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  • Déraçiné/e/e
    https://www.berliner-zeitung.de/news/frau-in-wilmersdorf-erstochen-verdaechtiger-toetet-seine-mutter-und
    Il est évident qu’il faut faire quelque chose. Le nombre d’hommes et de femmes augmente qui ont quitté leur lieu de naissance sans trouver un nouveau chez soi à l’endroit où ils sont arrivés. Contre les tragédies il n’y a de meilleur moyen que l’esprit ouvert et acceuillant des personnes sur place. La politique et l’opinion publique favorisent le contraire. Il y a trop de victimes de cette attitude. Là trois Russes ont perdu la à Berlin vie parce qu’il et elles n’ont pas été entourés comme il nécessaire.

    Frau in Berlin-Wilmersdorf erstochen: Verdächtiger tötet Mutter und sich selbst

    4.6.2024 Christian Gehrke - Die Polizei Berlin hat den Verdächtigen in einem Tötungsdelikt tot aufgefunden. Zusammen mit seiner Mutter lag er leblos in einer Wohnung im Ernst-Bumm-Weg, unweit vom Schloss Charlottenburg

    Der Mann, der im Verdacht steht, am Dienstag vor einer Woche eine 43-jährige Frau in der Jenaer Straße in Berlin-Wilmersdorf getötet zu haben, ist ebenfalls tot. Nach Angaben der Polizei wurde der 46-Jährige am Montag leblos in der Wohnung seiner Mutter im Ernst-Bumm-Weg in Berlin-Charlottenburg gefunden. Auch für die 76-jährige Mutter kam jede Hilfe zu spät.

    Die Polizei geht davon aus, dass der 46-Jährige bereits vergangene Woche erst sie und danach sich selbst getötet hat. Beide Frauen und auch der Tatverdächtige haben nach Informationen der Berliner Zeitung russische Wurzeln und lebten schon länger in Deutschland.

    Der Tatverdacht gegen den 46-Jährigen habe sich im Lauf der Ermittlungen der Mordkommission bereits unter anderem aus Zeugenaussagen ergeben, teilte die Polizei mit. Ein Haftbefehl gegen den gebürtigen Moskauer war bereits erlassen worden und sollte am Montag vollstreckt werden.

    Laut Polizei soll der 46-Jährige die vor einer Woche getötete Frau vor mehreren Jahren im Zusammenhang mit seiner Arbeit als Fahrlehrer kennengelernt haben. In der Folgezeit sollen der Fahrlehrer und die verheiratete Frau eine Liebesbeziehung eingegangen sein, die die 43-Jährige aber schließlich beendet hatte. Diese Trennung soll der nun Verstorbene aber nicht akzeptiert haben, weshalb er am 28. Mai auf offener Straße auf die Frau eingestochen und sie so tödlich verletzt haben soll.

    Nicht einmal eine Woche nach dem 28. Mai ereignete sich in der Gartenstraße in Berlin-Köpenick ein weiterer Femizid. Ein 34-jähriger Mann tötete am Montag seine Ex-Partnerin in der Wohnung, die beide noch gemeinsam hatten.

    #Berlin #Wilmersdorf #Jenaer_Straße #Charlottenburg #Ernst-Bumm-Weg #suicide #meutre

  • Uber in Berlin: Ein Drittel der Fahrer ohne Konzession – Senat greift durch
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/uber-in-berlin-ein-drittel-der-fahrer-ohne-konzession-senat-greift-

    3.6.2024 von Andreas Kopietz - Rund ein Drittel der Fahrer war ohne Konzession unterwegs. Einige Unternehmen, die Fahrten-Vermittlern ihre Dienste anboten, betreiben auch „Kokstaxis“ und gehören Clans.

    „Ich ruf mir mal ein Taxi“, hieß es früher. „Ich ruf mir mal ein Uber“, heißt es heute. Doch jeder Dritte, der bis vor kurzem in so ein Auto stieg, leistete der Kriminalität Vorschub. Denn viele Fahrer hatten gar keine Erlaubnis, Fahrgäste zu transportieren.

    Ein Teil der Unternehmen und Subunternehmen, die für Plattformen wie Uber, Freenow, Bolt und Co. fahren, waren bis April illegal unterwegs. Gegen sie wird wegen Betrugs, Sozialbetrugs und Schwarzarbeit ermittelt; ihnen fehlt entweder die Konzession, Personen zu befördern, oder die Lizenzen sind gefälscht. Andere Unternehmen haben andere Firmensitze als in der Konzession angeben oder gar keinen.

    Die Plattformen selbst vermitteln lediglich die Fahrten mit sogenannten Mietwagenfirmen, denen die Autos gehören. Doch etwa 40 Autovermietungen in Berlin, die auf illegale Weise Fahrdienst- oder Mietwagenangebote offerieren, sind nach Auffassung der Berliner Polizei in der Hand von kriminellen Clans. Diese Firmen bieten ihre Dienste nicht nur Vermittlungsplattformen an, sondern auch zur Ausführung von Straftaten wie etwa „Kokstaxis“.

