_des_droits_fondamentaux », révèle un compte rendu de la réunion.

    Au fil de l’avancement du projet pilote, les signaux d’alerte se multiplient. En septembre 2023, Jonas Grimheden alerte une nouvelle fois le conseil d’administration de Frontex sur des « allégations répétées de (…) refoulements et d’usage excessif de la force » par les agents bulgares. Si son rapport salue la participation des agents de Frontex aux « activités de patrouille terrestre de première ligne », il rappelle que ces derniers « continuent d’être impliqués dans un nombre limité d’interceptions » de migrants.

    Au cours du projet, deux documents sur les « droits fondamentaux » aux frontières extérieures de la Bulgarie ont circulé au sein de la DG Home. La Commission européenne a refusé de les communiquer au BIRN, arguant que leur divulgation mettrait en péril la « confiance mutuelle » avec le gouvernement bulgare.

    « Les résultats sont excellents »

    La participation de la Bulgarie au projet pilote de la Commission semble avoir joué un rôle crucial pour faire avancer son projet de rejoindre Schengen – un objectif prioritaire depuis plus d’une décennie. Il coïncide en tout cas avec un changement de ton très net du côté de Bruxelles et Varsovie, qui ont dès lors largement balayé les inquiétudes concernant les mauvais traitements infligés à grande échelle aux migrants.

    « Les résultats sont excellents », annonce Ylva Johansson lors d’une conférence de presse en octobre 2023. La commissaire européenne aux affaires intérieures, chargée des migrations, salue les efforts déployés par la Bulgarie pour empêcher les migrants « irréguliers » d’entrer sur le territoire de l’UE, appelant à prendre la « décision absolument nécessaire » d’admettre la Bulgarie dans l’espace Schengen. Cette décision est alors bloquée depuis des mois par les Pays-Bas et l’Autriche, qui exigent des contrôles plus stricts à la frontière terrestre avec la Turquie. Quelques semaines auparavant, Ursula von der Leyen avait salué la Bulgarie, qui « montre la voie à suivre en mettant en avant les meilleures pratiques en matière d’asile et de retour ». « Faisons-les enfin entrer, sans plus attendre », avait réclamé la présidente de la Commission.

    Selon Diana Radoslavova, directrice du Centre pour le soutien juridique, une ONG sise à Sofia, la fermeture effective de la frontière avec la Turquie est indispensable à l’entrée de la Bulgarie dans l’espace Schengen. « [Les autorités] sont prêtes à tout pour respecter cette injonction, y compris au prix de violations extrêmes des droits de l’homme », estime l’avocate. « Tant que la Bulgarie coopère en bonne intelligence avec la protection des frontières et la mise en œuvre du projet pilote, la Commission regarde ailleurs », ajoute l’eurodéputée Tineke Strik.

    Pour défendre la candidature de Sofia à l’espace Schengen, la Commission européenne s’est appuyée sur le rapport d’une mission d’enquête rassemblant les experts de plusieurs agences de l’UE et des Etats membres, dépêchés en novembre 2023 en Bulgarie pour évaluer son état de préparation à l’adhésion. La mission n’aurait trouvé aucune preuve de violation des obligations en matière de droits humains prévues par les règles européennes, y compris en ce qui concerne « le respect du principe de non-refoulement et l’accès à la protection internationale ».

    Ce rapport n’a pas dissipé les inquiétudes de Jonas Grimheden, qui affirme que ses services font encore « régulièrement » part de leurs « préoccupations » au conseil d’administration de Frontex, « auquel participe la Commission européenne ».
    Cette enquête a été produite en collaboration avec le réseau Balkan Investigative Reporting Network (BIRN), qui a reçu un soutien financier de la Fondation Heinrich-Böll. Son contenu relève de la seule responsabilité des auteurs et ne représente pas les points de vue et les opinions de la fondation.

    La réponse de Frontex et de la Commission européenne

    Un porte-parole de Frontex déclare que l’agence prend « très au sérieux » les « préoccupations concernant les refoulements ». « Dans les cas où des violations sont signalées, la question est transmise au directeur exécutif et, si nécessaire, discutée lors des réunions du conseil d’administration avec des représentants des Etats membres. Toutefois, ces discussions ne sont pas publiques, conformément à notre politique de confidentialité visant à garantir un dialogue franc et efficace. »

    Dans une réponse écrite, la Commission européenne rappelle « l’importance de maintenir des éléments de contrôle solides tout en renforçant les actions de suivi et d’enquête ». « Les autorités bulgares, comme celles de tous les Etats membres de l’UE, doivent respecter pleinement les obligations découlant du droit d’asile et du droit international, notamment en garantissant l’accès à la procédure d’asile », explique un porte-parole.

    L’institution précise qu’« il a été convenu de renforcer davantage le mécanisme national indépendant existant pour contrôler le respect des droits fondamentaux », mais qu’« il est de la responsabilité des Etats membres d’enquêter sur toute allégation d’actes répréhensibles ».

    Le Médiateur européen enquête actuellement sur la décision de la Commission de refuser la communication aux journalistes de BIRN de deux documents de la DG Home sur les « droits fondamentaux » aux frontières extérieures de la Bulgarie. Dans l’attente de l’enquête, la Commission a refusé de dire si ces documents avaient été pris en considération lorsqu’elle a émis des évaluations positives du programme pilote et de la conformité de la Bulgarie avec les règles de Schengen.

    https://www.lemonde.fr/les-decodeurs/article/2024/02/26/comment-l-ue-a-ferme-les-yeux-sur-le-refoulement-illegal-de-migrants-par-la-

    #refoulements #push-backs #migrations #réfugiés #frontières #opération_Terra

  • Steine, die den Anstoß geben: Ein Besuch auf dem Friedhof Columbiadamm
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/steine-die-den-anstoss-geben-ein-besuch-auf-dem-friedhof-columbiada

    14.02.2024 von Jens-Martin Rode - Der Hererostein auf dem Friedhof Columbiadamm ist Mittelpunkt vieler Diskussionen. Unser Autor sieht noch weitere Herausforderungen.

    Kaum ein Berliner Friedhof dürfte gegenwärtig so sehr in der Öffentlichkeit stehen wie der Friedhof Columbiadamm in Neukölln. Derzeit ist es vor allem die Diskussion um den sogenannten Hererostein, die den Friedhof in das Zentrum der Auseinandersetzung mit dem Völkermord an den Herero und Nama vor 120 Jahren rückt. Der Bezirk Neukölln arbeitet gerade intensiv an einem Konzept zur Aufarbeitung dieser Vergangenheit.

    Wie groß die Herausforderungen sind, zeigen aber auch andere Gräber und Denkmäler. Denn immer wieder finden sich hier Spuren einer aus der Zeit gefallenen „Heldenverehrung“. Will man den Friedhof als öffentlichen Raum und die Deutung seiner kriegerischen Traditionen nicht den Ewiggestrigen überlassen, muss man ihm eine Zukunft als Lernort geben.


    Hererostein oder auch Afrika-Stein auf dem Friedhof Columbiadamm in Neukölln Jens-Martin Rode

    Der Hererostein ehrt die Täter des Völkermords in Namibia

    An der Ostseite des Friedhofs stoßen wir auf einen Findling aus rötlichem Granit mit einer geglätteten Fläche. Mit dem Hererostein werden hier namentlich sieben Soldaten der sogenannten Schutztruppe geehrt, die an der Niederschlagung der Aufstände der Herero und Nama im heutigen Namibia beteiligt waren und zwischen 1904 und 1907 gefallen sind. Dabei handelt es sich um den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts mit circa 80.000 ermordeten Menschen. Wohlgemerkt: Der 1907 geschaffene und 1973 von Veteranenverbänden an den jetzigen Ort verlegte Stein ehrt die Täter, nicht die Opfer. 2009 wurde eine Bodenplatte mit den Umrissen Namibias ergänzt, die immerhin den historischen Zusammenhang benennt.

