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Agent d’ingérence étrangère : Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die haben Bärte. Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit.

  • Russland-Reise mit Hindernissen: Was ich bei einem Ausflug nach Kaliningrad erlebte
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/russland-reise-mit-hindernissen-ausflug-nach-kaliningrad-li.2191385

    7.3.2024 von Dirk Engelhardt - Das Reisebüro will „aus ethischen Gründen“ kein Ticket nach Russland verkaufen. Eine Reise nach Kaliningrad ist umständlich, aber lohnend. Ein Erfahrungsbericht.

    Meine letzte Reise nach Russland war vor 16 Jahren. Ich reiste mit einem Russland-Reisespezialisten eine Woche nach Sankt Petersburg. Auch damals war Russland für Deutsche schon ein relativ exotisches Reiseziel. Ich war während der berühmten „Weißen Nächte“ dort und hatte einige denkwürdige Episoden in der Stadt erlebt. Allerdings wurde die Reisereportage, die ich damals schrieb, nie gedruckt.

    Das neue Ziel: Kaliningrad, das ehemalige Königsberg. Von Berlin sind es rund 600 Kilometer bis dorthin. Statt mit dem Auto zu fahren, wollte ich entspannt mit der Bahn fahren. Doch meine Anfrage nach einer Fahrkarte bei der Bahnreiseagentur in Berlin, bei der ich sonst immer Fahrkarten ins Ausland kaufe, kam mit der Antwort: „Aus ethischen Gründen verkaufen wir keine Fahrkarten nach Russland“ zurück.

    Abgesehen davon gibt es keine Bahnverbindung mehr von Polen nach Kaliningrad, ich hätte von Danzig aus mit dem Bus fahren müssen. Meine Frage nach einer Fahrkarte nach Danzig wurde von der Agentur allerdings auch abschlägig beantwortet; Kunden wie mir wolle man gar keine Fahrkarten mehr verkaufen. Unterschrieben war die E-Mail mit dem Gruß „Slawa Ukrajini“. Nun denn, die Zeiten in Deutschland sind sehr „politisch“ geworden.
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    Reise nach Kaliningrad in Russland: Wo gibt es das Visum?

    Das russische Visum für 50 Euro erhielt ich per Internet innerhalb von zwei Tagen, die Hotelreservierung lief online problemlos. Ich fuhr also mit der Bahn nach Danzig, um dann dort eine Busfahrkarte für 40 Euro nach Kaliningrad zu kaufen. Die Strecke ist nur 165 Kilometer lang, dauerte aber fünf Stunden. Grund: die Passkontrolle am Grenzübergang. Pässe und Visa werden peinlich genau kontrolliert, und diese Prozedur nahm mehr als zwei Stunden in Anspruch.

    Ankunft in Kaliningrad dann gegen 23 Uhr abends, bei Schneetreiben. Kaliningrad ist eine moderne russische Stadt, und Taxis, die als Taxis erkennbar sind und die man einfach auf der Straße anhalten kann, gehören hier der Vergangenheit an. Jeder Kaliningrader hat diverse Apps für Fahrdienste auf seinem Handy.

    Zum Glück gab es einen russischen McDonald’s gegenüber dem Busbahnhof, und einer der Jungs, die dort Dienst hatten, bestellte mir mit seiner App ein „Taxi“. „Es wird ein weißer VW Polo sein“, sagte er zu mir, und nur wenige Augenblicke später hielt das beschriebene Fahrzeug direkt vor dem Burgerladen.

    Die zehnminütige Fahrt zum Hotel verlief problemlos, doch beim Bezahlen tauchte das nächste Problem auf: Meine Visa-Card, mit der ich sonst überall in der Welt bezahlen kann, wird in Russland nicht akzeptiert. Wegen der Sanktionen. Der Fahrer rechnete mir schnell den Fahrpreis in Euro um, es waren drei Euro aufgelaufen, und akzeptierte lächelnd die Bezahlung mit Bargeld in der fremden Währung – die Wechselstuben waren schon längst geschlossen.

    Bis vor gut 30 Jahren war Kaliningrad absolutes Sperrgebiet. Als die Stadt sich dann öffnete, wurde sie schnell zum Sehnsuchtsziel für deutsche Nostalgietouristen, die die Heimat ihrer Vorfahren bereisen wollten. Davon ist jetzt nichts mehr zu spüren.

    „Einen Prospekt auf Deutsch über Kaliningrad?“ Die junge Dame an der Touristeninformation sieht mich überrascht an und weiß erst mal gar nicht, was sie sagen soll. Alle Broschüren, die im Regal ausliegen, sind auf Russisch. Dann geht sie nach hinten, kramt in einer Schublade und findet tatsächlich noch einen alten Prospekt über Sehenswürdigkeiten in Kaliningrad, auf Deutsch.

    Der Reiseführer, den ich mir in Deutschland gekauft hatte, „Königsberg und Ostpreussen Nord“ – mit Insider Tipps von Marco Polo, stammt aus dem Jahr 1999. Hier wird man schon gewarnt, ja nicht zu viel von der Stadt zu erwarten: „Der Beschädigung Kaliningrads entkommt kein Zugereister, ist sie doch total. Von Königsberg ist weniger geblieben als von Pompeji, Krieg und Hass waren vernichtender als die Zerstörungen der Lava, die der Vesuv ausspie. Kaliningrad ist zubetoniert, hässlich und ohne erkennbares Zentrum.“ Das ist im Wesentlichen auch heute noch richtig, wenn es auch Verbesserungen gibt.