    „Das ist wirklich ein Sumpf, den wir da entdeckt haben“, sagte Verkehrsstaatssekretärin Britta Behrendt (CDU) am Montag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. „Es ist ein sehr ernstes Phänomen, wo sich unterschiedliche Kriminalitätsbereiche verbinden.“

    Behrendt zufolge war rund ein Drittel der Fahrer ohne Konzession unterwegs. Das habe man festgestellt, als die Plattformen die Bestandsdaten an das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo) übermittelt hätten. Bis zum 25. April habe die Verkehrsverwaltung den Plattformen eine Frist zur Sperrung der Unternehmen gesetzt, so Behrendt. Die Plattformen entfernten daraufhin knapp 1700 Mietautos aus ihrem Angebot. Dies bedeutet laut Behrendt, dass es jetzt 29,98 Prozent weniger Fahrdienst-Angebote gibt. Im vergangenen Jahr leitete das Labo 80 Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, weitere werden folgen.

    Das Labo, das die Konzessionen vergibt, hat mit den vier Vermittlungsplattformen vereinbart, dass jedes Fahrzeug, das vermittelt werden soll, von der Behörde überprüft und zugelassen werden muss. „Diese Zahlen gehen jetzt zurück, weil die Bestandsüberprüfungen Wirkung zeigen“, sagt die Labo-Direktorin Kirsten Dreher. Nach ihren Worten liegt der Bestand jetzt bei 217 Unternehmen mit insgesamt 1661 Fahrzeugen. Eine Ermittlungsgruppe überprüfe derzeit jedes Unternehmen. „Wir werden in diesem Jahr den Mietwagenverkehr komplett aufräumen“, verkündet die Direktorin.

    Arbeitsgruppe „Schattenwirtschaft“ soll Abhilfe schaffen

    Derzeit würden Tausende Datensätze überprüft, wofür externe Unterstützung eingekauft werde. Unter anderem soll mithilfe von KI in den Daten die Rückkehrpflicht nachgeprüft werden. Denn ein Uber-Fahrer etwa ist verpflichtet, nach jeder Fahrt an seinen Betriebssitz zurückzukehren, sofern er keinen Folgeauftrag hat. Allerdings hält sich kaum jemand an diese Regel.

    „Wir haben in Berlin ein ernsthaftes Problem. Wir haben es nicht mit irgendwelchen Kleinkriminellen zu tun, sondern mit einer Organisierten Kriminalität, mit mafiösen Strukturen, die weit in das Bundesgebiet, teilweise sogar bis nach Osteuropa reichen“, meint der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Tino Schopf. Ein Flickenteppich an Maßnahmen werde nicht ausreichen, um den Sumpf auszutrocknen. In der Vergangenheit sei im Labo bei der Antragsbearbeitung geschlampt und systematisch weggeschaut worden.

    Im April richtete der Berliner Senat eine behördenübergreifende Arbeitsgruppe „Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit im Taxi- und Mietwagengewerbe“ ein, an der unter anderem der Zoll, die IHK und die Bundesagentur für Arbeit teilnehmen. Unter anderem sollen steuerlich relevante Umsätze manipulationssicher erfasst werden, dafür soll für die in Berlin zugelassenen Mietwagen ein Wegstreckenzähler und eine Aufzeichnungspflicht vorgegeben werden.

    Mietwagenfirmen wandern ab nach Brandenburg

    Am 14. März hatte der Senat eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen, in der zum 1. April die Bestandsdaten der Unternehmen an das Labo übermittelt werden sollten. In diesem Zeitfenster schrieben die Plattformen die Unternehmen an, mit dem Hinweis, dass die Daten der konzessionierten Firmen an das Labo weitergegeben werden. Hunderte Vertragspartner der Plattformen, die ihr Einverständnis dafür nicht gaben, meldeten sich daraufhin ab. „Dieses Zeitfenster von zwei Wochen haben kriminelle Unternehmen genutzt, um durch die Hintertür zu entkommen“, kritisiert Schopf.

    Die Polizei kann nichts machen. „Für die Einleitung von Ermittlungen ist ein Anfangsverdacht erforderlich“, sagt der stellvertretende Leiter des Landeskriminalamtes, Stefan Redlich. „Es müssen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen für eine verfolgbare Straftat. Dies schützt den Einzelnen aufgrund von Vermutungen.“ Dass jemand unter veränderten Bedingungen seine Konzession nicht fortführen will, sei kein Grund, ein Verfahren einzuleiten.

    Der Berliner Senat beobachtet inzwischen, dass immer mehr Mietwagenfirmen ihren Sitz ins Berliner Umland verlegen. Den Brandenburger Behörden würden Informationen über widerrufene Konzessionen zur Verfügung gestellt, und auch über die abgelehnten Anträge, so Labo-Chefin Dreher. Der SPD-Abgeordnete Schopf dazu: „Die Kollegen in den Aufsichtsbehörden wissen noch gar nicht, was sie erwartet.“

    #Uber #LABO

  • Uber in Berlin: Ein Drittel der Fahrer ohne Konzession – Senat greift durch
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/uber-in-berlin-ein-drittel-der-fahrer-ohne-konzession-senat-greift-

    3.6.2024 von Andreas Kopietz - Rund ein Drittel der Fahrer war ohne Konzession unterwegs. Einige Unternehmen, die Fahrten-Vermittlern ihre Dienste anboten, betreiben auch „Kokstaxis“ und gehören Clans.