    Leider wird aber der Genozid nicht als solcher benannt und auch die Opfer kommen weder namentlich noch mit einem Zitat vor. Derzeit erarbeitet der Bezirk Neukölln unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft ein Konzept für einen angemessenen Umgang mit der kolonialen Vergangenheit des Denkmals. Ein entsprechendes Rahmenprogramm begleitet das. Bis Juli 2024 zeigt das Museum Neukölln in Britz die Kunstinstallation „Buried Memories“ der namibischen Künstlerin Isabel Tueumuna Katjavivi.

    Kriegerdenkmäler mit nationalem Pathos

    Der Friedhof atmet überall ein nationales Pathos. Das ist kein Zufall. Seine Geschichte geht zurück auf die rund um die Hasenheide entstandenen Soldatengräber für die Gefallenen und vor allem die Lazarett-Toten der antinapoleonischen Befreiungskriege 1813–1815. Einen Steinwurf entfernt liegen ehemalige Schanzen, Schießstände und die für die Leibesübungen von „Turnvater Jahn“ geschaffenen Sportplätze. Veteranenverbände sorgten in den 40er-Jahren des 19. Jahrhunderts mit der Anlage des „Dennewitz-Friedhofs“ für die Erinnerung an vergangene Schlachten.

    Mitte des 19. Jahrhunderts beschloss König Friedrich Wilhelm IV., die Garnison aus der wachsenden Stadt Berlin abzuziehen und an das ohnehin schon lange als Militärgelände genutzte Tempelhofer Feld zu verlegen. Der Neue Garnisonfriedhof war die Folge. König Wilhelm I. schenkte 1866 dem osmanischen Sultan Abdul Aziz einen unmittelbar angrenzenden Streifen, auf dem sich heute noch der benachbarte Türkische Friedhof mit der weithin sichtbaren Şehitlik-Moschee befindet.

    Der Friedhof weist unter den Berliner Friedhöfen die höchste Anzahl an Gräbern im Kontext von Krieg und Gewaltherrschaft auf. Der größte Anteil der fast 7000 Gräber steht im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg. Auf dem Friedhof finden sich mehrere Denkmäler an die gefallenen Soldaten der Kriege von 1866, 1870/71, des Ersten Weltkrieges und auch des Kolonialkrieges in Afrika, die überwiegend nach dem verlorenen Weltkrieg aufgestellt worden sind. Der Friedhof wurde im Zuge des Ausbaus des Flughafens Tempelhof zum „Weltflughafen“ der Nazis in den 30er-Jahren stark umgestaltet.


    Monumentales Denkmal des Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiment Nr. 4 auf dem Friedhof Columbiadamm in Neukölln
    Jens-Martin Rode

    Die in Stein gehauene Dolchstoßlegende

    Das Denkmal für die Gefallenen des Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiments Nr. 4 ist wohl das auffälligste Kriegerdenkmal. Auf einem monumentalen Sockel liegt ein gefallener Soldat unter einem Leichentuch. Auf seiner Brust ein zerbrochenes Schwert, Lorbeerkranz und Helm. Unter dem Tuch schaut eine geballte Faust empor. Die Inschrift lautet: „Wir starben, auf dass Deutschland lebe, so lasset uns leben in Euch!“

    Das im Oktober 1925 unter Beteiligung des Reichspräsidenten und der Reichswehr eingeweihte Denkmal steht sinnbildlich für eine Reihe von Kriegerdenkmalen aus der Zeit der Weimarer Republik und zeigt den tiefen Graben in der Gesellschaft im Umgang mit dem verlorenen Krieg und der Erinnerung an seine Gefallenen. Anders gesagt: Es ist die in Stein gemeißelte „Dolchstoßlegende“. Besonders deutlich wird das, wenn man sich die zweite lateinische Original-Inschrift vergegenwärtigt, die ursprünglich auf der Rückseite zu finden und nach dem Zweiten Weltkrieg entfernt worden war: „Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor.“ („Einst möge ein Rächer aus meinen Gebeinen erstehen.“)
    Totengedenken „des Antifaschismus unverdächtig“

    Die Initiative zur Aufstellung derartiger Monumente ging oft von Veteranenvereinigungen aus und fand im rechten politischen Spektrum regen Anklang. Das Problem: Die Nachfolgeorganisationen dieser Gruppierungen setzen diese Tradition insbesondere am Volkstrauertag unvermindert fort. So finden sich auch heute auf dem Friedhof immer wieder Kränze und Grabgebinde von Burschenschaften, Vertriebenenverbänden, „Afrikaveteranen“ und einem ganzen Spektrum „des Antifaschismus unverdächtiger“ Vereine, wie es Arndt Beck und Markus Euskirchen in ihrer einschlägigen Monografie „Die beerdigte Nation“ zu diesem Thema beschreiben.

    Manche der Denkmale haben im Laufe der Zeit Ergänzungen erfahren. So trägt das ebenfalls imposante Denkmal für die Gefallenen von Bismarcks Blut-und-Eisen-Kriegen 1866/1870–71 auf der Rückseite eine Ehrung für Fallschirmjäger. Eine Inschrift am Fuße gedenkt der „unvergessenen Kameraden der deutschen Wehrmacht“ von 1939 bis 1945. Ein weiteres Denkmal für das Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1 trägt gleich mehrere Ergänzungen.

    Das Spektrum reicht von der Ehrung der „Berliner Bären Division“ über die „23. Berlin-Brandenburgische Infanterie-Division“ bis hin zur 26. Panzerdivision der Wehrmacht. Die letztgenannte Ehrung ist pikant. Denn dabei handelt es sich um eine Division, die bei ihrem Italien-Einsatz auf dem Rückzug vor den alliierten Truppen nachweislich Kriegsverbrechen an der italienischen Bevölkerung begangen hat. Am 23. August 1944 ermordeten Teile der 26. Panzerdivision bei Padule di Fucecchio 174 Zivilisten unter dem Deckmantel der „Partisanenbekämpfung“.
    „Afrikaforscher“ in deutschen „Schutzgebieten“

    Auch am Grab des 1892 beigesetzten Hauptmanns Erich Kling erinnert ein Denkmal an vier sogenannte Afrikaforscher. „Furchtlos und treu“ hätten sie „ihr Leben geopfert im Dienste des Reiches“. Alle vier Offiziere gehörten der württembergischen Feldartillerie an und dürften sich gekannt haben. Lediglich Erich Kling ist an dieser Stelle beerdigt.

    „Afrikaforscher“ ist ein Euphemismus. Denn hierbei handelt es sich keineswegs um die landeskundliche Erforschung eines anderen Erdteils, sondern um die Beherrschung sogenannter Schutzgebiete. Mindestens zwei der hier geehrten Offiziere haben sich aktiv an der Niederschlagung von Aufständen beteiligt.

    Erich Kling war vor allem im westafrikanischen Togo aktiv und starb an einer Darminfektion. Die Küste Ostafrikas hingegen wurde am Anfang der deutschen Kolonisation von Sansibar aus von Arabern beherrscht. Diese erhoben sich 1888 zusammen mit Teilen der einheimischen Bevölkerung gegen die Deutsch-Ostafrikanische-Gesellschaft. Bismark beauftragte den berüchtigten Hauptmann Hermann Wissmann mit der Niederschlagung. Der „Afrikaforscher“ Eugen Krenzler gehörte dabei zu den angeworbenen Offizieren. Ihm unterstand die gesamte Artillerie.

    Die „Wissmann-Truppe“ bekam von Bismarck freie Hand in der Durchführung. Krenzler wurde von Wissmann zum Chef der neu gebauten Station Tanga ernannt. Er war noch mehrfach für die Niederwerfung von Unruhen verantwortlich und erlag 1892 der Malaria. Der „Afrikaforscher“ Varnbüler gehörte als Vertreter und Nachfolger von Krenzler ebenfalls zur „Wissmann-Truppe“. Auch Varnbüler erlag während einer Strafexpedition gegen zwei Häuptlinge 1892 der Malaria.