    Das alte Königsberg: Findet man Spuren der Deutschen?

    Stadtführer Sergej weist auf der Fahrt durch die Innenstadt, die entlang öder, ungepflegter Wohnblöcke führt, auf einige prächtige Mietshäuser hin, die wie renovierte Altbauten aussehen. Diese Häuser sind erst wenige Jahre alt, erfahren die Teilnehmer der Stadtrundfahrt, und wurden in einem Stil mit Ziegeln und Holzbalken errichtet, der die alte Architektur Königsbergs aufgreift.

    Der Stadtführer sagt bewusst „Königsberg“ und deutet kurz darauf auf ein Nummernschild eines Autos, unter dem Kennzeichen ist der deutsche Name „Königsberg“ zu lesen. In den letzten Jahren sei es in der Stadt immer öfter zu beobachten, dass die Menschen sich auf die deutsche Historie der Stadt zurückbesinnen, erfährt man. So heißt eine Bäckereikette jetzt „Königsbäcker“, auf Deutsch geschrieben.

    Nahe dem Hafen entstehen gerade zwei Vorzeigebauten: das neue, riesige Bolschoi-Theater Kaliningrad, das noch mitten in der Bauphase steckt, und die Tretjakowgalerie, praktisch fertig. Beides sind Ableger der Häuser aus Moskau, und sie waren der Grund des Besuchs von Wladimir Putin kürzlich in Kaliningrad.

    Sergej entrüstet sich mehrmals über die fast völlige Zerstörung der Stadt 1945. Die britischen Bomber hätten ja nicht nur Königsberg, sondern viele Dutzende weitere deutsche Städte fast dem Erdboden gleichgemacht. „Völlig unnötig“, entfährt es Sergej.

    Dann weist er auf äußerlich tadellos wirkende Mietwohnungsblöcke, die mit verschiedenen Elementen aufgelockert wurden. Das sind im Kern sehr einfache Wohnbauten aus der Breschnew-Ära. Sie wurden mithilfe eines Architekturwettbewerbs von außen völlig neu gestaltet. Und Besucher der Stadt, die sie noch von früher kennen, erkennen sie meist nicht wieder.

    Die Armut, von der der Marco-Polo-Reiseführer noch ausführlich berichtet, ist im heutigen Kaliningrad längst nicht mehr in diesem Ausmaß zu sehen. Das Lohnniveau liegt zwar wesentlich tiefer als in Westeuropa, doch dafür kostet ein Liter Benzin auch nur 56 Cent. Die Kaliningrader würden aber „über diese teuren Preise“ klagen, berichtet Sergej.

    Die frischen Lebensmittel, die Händler in der riesigen zentralen Markthalle präsentieren, sind selbst für verwöhnte Europäer ein Augenschmaus, und die Kaliningrader kaufen mit großen Taschen ein. Das Frühstück im Hotel unterscheidet sich stark von deutschen Hotelfrühstücksbüfetts: Dinge wie Brötchen, Butter und Marmelade fehlen.

    Dafür gibt es frisch zubereitete Salate und warme Gerichte in großer Anzahl, zum Beispiel gerollte Crêpes, gefüllt mit Speck und Käse, in Butter gebraten. Oder Quarkpfannkuchen mit frischen Früchten, Vollkornbrot mit Räucherfischpaste, Käse-Sahne-Kuchen mit frischen Erdbeeren, Nusspralinen, Piroggen mit Kartoffelfüllung, griechischen Salat mit Schafskäse, oder mediterrane Gemüse, mit Kräutern gebraten.

    Die Supermärkte, es gibt auch die Kette „Spar“, sind ähnlich gut gefüllt wie die deutschen Pendants. Allerdings darf man nicht alles zu jeder Zeit kaufen. Die Bierflasche, die ich beim Einkauf vormittags auf das Band lege, nimmt mir die Kassiererin kommentarlos weg. Alkohol vormittags zu kaufen, ist nach wie vor untersagt. Dafür sind die Öffnungszeiten kundenfreundlicher als in Deutschland: Die größte Kette, Victoria, öffnet täglich – auch sonntags – von 5 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts.

    Für die Rückfahrt organisierte mir das Hotel einen „Transfer“ nach Danzig. Er entpuppte sich als VW Jetta, gefahren von einer jungen Belarussin, die gut gelaunt über ihr Leben in Russland, Israel und Polen plauderte. Ihren Auftraggeber beschreibt sie als „Mafia“, der einen Teil der 50 Euro pro Fahrgast für die Vermittlung erhält. Doch die Annahme, dass die Grenzprozedur bei der Rückreise einfacher werde, entpuppte sich als falsch: Die polnischen Grenzbeamten standen in der Langsamkeit und Gründlichkeit ihren Kollegen aus Russland in nichts nach.

    #Russie #Tourisme