    „Ich ruf mir mal ein Taxi“, hieß es früher. „Ich ruf mir mal ein Uber“, heißt es heute. Doch jeder Dritte, der bis vor kurzem in so ein Auto stieg, leistete der Kriminalität Vorschub. Denn viele Fahrer hatten gar keine Erlaubnis, Fahrgäste zu transportieren.

    Ein Teil der Unternehmen und Subunternehmen, die für Plattformen wie Uber, Freenow, Bolt und Co. fahren, waren bis April illegal unterwegs. Gegen sie wird wegen Betrugs, Sozialbetrugs und Schwarzarbeit ermittelt; ihnen fehlt entweder die Konzession, Personen zu befördern, oder die Lizenzen sind gefälscht. Andere Unternehmen haben andere Firmensitze als in der Konzession angeben oder gar keinen.

    Die Plattformen selbst vermitteln lediglich die Fahrten mit sogenannten Mietwagenfirmen, denen die Autos gehören. Doch etwa 40 Autovermietungen in Berlin, die auf illegale Weise Fahrdienst- oder Mietwagenangebote offerieren, sind nach Auffassung der Berliner Polizei in der Hand von kriminellen Clans. Diese Firmen bieten ihre Dienste nicht nur Vermittlungsplattformen an, sondern auch zur Ausführung von Straftaten wie etwa „Kokstaxis“.

    „Das ist wirklich ein Sumpf, den wir da entdeckt haben“, sagte Verkehrsstaatssekretärin Britta Behrendt (CDU) am Montag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. „Es ist ein sehr ernstes Phänomen, wo sich unterschiedliche Kriminalitätsbereiche verbinden.“

    Behrendt zufolge war rund ein Drittel der Fahrer ohne Konzession unterwegs. Das habe man festgestellt, als die Plattformen die Bestandsdaten an das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo) übermittelt hätten. Bis zum 25. April habe die Verkehrsverwaltung den Plattformen eine Frist zur Sperrung der Unternehmen gesetzt, so Behrendt. Die Plattformen entfernten daraufhin knapp 1700 Mietautos aus ihrem Angebot. Dies bedeutet laut Behrendt, dass es jetzt 29,98 Prozent weniger Fahrdienst-Angebote gibt. Im vergangenen Jahr leitete das Labo 80 Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, weitere werden folgen.

    Das Labo, das die Konzessionen vergibt, hat mit den vier Vermittlungsplattformen vereinbart, dass jedes Fahrzeug, das vermittelt werden soll, von der Behörde überprüft und zugelassen werden muss. „Diese Zahlen gehen jetzt zurück, weil die Bestandsüberprüfungen Wirkung zeigen“, sagt die Labo-Direktorin Kirsten Dreher. Nach ihren Worten liegt der Bestand jetzt bei 217 Unternehmen mit insgesamt 1661 Fahrzeugen. Eine Ermittlungsgruppe überprüfe derzeit jedes Unternehmen. „Wir werden in diesem Jahr den Mietwagenverkehr komplett aufräumen“, verkündet die Direktorin.

    Landesamt überprüft Mietwagenbestand auf Uber und Co.

    Arbeitsgruppe „Schattenwirtschaft“ soll Abhilfe schaffen

    Derzeit würden Tausende Datensätze überprüft, wofür externe Unterstützung eingekauft werde. Unter anderem soll mithilfe von KI in den Daten die Rückkehrpflicht nachgeprüft werden. Denn ein Uber-Fahrer etwa ist verpflichtet, nach jeder Fahrt an seinen Betriebssitz zurückzukehren, sofern er keinen Folgeauftrag hat. Allerdings hält sich kaum jemand an diese Regel.

    „Wir haben in Berlin ein ernsthaftes Problem. Wir haben es nicht mit irgendwelchen Kleinkriminellen zu tun, sondern mit einer Organisierten Kriminalität, mit mafiösen Strukturen, die weit in das Bundesgebiet, teilweise sogar bis nach Osteuropa reichen“, meint der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Tino Schopf. Ein Flickenteppich an Maßnahmen werde nicht ausreichen, um den Sumpf auszutrocknen. In der Vergangenheit sei im Labo bei der Antragsbearbeitung geschlampt und systematisch weggeschaut worden.

    Im April richtete der Berliner Senat eine behördenübergreifende Arbeitsgruppe „Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit im Taxi- und Mietwagengewerbe“ ein, an der unter anderem der Zoll, die IHK und die Bundesagentur für Arbeit teilnehmen. Unter anderem sollen steuerlich relevante Umsätze manipulationssicher erfasst werden, dafür soll für die in Berlin zugelassenen Mietwagen ein Wegstreckenzähler und eine Aufzeichnungspflicht vorgegeben werden.
    Mietwagenfirmen wandern ab nach Brandenburg

    Am 14. März hatte der Senat eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen, in der zum 1. April die Bestandsdaten der Unternehmen an das Labo übermittelt werden sollten. In diesem Zeitfenster schrieben die Plattformen die Unternehmen an, mit dem Hinweis, dass die Daten der konzessionierten Firmen an das Labo weitergegeben werden. Hunderte Vertragspartner der Plattformen, die ihr Einverständnis dafür nicht gaben, meldeten sich daraufhin ab. „Dieses Zeitfenster von zwei Wochen haben kriminelle Unternehmen genutzt, um durch die Hintertür zu entkommen“, kritisiert Schopf.