    Gedenkstein für die „Afrikaforscher“ auf dem Friedhof Columbiadamm in Neukölln Jens-Martin Rode

    Der Friedhof als Lernort

    Der Friedhof Columbiadamm hat enormes Potenzial als Lernort für geschichtliche und gesellschaftliche Zusammenhänge. Kaum irgendwo in Berlin finden wir eine derart dichte Folge an Zeugnissen aus der preußischen und deutschen Vergangenheit, die noch einer kritischen Erinnerungsarbeit harren. So könnte auch der Widerstand gegen den Militarismus in der Weimarer Republik z.B. durch die Liga für Menschenrechte zur Sprache kommen oder die Ehrung von Personen wie die des ebenfalls hier beigesetzten Reichsbanneraktivisten Erich Schulz. Was fehlt, ist ein modernes Gedenkstättenkonzept, das es Besucherinnen und Besuchern ermöglicht, sich den Friedhof zu erschließen.

    Vorbild könnte hier der Sozialistenfriedhof in Friedrichsfelde sein, der vor Ort mit einer kleinen Ausstellung und einem ausgeschilderten Friedhofsrundgang eine Einordnung der Denkmäler und Grabstätten ermöglicht, die gleichzeitig dem Charakter eines Friedhofs gerecht wird. Thema könnte hier auch die wachsende Vielfalt der Friedhofskultur sein. In unmittelbarer Nachbarschaft zum angrenzenden historischen Türkischen Friedhof sind auch auf dem städtischen Friedhof Columbiadamm Grabfelder entstanden, die den Erfordernissen einer Bestattung nach islamischem Brauch entgegenkommen.

    Anfänge wurden bereits gemacht, z.B. mit einem Schulprojekt zum Tag des offenen Denkmals 2011 mit Schülern der Fritz-Karsen-Schule. Auch war der Friedhof Neukölln 2017 Teil des multimedialen Projektes „Nekropole Berlin-Neukölln 1945“, das als historischer Parcours durch den Bezirk führte. Es bedarf aber noch viel Forschungsarbeit, Initiative und Geld für entsprechende Projekte. Dass sich das Museum Neukölln derzeit der kolonialen Vergangenheit annimmt, ist ein wichtiger weiterer Schritt in die richtige Richtung.

    Jens-Martin Rode ist ausgebildeter und zertifizierter Stadtführer für Berlin und interessiert sich auch unabhängig davon für Berlin-bezogene Themen, Stadtgeschichte und die Berliner Denkmalslandschaft.

    #Berlin #Neukölln #Columbiadamm #Geschichte #Friedhof #Krieg #Kolonialismus #Preussen #Nazis #Hasenheide

  • Stralauer Spreetunnel: Berlins unsichtbares Denkmal
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/stralauer-spreetunnel-berlins-unsichtbares-denkmal-li.2187721


    Achtung, hier kommt die Tunnelbahn! Von 1899 bis 1932 verkehrte die Straßenbahnlinie 82 unter der Spree zwischen der Stralauer Halbinsel und dem Treptower Park. Die Postkarte illustriert eine Fahrt um 1905

    21.2.2024 von Michael Brettin - Der Straßenbahntunnel, der Stralau mit Treptow verband, wurde vor 125 Jahren fertiggestellt – trotz vieler Probleme. Er war der erste seiner Art in Deutschland.

    Wer sich auf die Halbinsel Stralau begibt und der Straße Alt-Stralau folgt, an der sehr viele neuere Wohnhäuser stehen, kommt geradezu auf die Tunnelstraße. An ihr steht die Stralauer Dorfkirche, deren Geschichte auf das Jahr 1464 zurückgeht, was sie zum ältesten Bauwerk im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg macht.

    Auf Höhe des neben der Kirche liegenden Friedhofs gabelt sich die Tunnelstraße. Zwischen den beiden Fahrbahnen streckt sich eine annähernd 100 Meter lange, gut fünf Meter breite Rasenfläche, auf der sich an diesem Februartag die ersten Krokusse blicken lassen. Eine durchgängige Mulde prägt dieses Fleckchen. Damit erinnert es an ein vor langer Zeit ausgetrocknetes Bachbett.

    An dieser Stelle befand sich einst die Ein- beziehungsweise Ausfahrt des Spreetunnels, der Stralau mit Alt-Treptow verband. Von ihm erzählt eine Infotafel, die neben der Busendhaltestelle Tunnelstraße steht. Vor 125 Jahren, am 21. Februar 1899, wurde dieser Tunnel fertiggestellt. Als erster seiner Art in Deutschland.

    Die Geschichte des Spreetunnels beginnt genau genommen 1891. In jenem Jahr unterbreitet das Unternehmen A.E.G. der Stadt Berlin Vorschläge zum Bau einer Untergrundbahn. Die Stadtoberen haben jedoch Bedenken: Ist der märkische Boden dafür überhaupt geeignet? Berlin steht ja im Gegensatz zu London, wo die weltweit erste U-Bahn-Linie 1863 ihren Betrieb aufnahm, nur aus „Buddelkistensand“.
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    Doch die A.E.G. lässt sich nicht beirren. Auf ihrem Firmengelände an der Voltastraße in Wedding stellt sie 1895 einen Versuchstunnel fertig. Eine kleine Bahn mit Elektromotor und Oberleitung fährt durch den 295 Meter langen Tunnel, der zwei Betriebsgelände miteinander verbindet. Noch heute gibt es ihn. Der Verein Berliner Unterwelten bietet Führungen an.


    Die Tunnelbahn sollte zur Gewerbeausstellung im Treptower Park 1896 in Betrieb gehen. Bei der Ausstellungseröffnung war sie aber noch im Bau. Die Karte zeigt ihren Verlauf.

    Die Berliner Gewerbeausstellung im Treptower Park 1896 ist ein willkommener Anlass für die A.E.G., beweisen zu wollen, dass Bahnen auch unter der deutschen Hauptstadt verkehren können. Mit dem Unternehmen Phillip Holzmann & Co. und der Deutschen Bank gründet die A.E.G. die Gesellschaft für den Bau von Untergrundbahnen. Ihr Auftrag: einen Tunnel unter der Spree zu bauen, von der Stralauer Halbinsel zum Treptower Park, und ihn – so will es die Gemeinde Stralau – an das Straßenbahnnetz anzuschließen.

    Den Bau sollen die Ingenieure Carl Schwebel und Wilhelm Lauter mittels eines sogenannten Schildvortriebs verwirklichen, einem in England entwickelten, in Deutschland noch nicht angewandten Verfahren. Schwebel und Lauter verantworteten auch den Bau des AEG-Tunnels.

    Wie das Schildvortriebsverfahren funktioniert, beschreibt die Illustrierte Die Gartenlaube in ihrem Heft 11 im Jahr 1899: „Von der Stelle an, wo das Eindringen von Grundwasser möglich ist, werden die Tunnel als Rohre aus Eisen oder Stahl ausgebildet. Der vordere Teil derselben ist der sogenannte ,Schild‘. Das Rohr ist hier in einige Kammern abgeteilt, die nach hinten durch luftdicht schließende Thüren abgegrenzt sind. In diesen Kammern verrichten die Arbeiter das Ausgraben des Erdreichs. Damit sie vom Eindringen des Grundwassers gesichert bleiben, wird in die Kammern komprimierte Luft eingetrieben, die alles Wasser der Umgebung fortdrängt. Das gelockerte Erdreich räumt man durch die dem Schilde zunächst liegende Kammer bergmännisch fort. Nachdem dies geschehen ist, wird das Tunnelrohr durch hydraulische Maschinen vorwärts geschoben.“

    Die Tunnelröhre besteht aus einer ein Zentimeter dicken Eisenwand und hat einen Durchmesser von vier Metern; sie ist aus Ringen zusammengefügt, die aus jeweils neun gusseisernen Platten geformt sind, und ist, um sie vor Rost zu schützen, mit Zementmörtel ummantelt, innen mit einer zwölf und außen mit einer acht Zentimeter dicken Schicht.