    Die Polizei kann nichts machen. „Für die Einleitung von Ermittlungen ist ein Anfangsverdacht erforderlich“, sagt der stellvertretende Leiter des Landeskriminalamtes, Stefan Redlich. „Es müssen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen für eine verfolgbare Straftat. Dies schützt den Einzelnen aufgrund von Vermutungen.“ Dass jemand unter veränderten Bedingungen seine Konzession nicht fortführen will, sei kein Grund, ein Verfahren einzuleiten.

    Der Berliner Senat beobachtet inzwischen, dass immer mehr Mietwagenfirmen ihren Sitz ins Berliner Umland verlegen. Den Brandenburger Behörden würden Informationen über widerrufene Konzessionen zur Verfügung gestellt, und auch über die abgelehnten Anträge, so Labo-Chefin Dreher. Der SPD-Abgeordnete Schopf dazu: „Die Kollegen in den Aufsichtsbehörden wissen noch gar nicht, was sie erwartet.“

    #Berlin #Uber #LABO

  • Umfrage : Mehr als 60 Prozent der Deutschen gegen Israels Vorgehen in Gaza
    https://www.berliner-zeitung.de/news/umfrage-mehr-als-60-prozent-der-deutschen-gegen-israels-vorgehen-in

    La majorité des Allemands est contre la guerre menée par l’état d’Israël à Gaza. L’opinion publique a changé. Il ne faut pas prendre les gens pour des cons.

    4.6.2024 par dpa, AFP, BLZ - Einer Forsa-Umfrage zufolge hat sich das Meinungsbild der Menschen in Deutschland zum Krieg in Gaza in den letzten Monaten deutlich gewandelt.

    Eine Mehrheit von 61 Prozent der Deutschen ist laut einer aktuellen Umfrage inzwischen gegen Israels militärisches Vorgehen gegen die Hamas im Gazastreifen. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Forsa-Umfrage für den Stern hervor. Dabei wurden 1003 Menschen am 30. und 31. Mai telefonisch befragt, womit die Umfrage den Angaben zufolge repräsentativ ist.

    Im November noch waren bei einer Forsa-Umfrage für den Stern 62 Prozent der Befragten für das militärische Vorgehen und 31 Prozent dagegen. Damit hat sich das Meinungsbild in den vergangenen Monaten nahezu umgekehrt.

    Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 36.470 Menschen getötet.

    #Allemagne #Israël #guerre #Gaza

  • Comedy-Show in Berlin: Russlands Stefan Raab und die Sehnsucht nach der schönen unbeschwerten Zeit
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/comedy-show-in-berlin-russlands-stefan-raab-und-die-sehnsucht-nach-

    4.6.2024 von Nicolas Butylin - Zwei russische Star-Comedians treten im Rahmen ihrer Europatournee in Berlin auf. Bei vorherigen Shows kam es zu Protesten. Wir waren vor Ort am Potsdamer Platz.

    Wer von den Zuschauern im famosen Theater am Potsdamer Platz dachte, es werden hier zwei Stunden lang nur russische Witze über Deutschland gerissen, der irrte. Angesprochen auf sein Verhältnis zu Deutschland sagte der 90-jährige Wladimir Posner auf der Bühne: „Mein Vater sagte mir damals, 1949 in Ostberlin, dass Nazismus das eine gewesen sei – die große Geschichte der deutschen Literatur, der deutschen Poesie und der deutschen Wissenschaft aber was ganz anderes seien.“ Das habe Posners Vater nur wenige Jahre nach dem deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion gesagt; sein Deutschland-Bild haben diese Worte nachhaltig geprägt.

    Den stillen Moment im Saal unterbricht der fast 50 Jahre jüngere Iwan Urgant, eine Art „russischer Stefan Raab“, wie immer sehr gekonnt und fragt, wann Posner sich mal wieder im KaDeWe blicken lasse – einer dieser dekadenten „reiche Russen-Witze“, der für Gelächter unter den Zuschauern sorgt. „Die Reise von Posner und Urgant“, eine Show zweier erfolgreicher Moderatoren aus Russland machte am Montag auch in Berlin Halt. Und sorgte unter den Gästen für ein Wechselbad der Gefühle.

    Auftritt sorgte für Kontroversen

    Mal sprechen Urgant und Posner über den Krieg – also den Zweiten Weltkrieg –, dann lacht das Publikum über einen Seniorenwitz auf Kosten Posners. Später folgt eine Kontroverse, welcher Flughafen für Russen derzeit der beste sei, um im Zuge der Sanktionen nach Europa zu gelangen – am Ende entscheiden sich beide für Istanbul –, gefolgt von einer regen Diskussion welcher Wein schlimmer schmeckt: Der aus den Niederlanden, aus der Schweiz oder die Sorte aus Deutschland? Die beiden russischen TV-Stars trinken nämlich während ihrer Live-Shows immer eine Flasche Rotwein, die aus dem Land kommt, in dem sie gerade auftreten. In der vergangenen Woche waren Urgant und Posner in Zürich, davor in Amsterdam. Dort kam es übrigens zu regelrechten Protesten vor Beginn der Show.