    Eine kompliziertere Stelle hätten sich die Tunnelbauer allerdings nicht aussuchen können.
    Dietmar Arnold, Vorsitzender des Vereins Berliner Unterwelten

    An der Verlängerten Dorfstraße (heute Tunnelstraße) auf Stralau und an der Treptower Chaussee (heute Puschkinallee) im Treptower Park sind die Rampen für die Ein- beziehungsweise Ausfahrt geplant. „Eine kompliziertere Stelle hätten sich die Tunnelbauer allerdings nicht aussuchen können“, sagt Dietmar Arnold, Vorsitzender des Vereins Berliner Unterwelten, „ständig nachrutschender Schwemmsand verzögerte die Bauarbeiten ungemein.“ Zur Eröffnung der Gewerbeausstellung am 1. Mai 1896 stand erst ein rund 160 Meter langer Tunnelabschnitt.

    „Nach dreijährigem Kampfe mit vielen Hindernissen ist der Tunnel unter der Oberspree im Osten Berlins zwischen Stralau und Treptow glücklich, ohne einen einzigen schweren Unfall, fertiggestellt worden“, berichtet Die Gartenlaube in ihrem bereits erwähnten Heft 11 aus dem Jahr 1899. Das Problem mit dem „gänzlich ungeeigneten Baugrund“ habe dazu geführt, „daß das vordere Tunnelende zu mehreren Malen gleichsam ins offene Wasser auslief und die Ersäufung des ganzen Tunnels zu befürchten war“.

    Doch nicht nur das habe die Tunnelbauer in Verzug gebracht, merkt die Illustrierte an. Es sei zu berücksichtigen, „daß die Arbeiten mehrmals monatelange, ja halbjährige Unterbrechungen erlitten, die nicht auf technische Hindernisse, sondern auf den langsamen Fortschritt der Verhandlungen mit den in Frage kommenden Verwaltungen zurückzuführen waren“.

    Der Tunnel an sich ist 454 Meter, mit seinen beiden Rampen 582 Meter lang; er kreuzt die an einer Stelle 195 Meter breite Spree annähernd rechtwinklig. Sein Scheitelpunkt liegt in zwölf Meter Tiefe unter dem mittleren Wasserspiegel; zeitgenössische Postkarten werben mit „15 Meter unter der Spree“.

    Das Bauwerk verschlang 1,7 Millionen Goldmark, das entspricht der heutigen Kaufkraft von fast 16,8 Millionen Euro.

    Am 18. Dezember 1899 nimmt die im selben Jahr gegründete Berliner Ostbahnen GmbH, eine Tochtergesellschaft der bereits erwähnten Gesellschaft für den Bau von Untergrundbahnen, den Spreetunnel in den Straßenbahnbetrieb. Die Linie 82 verkehrt zwischen Schlesischem Bahnhof (heute Ostbahnhof) und Treptow, Platz am Spreetunnel; sie wird bis 1908 nach Schöneweide und 1909 nach Cöpenick erweitert.


    Knüppel an den Mann! Zur Fahrt durch den Tunnel war nur der Wagen mit dem Signalstab („Knüppel“) befugt. Der Stab wurde bei der Ausfahrt eingeholt und bei der Einfahrt vergeben. Daher nannte der Volksmund die Linie 82 „Knüppelbahn“.

    Die Trasse im Tunnel ist eingleisig, es ist daher nur eine Fahrt je Richtung möglich. Um Zusammenstöße zu vermeiden, ist nur der Fahrer, der einen Signalstab – im Volksmund „Knüppel“ – an seinem Straßenbahnwagen hängen hat, zur etwa zweiminütigen Durchfahrt befugt. Eine Betriebsaufsichtsperson an der Ausfahrt nimmt den Stab entgegen und gibt ihn wieder ab. Daher nennen die Berliner die Linie 82 „Knüppelbahn“.

    Der Spreetunnel bilde nicht nur „eine Sehenswürdigkeit“, heißt es in einer 1899 veröffentlichten Schrift; er verschaffe der Stadt „einen nicht unbeträchtlichen Vermögensvorteil, da sie vertraglich berechtigt ist, schon nach 36 Jahren von diesem mit grossen Kosten hergestellten Bauwerk unentgeltlich Besitz zu ergreifen“.

    Der U-Bahn-Bau nimmt in Berlin Fahrt auf, allerdings angetrieben von Siemens – das Unternehmen unterbreitete bereits um das Jahr 1880 Pläne für eine Hochbahn –, seinem Mitgesellschafter Halske und der Deutschen Bank. Am 18. Februar 1902 nimmt die erste U-Bahn-Linie für den öffentlichen Nahverkehr in Deutschland ihren Betrieb auf, vom Stralauer Tor (ab 1924 Osthafen, 1945 durch einen Bombentreffer zerstört) bis zur Warschauer Brücke und zum Zoologischen Garten erweitert.

    Die Rechnung, mit dem Spreetunnel Geld zu machen, geht nicht auf. Als die Stadt ihn 1935 übernehmen kann, ist der Straßenbahnverkehr durch den Spreetunnel bereits seit drei Jahren eingestellt. Die Verantwortlichen mussten zunehmend Bauschäden feststellen. Immer wieder sickerte Wasser ein. Die voraussichtlichen Sanierungskosten standen in keinem Verhältnis zum Nutzen. In jedem einzelnen Straßenbahnwagen saßen schließlich nur noch zwei bis drei Fahrgäste. Der Tunnel wurde daher am 15. Februar 1932 für den Bahnbetrieb geschlossen. Damit endete seine Geschichte allerdings nicht.

    Für die Olympischen Spiele 1936 erfährt der Spreetunnel eine Instandsetzung als Fußgängerpassage. Anfang 1945 werden in die Röhre Trennwände mit Türen eingebaut sowie Bänke und Stühle aufgestellt, damit sie als Luftschutzraum dienen kann. Vermutlich infolge eines Bombentreffers füllt sich der Tunnel teilweise mit Wasser. Er wird drei Jahre später sicherheitshalber ganz geflutet. Und 1968 werden beide Zufahrtsrampen und einige Tunnelmeter auf der Treptower Seite abgetragen, die Überreste zugeschüttet.


    Der Spreetunnel zwischen Stralau und Alt-Treptow diente ab Anfang 1945 als Luftschutzraum. Als er im Dezember 1996 leer gepumpt wurde, fanden sich unter anderem etliche Parkbänke. Die Idee, ihn wieder nutzbar zu machen, wurde fallen gelassen. Andreas Kopietz

    In den 1990er-Jahren plant die Entwicklungsgesellschaft Rummelsburger Bucht, auf Stralau Hunderte neue Wohnungen zu bauen. Sie erwägt, den Spreetunnel wieder nutzbar zu machen. Für die Untersuchung des Bauwerks beauftragt sie 1996 den Verein Berliner Unterwelten. Der macht sich im Dezember ans Werk. Zuerst wird ein Teil des Rasenstreifens auf der Tunnelstraße aufgebrochen – jener Teil, welcher der Spree am nächsten liegt – und der Zugang zur Röhre freigelegt. Ein Taucher der Feuerwehr begibt sich anschließend hinein. Nachdem er sich versichert hat, dass das Bauwerk betreten werden kann, wird der Tunnel leer gepumpt.

    „Im Inneren des Bauwerks sah es noch erstaunlich gut aus“, erinnert sich Dietmar Arnold, der Vorsitzende der Berliner Unterwelten, an die Begehung des Tunnels. „Der vordere Teil befand sich sogar in einem relativ sauberen Zustand, die Spuren der Luftschutzanlage waren noch gut zu erkennen.“ Die Parkbänke aus Ausflugslokalen, die für die Schutzsuchenden bereitgestellt worden waren, standen immer noch da. Und: „An den Decken gab es noch Reste der Isolatoren. Hier verlief einst die Oberleitung, ein letzter Hinweis auf den ehemals durchfahrenden Straßenbahnverkehr.“

    Als hätten die Schutzsuchenden die Tunnelröhre überhastet verlassen – so stellt sich die Szenerie dar: Auf den Bänken stehen oder liegen Tassen und Teller, Flaschen und Kannen sowie ein Wasserbehälter des Reichsluftfahrtministeriums; zu sehen sind auch ein Kartenspiel und ein Kamm sowie ein Paar Damenschuhe.

    Das Vorhaben, den Spreetunnel instand zu setzen, gab die Entwicklungsgesellschaft Rummelsburger Bucht aus Kostengründen auf. Sobald die Pumpe abgestellt war, füllte sich der Tunnel wieder mit Wasser. Der Zugang wurde wieder verschlossen.
    Eine Wand und eine Frage

    Auch im Treptower Park erinnert eine Infotafel an den Spreetunnel. Sie steht an der Puschkinallee, nahe dem Parkplatz am Gasthaus Zenner, an einem Kiesweg am Sommerblumengarten. Hier befand sich die Rampe zur Ein- beziehungsweise Ausfahrt. Bei der Erneuerung des Gartens im Jahr 2016 wurden deren Überreste teilweise freigelegt. Und anschließend wieder zugeschüttet.

    Vorbei an den vier Springbrunnen der Gartenanlage sind es nur ein paar Meter zum Ufer der Spree mit Blick auf Stralau. Sanft wellt sich das Wasser. Und dunkel. Irgendwo da unten liegt es, das nicht sichtbare Denkmal der Berliner Verkehrsgeschichte.

    Der Verein Berliner Unterwelten kann sich vorstellen, den Spreetunnel zumindest teilweise aus der Versenkung zu holen. „Man könnte“, regt Dietmar Arnold an, „die Tunnelrampen wieder ausgraben und ,archäologische Fenster‘ einsetzen.“

    Bei ihrer Erkundung des Spreetunnels 1996 stießen die Besucher nach etwa 80 Metern in Richtung Treptow erst auf den Hinweis „Notausgang“ und dann auf eine türlose Trennwand aus Ziegelsteinen. Ein Notausgang ist aber Arnold zufolge in keinem Bauplan verzeichnet. Was verbirgt sich hinter dieser Mauer?

    #Berlin #Stralau #Tunnelstraße #Spree #Geschichte #Verkehr #Straßenbahn

  • L’UE va octroyer 87 millions d’euros à l’Égypte pour la gestion des migrations en 2024

    En 2024, l’UE fournira 87 millions d’euros ainsi que de nouveaux #équipements à l’Égypte pour un projet de gestion des migrations lancé en 2022, mis en œuvre par l’#Organisation_Internationale_pour_les_Migrations (#OIM) et l’opérateur de #coopération_technique du ministère français de l’Intérieur #Civipol, ont confirmé trois sources proches du dossier à Euractiv.

    L’enveloppe de 87 millions d’euros pourrait passer à 110 millions d’euros après la prochaine réunion du #Conseil_d’association_UE-Egypte le 23 janvier, ont confirmé deux sources à Euractiv.

    La Commission européenne mène également des #négociations parallèles avec Le Caire afin de conditionner un ensemble de financements pour d’autres projets couvrant un large éventail de secteurs, y compris les migrations, aux recommandations du #Fonds_monétaire_international (#FMI) en matière de réforme, a indiqué une source au fait des négociations.

    Les 87 millions d’euros seront consacrés au renforcement de la #capacité_opérationnelle de la #marine égyptienne et des #gardes-frontières pour la #surveillance_des_frontières ainsi que pour les opérations de recherche et de sauvetage en mer.

    Le projet de gestion des migrations UE-Égypte a débuté en 2022 avec un montant initial de 23 millions d’euros, 115 millions d’euros supplémentaires ayant été approuvés pour 2023, a confirmé l’une des trois sources.

    Les #fonds pour 2022 et 2023 ont été utilisés pour la gestion des frontières, la lutte contre la contrebande et la traite des êtres humains, les retours volontaires et les projets de réintégration.

    « Avec ces fonds de l’UE, l’OIM [l’Organisation internationale des migrations] soutient les autorités égyptiennes par le biais d’activités de renforcement des capacités qui promeuvent une #gestion_des_frontières fondée sur les droits humains et le respect du droit et des normes internationales, également en ce qui concerne les opérations de recherche et de sauvetage », a déclaré une source officielle de l’agence des Nations unies à Euractiv.

    L’opérateur français Civipol travaille sur l’appel d’offres, la production et la livraison des nouveaux #bateaux de recherche et de sauvetage pour 2024, a confirmé l’une des trois sources.

    Cependant, selon le rapport sur les migrations 2023 de l’Agence de l’Union européenne pour l’asile (AUEA), il n’y a pratiquement pas eu de départs irréguliers depuis les côtes égyptiennes depuis 2016, la plupart des migrants irréguliers égyptiens vers l’UE étant partis de Libye.

    Dans le même temps, le nombre de citoyens égyptiens demandant des visas dans les États membres de l’UE a considérablement augmenté ces dernières années, selon le rapport de l’AUEA, principalement en raison de la détérioration de la situation intérieure du pays.

    La crise s’aggrave en Égypte

    L’Égypte, partenaire stratégique de l’UE, connaît une crise économique et politique de plus en plus grave. Les 107 millions d’habitants du pays sont confrontés à une instabilité croissante et à l’absence de garanties en matière de droits humains.

    Dans une lettre adressée aux chefs d’État et aux institutions européennes en décembre dernier, l’ONG Human Rights Watch a demandé à l’UE de « veiller à ce que tout recalibrage de son #partenariat avec l’Égypte et de l’aide macrofinancière qui en découle soit l’occasion d’améliorer les droits civils, politiques et économiques du peuple égyptien ».

    « Son impact ne sera durable que s’il est lié à des progrès structurels et à des réformes visant à remédier aux abus et à l’oppression du gouvernement, qui ont étranglé les droits de la population autant que l’économie du pays », a écrit l’ONG.

    La crise des droits humains est indissociable de la crise économique, a expliqué à Euractiv Timothy E. Kaldas, directeur adjoint de l’Institut Tahrir pour les politiques au Moyen-Orient. « Les décisions et les pratiques politiques du régime jouent un rôle central dans l’état de l’économie égyptienne », a-t-il déclaré.

    « Le régime exploite l’État égyptien de manière abusive. Par exemple, il impose des contrats à des entreprises appartenant au régime pour réaliser des projets d’infrastructure extrêmement coûteux et qui ne contribuent pas nécessairement au bien public », a affirmé M. Kaldas, citant la construction de nouvelles villes ou de « nouveaux palais pour le président ».

    Alors que ces projets enrichissent les élites égyptiennes, le peuple est de plus en plus pauvre et, dans certains cas, il se voit contraint de quitter le pays, a expliqué M. Kaldas.

    Avec une inflation des produits alimentaires et des boissons dépassant 70 % en Égypte en 2023, une monnaie en proie à de multiples chocs et effondrements qui réduisent le pouvoir d’achat des Égyptiens et des investisseurs privés qui ne considèrent pas le pays nord-africain comme un bon endroit pour investir, « la situation est très morose », a résumé l’expert.

    En outre, l’indépendance du secteur privé a été pointée du doigt dans un rapport de Human Rights Watch en novembre 2018. Par exemple, les deux hommes d’affaires égyptiens de Juhayna Owners, le plus grand producteur de produits laitiers et de jus de fruits du pays, ont été détenus pendant des mois après avoir refusé de céder leurs parts dans leur entreprise à une société d’État.

    Les évènements récents au poste-frontière de Rafah à Gaza, les frictions en mer Rouge avec les rebelles houthis au Yémen et la guerre dans le pays frontalier du Soudan ont aggravé l’instabilité dans cette république.