    thread 1/x Vladimir Pozner and Ivan Urgant had a show in Amsterdam. Although the show was not about the war there was outrage in the Netherlands and among Ukrainians in the Netherlands because Pozner is known for his Russian propaganda. pic.twitter.com/mMM69fPA02 — Robert van der Noordaa (@g900ap) June 1, 2024

    So versammelten sich proukrainische Aktivisten vor dem Konzertsaal in der niederländischen Metropole und protestierten gegen den Auftritt der beiden Russen, die bis vor wenigen Jahren noch ihre eigenen Sendungen im russischen Staatsfernsehen hatten. „Schämt euch“ und „Russen, geht nach Hause“, hieß es von den Aktivisten in Amsterdam. Der Vorwurf: Posner und Urgant verbreiten russische Propaganda. Die englischsprachige Moscow Times berichtete darüber.

    Der Auftritt der beiden russischen Entertainment-Schwergewichte sorgt in unserem Nachbarland sogar für politische Schlagzeilen. Niederländische Abgeordnete fordern nun eine Stellungnahme des Außenministeriums in Den Haag. Die Show untergrabe „europäische Ambitionen im Kampf gegen die Verbreitung russischer Propaganda“, so die Kritik.

    Urgant – Pionier der amerikanischen Late-Night-Shows in Russland

    In Berlin ist die Show weitaus weniger politisch aufgeladen. Am Montagabend steht keine Menschenseele vor dem Theater am Potsdamer Platz und wedelt mit der ukrainischen Fahne oder fordert ein Verbot der russischen Comedy-Show. Anja, eine Deutsch-Russin, die schon über eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung im Foyer steht, will einfach mal wieder lachen. „Auch wenn einige mir da widersprechen – ich glaube, es ist gerade jetzt die Zeit auch mal wieder russische Witze zu hören“, sagt sie bei einem Gläschen Sekt.

    Valeria und Sergej – aus Potsdam angereist – sind schon etliche Jahre große Urgant-Fans. „Er hat als Erstes die amerikanischen Late-Night-Shows ins russische Fernsehen gebracht“, sagt Sergej, der den aus Sankt Petersburg stammenden Urgant als eine Art Pionier der zeitgenössischen russischen Comedy bezeichnet. „In Russland waren seine Veranstaltungen immer ausverkauft, nach über 20 Jahren habe ich nun das Glück, ihn ausgerechnet in diesen Zeiten in Berlin zu sehen“, so Sergej.

    Ein Begriff, der oft an diesem grauen Junimontag fällt: „In diesen Zeiten“. Konkret geht es bei diesen drei Worten natürlich um die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Den blutigen Konflikt wollen die hier Anwesenden aber auch nicht beim Namen nennen. Der Elefant im Raum. Dabei ist das Wirken eines Iwan Urgants, einer der bis heute immer noch erfolgreichsten Komiker Russlands, keinesfalls eine klar einzuordnende Komponente „in diesen schweren Zeiten“.
    Ein unmöglicher Spagat für die russische Comedy-Szene?

    Jahrzehntelang war er das Aushängeschild der Comedy-Szene im geografisch größten Land der Erde. Auch ein Wladimir Putin, Urgant nannte ihn „unseren nackten König“, war vor den Witzen des russischen Komikers nie sicher. Doch seine Live-Gigs endeten abrupt. Die bis heute letzte Wetschernij Urgant-Show (zu Deutsch: Abendlicher Urgant) fand Mitte Februar 2022 statt. Wenige Tage später griffen russische Truppen über Land, Luft und Wasser die Ukraine an.

    Urgant postete damals auf Instagram – wie eine Handvoll russischer Sportler oder Künstler – ein schwarzes Quadrat: „Angst und Schmerz. Nein zum Krieg“, schrieb er dazu. Er selbst sagte damals, es sei nicht die Zeit von Späßchen und Witzen. Von der regen Moskauer und Petersburger Öffentlichkeit verschwand der Comedy-Star für einige Zeit. Wie bei so vielen liberalen und westlich-orientierten Russen, die jedoch nicht ihre Heimat verließen, wurde es ruhig um Urgant. Sein Wirken steht sinnbildlich für den Umgang mit dem Krieg: Verdrängen, Schweigen, sich nicht in Gefahr bringen. Urgant äußerte sich kaum noch – weder humoristisch noch politisch.

    „Wir haben Urgant so sehr vermisst, dass wir nicht anders konnten“, sagen zwei Frauen um die 50, die extra aus Dresden gekommen sind. Dabei ginge es nicht nur darum zu lachen, sondern sich in eine „schöne unbeschwerte Zeit“ fallen zu lassen. Ein Begriff fiel im gut besetzen Saal am Potsdamer Platz allerdings nicht ein Mal. Das Wort „Ukraine“.

    #Allemagne #Berlin #Marlene-Dietrich-Platz #Russie #télévision #humour

  • Ukraine-Krieg : Berlins Waffen nun gegen russische Ziele ? Reaktionen und Experten-Einordnung
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/berlin-und-washington-heben-waffen-beschraenkung-auf-neue-eskalatio

    Voilà la réponse de l’Allemagne aux dernières invitations de Poutine à commencer des négotiations d’un armistice. C’est effrayant.