    Relations UE-Égypte

    Lors du dernier Conseil d’association UE-Égypte en juin 2022, les deux partenaires ont dressé une liste de priorités pour « promouvoir des intérêts communs et garantir la stabilité à long terme et le développement durable de part et d’autre de la Méditerranée, ainsi que pour renforcer la coopération et à réaliser le potentiel inexploité de cette relation ».

    La liste des priorités concerne un large éventail de secteurs dans lesquels l’UE est disposée à aider l’Égypte.

    Le document qui présente les résultats de la réunion met notamment l’accent sur les transitions numérique et écologique, le commerce et l’investissement, le développement social et la justice sociale, l’énergie, la réforme du secteur public, la sécurité et le terrorisme, ainsi que la migration.

    https://www.euractiv.fr/section/international/news/lue-va-octroyer-87-millions-deuros-a-legypte-pour-la-gestion-des-migrations

    #Egypte #externalisation #asile #migrations #réfugiés #aide_financière #conditionnalité_de_l'aide #UE #EU #Union_européenne

  • Une organisation en #souffrance

    Les Français seraient-ils retors à l’effort, comme le laissent entendre les mesures visant à stigmatiser les chômeurs ? Et si le nombre de #démissions, les chiffres des #accidents et des #arrêts_de_travail étaient plutôt le signe de #conditions_de_travail délétères.

    Jeté dans une #concurrence accrue du fait d’un #management personnalisé, évalué et soumis à la culture froide du chiffre, des baisses budgétaires, le travailleur du XXIe siècle est placé sous une #pression inédite...

    L’étude de 2019 de la Darès (Ministère du Travail) nous apprend que 37% des travailleurs.ses interrogés se disent incapables de poursuivre leur activité jusqu’à la retraite. Que l’on soit hôtesse de caisse (Laurence) ou magistrat (Jean-Pierre), tous témoignent de la dégradation de leurs conditions de travail et de l’impact que ces dégradations peuvent avoir sur notre #santé comme l’explique le psychanalyste Christophe Dejours : “Il n’y a pas de neutralité du travail vis-à-vis de la #santé_mentale. Grâce au travail, votre #identité s’accroît, votre #amour_de_soi s’accroît, votre santé mentale s’accroît, votre #résistance à la maladie s’accroît. C’est extraordinaire la santé par le travail. Mais si on vous empêche de faire du travail de qualité, alors là, la chose risque de très mal tourner.”

    Pourtant, la #quête_de_sens est plus que jamais au cœur des revendications, particulièrement chez les jeunes. Aussi, plutôt que de parler de la semaine de quatre jours ou de développer une sociabilité contrainte au travail, ne serait-il pas temps d’améliorer son #organisation, d’investir dans les métiers du « soin » afin de renforcer le #lien_social ?

    Enfin, la crise environnementale n’est-elle pas l’occasion de réinventer le travail, loin du cycle infernal production/ consommation comme le pense la sociologue Dominique Méda : “Je crois beaucoup à la reconversion écologique. Il faut prendre au sérieux la contrainte écologique comme moyen à la fois de créer des emplois, comme le montrent les études, mais aussi une possibilité de changer radicalement le travail en profondeur.”

    https://www.radiofrance.fr/franceculture/podcasts/lsd-la-serie-documentaire/une-organisation-en-souffrance-5912905

    #travail #audio #sens #reconnaissance #podcast #déshumanisation #grande_distribution #supermarchés #Carrefour #salariat #accidents_du_travail # location-gérance #jours_de_carence #délai_de_carence #financiarisation #traçabilité #performance #néo-taylorisme #taylorisme_numérique #contrôle #don #satisfaction #modernisation #mai_68 #individualisation #personnalisation #narcissisation #collectif #entraide #épanouissement #marges_de_manoeuvre #intensification_du_travail #efficacité #rentabilité #pression #sous-traitance #intensité_du_travail #santé_au_travail #santé #épidémie #anxiété #dépression #santé_publique #absentéisme #dégradation_des_conditions_de_travail #sommeil #identité #amour_de_soi #santé_par_le_travail #tournant_gestionnaire #gouvernance_de_l'entreprise #direction_d'entreprise #direction #règles #lois #gestionnaires #ignorance #objectifs_quantitatifs #objectifs #performance #mesurage #évaluation #traçabilité #quantification #quantitatif #qualitatif #politique_du_chiffre #flux #justice #charge_de_travail

    25’40 : #Jean-Pierre_Bandiera, ancien président du tribunal correctionnel de Nîmes :

    « On finit par oublier ce qu’on a appris à l’école nationale de la magistrature, c’est-à-dire la motivation d’un jugement... On finit par procéder par affirmation, ce qui fait qu’on gagne beaucoup de temps. On a des jugements, dès lors que la culpabilité n’est pas contestée, qui font abstraction de toute une série d’éléments qui sont pourtant importants : s’attarder sur les faits ou les expliquer de façon complète. On se contente d’une qualification développée : Monsieur Dupont est poursuivi pour avoir frauduleusement soustrait 3 véhicules, 4 téléviseurs au préjudice de Madame Durant lors d’un cambriolage » mais on n’est pas du tout en mesure après de préciser que Monsieur Dupont était l’ancien petit ami de Madame Durant ou qu’il ne connaissait absolument pas Madame Durant. Fixer les conditions dans lesquelles ce délit a été commis de manière ensuite à expliquer la personnalisation de la peine qui est quand même la mission essentielle du juge ! Il faut avoir à chaque fois qu’il nous est demandé la possibilité d’adapter au mieux la peine à l’individu. C’est très important. On finit par mettre des tarifs. Quelle horreur pour un juge ! On finit par oublier la quintessence de ce métier qui est de faire la part des choses entre l’accusation, la défense, l’auteur de faits, la victime, et essayer d’adopter une sanction qui soit la plus adaptée possible. C’est la personnalisation de la peine, c’est aussi le devenir de l’auteur de cette infraction de manière à éviter la récidive, prévoir sa resocialisation. Bref, jouer à fond le rôle du juge, ce qui, de plus en plus, est ratatiné à un rôle de distributeur de sanctions qui sont plus ou moins tarifées. Et ça c’est quelque chose qui, à la fin de ma carrière, c’est quelque chose qui me posait de véritables problèmes d’éthique, parce que je ne pensais pas ce rôle du juge comme celui-là. Du coup, la qualité de la justice finit par souffrir, incontestablement. C’est une évolution constante qui est le fruit d’une volonté politique qui, elle aussi, a été constante, de ne pas consacrer à la justice de notre pays les moyens dont elle devait disposer pour pouvoir fonctionner normalement. Et cette évolution n’a jamais jamais, en dépit de tout ce qui a pu être dit ou écrit, n’ai jamais été interrompue. Nous sommes donc aujourd’hui dans une situation de détresse absolue. La France est donc ??? pénultième au niveau européen sur les moyens budgétaires consacrés à sa justice. Le Tribunal de Nîme comporte 13 procureurs, la moyenne européenne nécessiterait qu’ils soient 63, je dis bien 63 pour 13. Il y a 39 juges au Tribunal de Nîmes, pour arriver dans la moyenne européenne il en faudrait 93. Et de mémoire il y a 125 greffiers et il en faudrait 350 je crois pour être dans la moyenne. Il y avait au début de ma carrière à Nîmes 1 juge des Libertés et de la détention, il y en a aujourd’hui 2. On a multiplié les chiffres du JLD par 10. Cela pose un problème moral et un problème éthique. Un problème moral parce qu’on a le sentiment de ne pas satisfaire au rôle qui est le sien. Un problème éthique parce qu’on finit par prendre un certain nombre de recul par rapport aux valeurs que l’on a pourtant porté haut lorsqu’on a débuté cette carrière. De sorte qu’une certaine mélancolie dans un premier temps et au final un certain découragement me guettaient et m’ont parfois atteint ; mes périodes de vacances étant véritablement chaque année un moment où la décompression s’imposait sinon je n’aurais pas pu continuer dans ces conditions-là. Ce sont des heures de travail qui sont très très chargés et qui contribuent aussi à cette fatigue aujourd’hui au travail qui a entraîné aussi beaucoup de burn-out chez quelques collègues et puis même, semble-t-il, certains sont arrivés à des extrémités funestes puisqu’on a eu quelques collègues qui se sont suicidés quasiment sur place, vraisemblablement en grande partie parce que... il y avait probablement des problèmes personnels, mais aussi vraisemblablement des problèmes professionnels. Le sentiment que je vous livre aujourd’hui est un sentiment un peu partagé par la plupart de mes collègues. Après la réaction par rapport à cette situation elle peut être une réaction combative à travers des engagements syndicaux pour essayer de parvenir à faire bouger l’éléphant puisque le mammouth a déjà été utilisé par d’autres. Ces engagements syndicaux peuvent permettre cela. D’autres ont plus ou moins rapidement baissé les bras et se sont satisfaits de cette situation à défaut de pouvoir la modifier. Je ne regrette rien, je suis parti serein avec le sentiment du devoir accompli, même si je constate que en fermant la porte du tribunal derrière moi je laisse une institution judiciaire qui est bien mal en point."

    Min. 33’15, #Christophe_Dejours, psychanaliste :

    « Mais quand il fait cela, qu’il sabote la qualité de son travail, qu’il bâcle son travail de juge, tout cela, c’est un ensemble de trahisons. Premièrement, il trahi des collègues, parce que comme il réussi à faire ce qu’on lui demande en termes de quantité... on sait très bien que le chef va se servir du fait qu’il y en a un qui arrive pour dire aux autres : ’Vous devez faire la même chose. Si vous ne le faites pas, l’évaluation dont vous allez bénéficier sera mauvaise pour vous, et votre carrière... vous voulez la mutation ? Vous ne l’aurez pas !’ Vous trahissez les collègues. Vous trahissez les règles de métier, vous trahissez le justiciable, vous trahissez les avocats, vous leur couper la parole parce que vous n’avez pas le temps : ’Maître, je suis désolé, il faut qu’on avance.’ Vous maltraitez les avocats, ce qui pose des problèmes aujourd’hui assez compliqués entre avocats et magistrats. Les relations se détériorent. Vous maltraitez le justiciable. Si vous allez trop vite... l’application des peines dans les prisons... Quand vous êtes juges des enfants, il faut écouter les enfants, ça prend du temps ! Mais non, ’va vite’. Vous vous rendez compte ? C’est la maltraitance des justiciables sous l’effet d’une justice comme ça. A la fin vous trahissez la justice, et comme vous faites mal votre travail, vous trahissez l’Etat de droit. A force de trahir tous ces gens qui sont... parce que c’est des gens très mobilisés... on ne devient pas magistrat comme ça, il faut passer des concours... c’est le concours le plus difficile des concours de la fonction publique, c’est plus difficile que l’ENA l’Ecole nationale de magistrature... C’est des gens hyper engagés, hyper réglo, qui ont un sens de la justice, et vous leur faites faire quoi ? Le contraire. C’est ça la dégradation de la qualité. Donc ça conduit, à un moment donné, à la trahison de soi. Ça, ça s’appelle la souffrance éthique. C’est-à-dire, elle commence à partir du moment où j’accepte d’apporter mon concours à des actes ou à des pratiques que le sens moral réprouve. Aujourd’hui c’est le cas dans la justice, c’est le cas dans les hôpitaux, c’est le cas dans les universités, c’est le cas dans les centres de recherche. Partout dans le secteur public, où la question éthique est décisive sur la qualité du service public, vous avez des gens qui trahissent tout ça, et qui entrent dans le domaine de la souffrance éthique. Des gens souffrent dans leur travail, sauf que cette souffrance, au lieu d’être transformée en plaisir, elle s’aggrave. Les gens vont de plus en plus mal parce que le travail leur renvoie d’eux-mêmes une image lamentable. Le résultat c’est que cette trahison de soi quelques fois ça se transforme en haine de soi. Et c’est comme ça qu’à un moment donné les gens se suicident. C’est comme ça que vous avez des médecins des hôpitaux, professeurs de médecine de Paris qui sautent par la fenêtre. Il y a eu le procès Mégnien, au mois de juin. Il a sauté du 5ème étage de Georges-Pompidou. Il est mort. Comment on en arrive là ? C’est parce que les gens ont eu la possibilité de réussir un travail, de faire une oeuvre, et tout à coup on leur casse le truc. Et là vous cassez une vie. C’est pour cela que les gens se disent : ’Ce n’est pas possible, c’est tout ce que j’ai mis de moi-même, tous ces gens avec qui j’ai bossé, maintenant il faut que ça soit moi qui donne le noms des gens qu’on va virer. Je ne peux pas faire ça, ce n’est pas possible.’ Vous les obligez à faire l’inverse de ce qu’ils croient juste, de ce qu’ils croient bien. Cette organisation du travail, elle cultive ce qu’il y a de plus mauvais dans l’être humain. »

    #suicide #trahison #souffrance_éthique

    • Quels facteurs influencent la capacité des salariés à faire le même travail #jusqu’à_la_retraite ?

      En France, en 2019, 37 % des salariés ne se sentent pas capables de tenir dans leur travail jusqu’à la retraite. L’exposition à des #risques_professionnels – physiques ou psychosociaux –, tout comme un état de santé altéré, vont de pair avec un sentiment accru d’#insoutenabillité du travail.

      Les métiers les moins qualifiés, au contact du public ou dans le secteur du soin et de l’action sociale, sont considérés par les salariés comme les moins soutenables. Les salariés jugeant leur travail insoutenable ont des carrières plus hachées que les autres et partent à la retraite plus tôt, avec des interruptions, notamment pour des raisons de santé, qui s’amplifient en fin de carrière.

      Une organisation du travail qui favorise l’#autonomie, la participation des salariés et limite l’#intensité_du_travail tend à rendre celui-ci plus soutenable. Les mobilités, notamment vers le statut d’indépendant, sont également des moyens d’échapper à l’insoutenabilité du travail, mais ces trajectoires sont peu fréquentes, surtout aux âges avancés.

      https://dares.travail-emploi.gouv.fr/publication/quels-facteurs-influencent-la-capacite-des-salaries-faire-
      #statistiques #chiffres

  • Il est impossible d’arrêter l’immigration, dit le patron de #Frontex

    Un arrêt complet des flux migratoires vers l’Union européenne (UE) est « impossible », estime le directeur exécutif de l’agence européenne de garde-frontières et de garde-côtes, Frontex, alors que le sujet de l’immigration promet d’être un thème majeur des élections européennes à venir.

    « La migration est un phénomène mondial. Nous devons gérer la migration parce que nous ne pouvons pas faire face à une migration non gérée vers l’Europe », a déclaré Hans Leijtens lors dans un entretien à Reuters dans son bureau de Varsovie.

    « Mais un arrêt complet - pour moi, cela semble très difficile, pour ne pas dire impossible ».

    Le directeur de Frontex doit se rendre jeudi avec la présidente de la Commission européenne, Ursula von der Leyen, et le président du gouvernement espagnol, Pedro Sánchez, en Mauritanie, un pays devenu l’un des principaux points de départ pour les migrants en route vers l’Europe.

    La migration irrégulière vers l’UE en provenance d’Afrique de l’Ouest a plus que décuplé en janvier, selon des données de Frontex consultées par Reuters avant leur publication.

    Han Leijtens a estimé que la gestion ordonnée des frontières extérieures de l’UE est un élément important d’un « portefeuille européen » plus large et a souligné la nécessité de l’aide au développement et d’autres formes de coopération de Bruxelles avec des pays tiers.

    Frontex a enregistré 380.000 franchissements irréguliers des frontières en 2023, le chiffre le plus élevé depuis 2016. Cette tendance haussière va se poursuivre en 2024, estime Hans Leijtens.