    Nicolas Butylin - Berlin und Washington erlauben nun Kiew, mit westlichen Waffen, Ziele in Russland anzugreifen. Eine Kehrtwende. Wie fallen die Reaktionen aus? Und was sagen Experten?

    Die Regierungen in Berlin und Washington haben der ukrainischen Führung die Erlaubnis erteilt, mit westlichen Waffen Ziele innerhalb Russlands anzugreifen. Eine entscheidende Kehrtwende der Nato-Alliierten und ein großer diplomatischer Erfolg für Präsident Wolodymyr Selenskyj nach fast 830 Tagen Krieg. Wird diese Entscheidung den Charakter des Krieges in der Ukraine maßgeblich verändern?

    Bisher war es Kiew nicht gestattet, westrussische Militär-Ziele in Belgorod, Kursk oder Brjansk mit amerikanischen, deutschen oder französischen Waffen zu zerstören. Angriffe auf Ölraffinerien oder Munitionslager wurden bisher mit – weniger effektiven – ukrainischen Drohnen und Raketen durchgeführt. Der russischen Führung unter Präsident Wladimir Putin war die westliche Waffen-Einschränkung bewusst; deshalb werden die tagtäglichen Bombardements auf die ostukrainische Millionenstadt Charkiw auch stets vom russischen Territorium abgefeuert. Eine bis dato für Russland äußerst komfortable militärische Lage, hört man in Sicherheitskreisen. Hintergrund ist die Befürchtung, dass der Konflikt mit Russland weiter eskalieren und die Nato zur Kriegspartei werden könnte.

    Doch mit den Beschränkungen soll nun teilweise Schluss sein. „Gemeinsam sind wir der Überzeugung, dass die Ukraine das völkerrechtlich verbriefte Recht hat, sich gegen diese Angriffe zu wehren“, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag mit. Berlin hat bisher unter anderem die Panzerhaubitze 2000 sowie das Mars-II-System an die Ukraine geliefert, womit Kiew auch Ziele in Russland treffen könnte. Zudem kündigte das Auswärtige Amt am Freitag weitere weitreichende Waffenlieferungen an: „Wir müssen jetzt die Luftverteidigung der Ukraine weiter stärken. Deutschland liefert ein weiteres Patriotsystem und stellt nochmal 500 Millionen Euro bereit. Es muss aber noch mehr kommen, gemeinsam bleiben wir am Ball“, schreibt das Grün-geführte Außenministerium unter Annalena Baerbock.

    Allerdings werden die Ukraine und Selenskyj weiterhin mit Einschränkungen leben müssen: Westliche Waffen dürfen nämlich nur in angrenzenden russischen Regionen in der Nähe von Charkiw eingesetzt werden. An der Vorgabe, keine von den USA bereitgestellten ATACMS-Raketen für Offensivschläge auf Ziele innerhalb Russlands zu nutzen, habe sich nichts geändert, sagten Regierungsbeamte in Washington der Nachrichtenagentur AP. Die USA sind der mit Abstand wichtigste Waffenlieferant für Kiew – daher ist von besonderer Bedeutung, mit welchem Kurs Washington vorangeht. Die Neuausrichtung in westlichen Hauptstädten wird auch im politischen Berlin als Signal verstanden, noch intensiver als zuvor, in den russischen Angriffskrieg einzugreifen.
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    Militärexperte ordnet die Lage in der Ukraine ein

    Severin Pleyer, Militärexperte und Wissenschaftsoffizier an der Helmut-Schmidt-Universität zu Hamburg, ist allerdings überzeugt, dass der Krieg mit dem Aufheben der Waffenbeschränkungen wieder dynamischer wird. „Betrachten wir theoretische Modelle der strategischen Studien, ist das Risiko einer potenziellen Eskalation allemal da“, so Pleyer im Gespräch mit der Berliner Zeitung, „der geografische Umkreis der Kampfhandlungen wird dadurch nämlich erweitert“.

    Mit den von der Bundesregierung bisher gelieferten Waffensystemen werde die Ukraine laut Pleyer zwar russische Truppen und Stellungen hinter der Grenze treffen können – Angriffe auf die Hauptstadt Moskau stünden allerdings nicht unmittelbar bevor. „Dafür liefert Deutschland bisher auch nicht die dazu passenden Systeme – bei der Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers würde sich dieser Sachverhalt allerdings fundamental ändern“, sagt der Militärfachmann. Man müsse jedoch in den kommenden Tagen und Wochen abwarten, wie die Militärführung in der Ukraine mit der neuen Gemengelage nun umgehen werde. Angriffe auf Munitionslager, Ölraffinerien oder Landeplätze in Russland gab es schon. Wird es also vielleicht keine großen Veränderungen auf dem Schlachtfeld geben?

    Die Kehrtwende der Nato-Mitglieder verdeutlicht jedenfalls: Der Westen steht in Anbetracht der russischen Offensive auf die zweitgrößte ukrainische Stadt unter großem Druck. Aus Charkiw solle kein zweites Aleppo werden, hört man aus Sicherheitskreisen. Andererseits wollen Washington, Paris und London mit ihren Maßnahmen, dem Kreml zeigen, dass man sich vor neuen Eskalationsschritten nicht scheue.