    « Je ne pense pas qu’il y aura une nouvelle tendance sur une baisse des chiffres », a-t-il déclaré, s’attendant à ce que davantage de personnes originaires d’Afrique subsaharienne tentent de se rendre en Europe.

    Les personnes fuyant les guerres ont droit à l’asile dans l’UE, qui a accueilli des millions d’Ukrainiens depuis l’invasion russe de l’Ukraine en 2022.

    Toutefois, les Africains sont principalement considérés comme des travailleurs migrants, et l’UE veut garder un contrôle strict sur ces arrivées.

    Selon Hans Leijtens, l’augmentation du nombre de retours effectifs de demandeurs d’asile déboutés est essentielle pour rétablir la confiance des Européens.

    « Une opération de retour crédible est très importante pour montrer aux habitants de l’Europe, mais aussi aux migrants, que si vous n’avez pas besoin de notre protection, vous serez renvoyés », a-t-il dit.

    https://www.challenges.fr/top-news/il-est-impossible-d-arreter-l-immigration-dit-le-patron-de-frontex_882843

    #asile #migrations #réfugiés #contrôles_frontaliers #frontières #gestion #Hans_Leijtens #gestion_ordonnée #aide_au_développement #développement #expulsions #renvois #machine_à_expulser

    via @karine4

  • Terzo Mondo 50 Jahre
    https://www.terzomondo.de/event/terzo-mondo-50-jahre

    7. Februar 2024 @ 18:00 - 8. Februar 2024 @ 02:00

    Am 07. Ferbruar 1974 wurde das Terzo Mondo in der Grolmanstrasse 28 wiedereröffnet, nachdem es seinen ersten Standort in der Kantstrasse verlassen musste.

    Hier wurde es von einem Platz für Revolutionäre und Demonstranten zum Berlinale Treffpunkt, zur Galerie, zum Lindenstrassen-Mekka, zur Bühne, zum Restaurant, zu einer Cocktail Bar … ein Treffpunkt für Jung und Alt, ein Ort an dem man sich zuhause fühlen kann.

    Hier wurde es erwachsen, berühmt, berüchtigt, geliebt, aber auch vergessen, belächelt, ignoriert, wieder entdeckt, geliebt, als zuhause empfunden, musiziert, philosophiert und diskutiert .. viele Veränderungen, Höhen und Tiefen hat es hier erlebt, aber eins blieb es all diese Jahre, ein Papanastasiou.
    Daher wollen wir diesen besonderen Tag am Mittwoch den 07. Februar ab 18:00 mit Euch feiern 🙂

    Wir habe eine alte Speisekarte der Anfangszeit gefunden, daraus werden wir ein paar Gerichte und Getränke mit ihren Preisen :-)))) übernehmen. Wer will, kann an diesem Tag eine Patenschaft übernehmen oder einen besonderen Flieger in unsere legendäre Decke schiessen, oder einfach zur Musik mitsingen, tanzen oder seinen Gegenüber und die Vibes der letzten fünfzig Jahre geniessen.

    Wir freuen uns auf Euch

    #Berlin #Charlottenburg #Grolmanstrasse #Gastronomie #Griechenland #Geschichte

  • ’Entre-soi’, ’omerta’, ’défaillances systémiques’... Le rapport de la #commission_d'enquête étrille le fonctionnement du monde sportif | LCP - Assemblée nationale
    https://www.lcp.fr/actualites/entre-soi-omerta-defaillances-systemiques-le-rapport-de-la-commission-d-enquete-

    Dans ce document de plus de 260 pages, que LCP a pu consulter avant sa présentation en conférence de presse mardi à l’Assemblée nationale, la rapporteure Sabrina Sebaihi (Ecologiste) dresse un portrait accablant de l’univers du #sport_français, pointant l’"omerta" et l’opacité qui y ont régné, et y règnent parfois encore, aussi bien concernant les affaires ayant trait aux #violences_sexuelles et psychologiques, aux phénomènes discriminatoires, ou encore à la #gestion_financière parfois hasardeuse des fédérations. Elle confirme d’ailleurs avoir fait face à des « difficultés » pour obtenir des documents auprès de certaines instances, un phénomène « symptomatique », selon elle, du « défaut de #culture_démocratique » qui gangrène les instances sportives.

    De même, la rapporteure déplore les nombreux « mensonges, inexactitudes, approximations, expressions de déni et de désinvolture » auxquels les députés ont été confrontés au cours de leurs auditions. Résultat, pas moins de 7 signalements à la justice pour de possibles parjures ont été effectués à la suite des quelque 92 auditions menées.

    #discriminations

    Le rapport parlementaire : https://www.assemblee-nationale.fr/dyn/16/rapports/cefedespo/l16b2012-ti_rapport-enquete.pdf

  • Verschwundenen Hausnummern der mittigen Mittelstraße
    https://berlin.kauperts.de/Strassen/Mittelstrasse-10117-Berlin

    Der Kaupert behauptet, dass es die Hausnummern 1 bis 65 gibt, macht aber keine Angaben über ihre Lage. Es weiß es nicht besser. Nach 110 Jahren sind der mittigen Mittelstraße ein paar Hausnummern abhanden gekommen. Schauen wir mal genau hin.

    Straßenverlauf von Schadowstraße bis Charlottenstraße
    Name seit nach 1674
    Postleitzahl 10117
    Ortsteil Mitte
    Ehemaliger Bezirk Mitte

    Da die Mittelstraße ein alte Straße (seit 1674) ist gehen wir davon aus, dass die Hausnummern nach dem Hufeisensystem angeordnet sind und die Nummer 1 und die höchste Hausnummer sich am dem Stadtzentrum nahe gelegenen Ende befinden. Ein Blick in Openstreetmap (#OSM) zeigt, dass die Nummern 1 und 65 wirklich an der Charlottenstraße liegen. An der Ecke Schadowstraße liegen die Hausnummern 31 und 32. Und hier beginnen die Probleme.

    Westliches Ende der Mittelstraße an der Schadowstraße

    Mittelstaße zwischen Friedrichstraße (östlich) und Neustädtischer Kirchstraße (westlich)


    Östliches Ende der Mittelstraße an der Charlottenstraße

    Die ganze Karte von 1914 gibt es hier:
    https://landkartenarchiv.de/vollbild_historischestadtplaene2.php?q=landkartenarchiv_berlin_fahr

    2024 - verschwunden Hausnummern 10 - 20, 32 - 40 und 54, 56 - 61


    Die Nummern 10 bis 20 befinden laut OSM sich angeblich auf Höhe des Eingangs zur Nummer 53, Haus Nummer 54 befindet sich angeblich ebenfalls dort, die 55 wirdvon OSM zutreffend dem Eckhaus Friedrichstraße bzw. der Gaststätte „Treffpunkt“ zugewiesen, und 56 bis 61 existieren offenbar ebensowenig wie die 156 (! einhundertsechsundfünfzig !), denn alle werden der Lage der nicht existierenden Hausnummer 54 zugeordnet.

    Ergo gibt es die Adressen Mittelstraße 1 - 9, 21 - 31, 41 - 53 sowie 62 - 62. Soweit OSM, das unvollständig sein mag, und wir noch das eine oder andere myteriöse Haus werden entlarven können. Besonder interessant wird der südliche Abschnitt zwischen Neustädtischer Kirchstraße und Schadowstraße, weil hier ein offenbar noch nicht vollständig kartierter Bau liegt. Mysteriös zeigt sich der Bereich Kreuzung Friedrichstraße. Hier sind wahrscheinlich Vorkriegsgrundstücke unter einzelnen Hausnummern zusammengefasst und neu bebaut worden. Da fehlen mit Sicherheit wirklich einige Hausnummern.

    Ich habe jedenfalls bereits Fahrgäste beinahe verpasst, dereren Taxi-Bestell-App dort angeblich gelegene tatsächlich jedoch inexistente Hausnummern übermittelt haben. Die völlig desorientierten Japaner mussten jedenfalls länger als nötig auf ihre Taxi warten.

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