    Ob das Aufheben der Waffenbeschränkung einen unmittelbaren ukrainischen Sieg zur Folge hat, bleibt fraglich. Sehr wohl sorgt aber die Meldung in Kiew für eine langersehnte Euphorie im zermürbenden Kampf gegen Russland. „Heute wird die Ukraine dank der Unterstützung unserer treuen Verbündeten stärker werden“, teilt Selenskyj auf X mit. Auch Präsidentensprecher Serhiy Nykyforow zeigte sich erfreut: „Es wird unsere Fähigkeiten erheblich stärken, russische Angriffe jenseits der Grenze zu verhindern“.

    Today, Ukraine will grow stronger as a result of the support of our principled and consistent allies, as well as new security agreements.

    Today I am in Stockholm for the third Ukraine-Northern Europe summit. Our top priorities are to ensure more air defense systems for Ukraine,…
    — Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) May 31, 2024

    Russland: Solche Aktionen könnten zu Atomkrieg führen

    Moskau reagiert erwartungsgemäß brüskiert auf die Meldungen, der Ukraine nun auch Angriffe in Russland zu gestatten. Der stellvertretende Sekretär des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, sagte, der Einsatz von Nato-Waffen auf russisches Territorium habe „schwerwiegende Folgen“. Der ehemalige Präsident postete auf seinem Telegram-Kanal, dass „solche Aktionen der Nato zu einem Atomkrieg führen könnten“.

    Militärexperte Pleyer geht davon aus, dass der Kreml als rhetorische Antwort zunehmend auf atomare Drohgebärden zurückgreifen wird. „Die Problematik ist: Je öfter man mit irgendwas droht, muss man es irgendwann auch mal konkret aufzeigen oder sogar einsetzen“ so Pleyer.

    Schon in der vergangenen Woche kündigte Russland neue taktische Nuklearübungen an – kurz nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron darüber sprach, Militärpersonal in die Ukraine zu entsenden. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte im Zusammenhang mit der Lieferung westlicher Kampfjets an die Ukraine, dass Moskau einen solchen Schritt als „bewusstes Signal im Nuklearbereich“ wahrnehme.

    #Russie #Ukraine #Allemagne #guerre #escalation

  • „Rote Linie überschritten“ : Israels Botschafter Ron Prosor stellt sich Studenten der Uni Potsdam
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/rote-linie-ueberschritten-israel-botschafter-ron-prosor-stellt-sich

    L’ambassadeur israëlien dit qu’il pleure quand il entend les nouvelles sur les victimes à Gaza. En même temps il revendique une amélioration de la relation allemande avec son pays. Quel bigot !

    29.5.2024 von Carola Tunk - Ron Prosor hält eine Rede an der Universität in Potsdam. Es dauert nicht lange, bis der Diplomat unterbrochen wird.

    Israels Botschafter Ron Prosor hat einen Vortrag an der Universität Potsdam gehalten. Daran anschließend fand eine Diskussion mit Studierenden und Gästen statt. Vor dem Gebäude Am Neuen Palais demonstrierten etwa 20 pro-palästinensisch Gesinnte gegen den Krieg in Gaza. Die Polizei war mit mehreren Mannschaftswagen vor Ort.

    Gleich zu Beginn seines Vortrags dankt der Botschafter seinem Publikum für den „Mut“ ihn anzuhören. Über Gaza und die Hamas sagt Prosor, dass sie, anstatt Geld in Schulen zu stecken, einen Terrorstaat erschaffen hätten. Im weiteren Verlauf seines Vortrags geht Prosor auf Kritiker ein, die Israel vorwerfen, absichtlich auf Zivilisten zu schießen. Dies sei eine „Lüge“, so der Diplomat.

    Als Prosor auf ein Krankenhaus eingeht, das zu Beginn des Krieges zerstört wurde, unterbricht ihn ein Mann aus dem Publikum. Lauthals schreit dieser auf Englisch in Richtung Bühne, bevor er von Sicherheitsmitarbeitern hinausgeführt wird.
    Israels Kriegsziele: Geiseln befreien, Hamas-Infrastruktur zerstören

    Prosor geht nach der Unterbrechung auf die Kriegsziele Israels ein. Neben der Befreiung der Geiseln stehe die Zerstörung der Infrastruktur der Hamas auf der Agenda. „Wir müssen die Schulbücher erneuern“, so der Botschafter.

    „Ich bin sehr, sehr stolz auf Israel“, fährt Prosor fort. Nach dem 7. Oktober seien alle jungen Menschen, die in der Armee waren, egal ob sie zu dem Zeitpunkt gerade verreist waren, zurück nach Israel gekommen, um ihr Land zu verteidigen.

    Zu Beginn der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion vergleicht der Botschafter die Deutschen mit den Israelis. Beide hätten „immer was zu meckern“ und sähen das Glas immer nur halb voll. Dabei könne Deutschland stolz darauf sein, was es nach der Wiedervereinigung geleistet habe.

    Prosor betont im weiteren Verlauf des Abends die Bedeutung des Jugendaustauschs zwischen den beiden Ländern. Dieser sei die „Brücke für die Zukunft“. Das Publikum scheint dem Botschafter, bis auf den einen Störer, insgesamt eher wohlgesonnen zu sein. So ertönt beispielsweise heftiger Applaus, als Prosor ironisch anmerkt, Deutschlands Abstimmungsverhalten in der UNO könne „verbessert“ werden. Israel hatte die deutsche Enthaltung bei der UN-Resolution zu Gaza scharf kritisiert. Der Botschafter ist aber auch voll des Lobes für Politiker wie Außenministerin Annalena Baerbock, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier oder Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.

    Was den kürzlich erfolgten Schusswechsel zwischen ägyptischen und israelischen Truppen betrifft, äußert sich der Botschafter nur sehr zurückhaltend. Beide Länder würden die Thematik „unter Dach und Fach“ bringen. Später kritisiert Prosor Ägypten dann doch noch deutlicher. In 44 Jahren sei kein einziger ägyptischer Staatspräsident in Israel auf Staatsbesuch gewesen. Was sei das für eine „Message“ an die Bevölkerung, fragt der Diplomat rhetorisch ins Publikum.

    Die Medien unterdessen klängen „wie ein Papagei“, wenn es um die Zweistaatenlösung gehe, kritisiert der Botschafter. Sein Land fordere einen jüdisch-demokratischen Staat, aber eben auch einen demokratischen, palästinensischen Staat. Er wolle, dass die Araber genau das auch sagten: „Zwei Staaten für zwei Völker.“

    Ron Prosor: „Wenn man diese Geschichten hört, dann weint man“

    Eine Studentin stellt eine verhältnismäßig kritische Frage zur Siedlungsbewegung. Sie will wissen, ob der Botschafter diese nicht als Provokation erachte. Der Botschafter entgegnet, Menschen seien innerhalb anerkannter Grenzen „abgeschlachtet“ worden. „Wenn man diese Geschichten hört, dann weint man“, so Prosor.

    Auf den Iran angesprochen, sagt der Botschafter, die Welt müsse verstehen, dass man nicht mit den Mullahs und Ayatollahs verhandeln könne. Zu den Dingen, die man in Israel dazugelernt habe, gehöre, dass die Palästinenser selbst entscheiden müssten, wer sie führen soll. Eine bestimmte Ideologie beobachte er allerdings schon auf deutschen Straßen. Konkret sei in Essen oder Hamburg auf Demonstrationen, bei denen der Wunsch nach einem Kalifat propagiert wurde, schon „eine rote Linie“ überschritten worden.

    Abschließend sagt der Botschafter mit Blick auf die Lage in Gaza: „Jeder, der ein Herz hat, muss für die Leute, die keine Hamas-Terroristen sind, Empathie haben.“ Man müsse aber auch erkennen, wie viele Leute aus der Bevölkerung Sympathien für die Hamas hegten. Für die Zukunft sieht Prosor die arabische Welt in der Verantwortung. „Dann kann man am Anfang nebeneinander leben und vielleicht in der Zukunft zusammenleben“, so der Botschafter.

    #Allemagne #Israël #Palestime #guerre #génocide

  • Elfjährige getötet : Zeugin spricht von erschütterndem Abschiedsbrief des Kindes
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-elfjaehrige-getoetet-zeugin-spricht-von-erschuetterndem-absc


    Les religions sont effrayantes. A Berlin-Köpenick une famille chrétienne tente de s’envoyer au ciel en s’entretuant avec des couteaux. Leur fille de onze ans invite sa meilleure copine chez elle prendre un dernier repas ensemble et lui adresse une lettre d’adieu. Ensuite elle meurt d’un coup de couteau dans le coeur. Deux des quatre membres de la famille survivent.

    29.5.2024 von Katrin Bischoff - Im Prozess um die Bluttat in Berlin-Köpenick mit zwei Toten zeichnet die Mutter der besten Freundin des getöteten Kindes ein verstörendes Bild von der Angeklagten.

    Der Brief, den Heidrun N. am 16. Oktober vorigen Jahres von ihrer Tochter Lena* gezeigt bekam, war das Erschütterndste, was sie je erlebt hatte. So beschreibt es die sichtlich um Worte ringende Frau am Mittwoch am Landgericht Berlin. Elisabeth, die beste Freundin von Lena, hatte den Abschiedsbrief verfasst. Ihre Tochter habe den Inhalt nicht verstanden, sagt die 57-jährige Zeugin. „Ich wusste sofort, was er bedeutet.“

    „Liebe Lena“, hatte die elfjährige Elisabeth, die alle nur Eli nannten, geschrieben. „Ich bin mit Mama in den Himmel gegangen. Wir fühlen uns hier nicht mehr sicher. Oben wird es gut sein. Es gibt dort viele Katzen und wir kriegen viele Geschenke. Bitte sei mir nicht böse, ich werde oben auf dich warten. Dann können wir für immer zusammen sein.“

    Heidrun N. ist Zeugin an diesem vierten Verhandlungstag im Prozess um den gewaltsamen Tod der elfjährigen Elisabeth und deren 68 Jahre alten Oma Christina L. Auf der Anklagebank sitzen Elis Mutter, die 42-jährige Dorothea L., und Werner L., der 71-jährige Großvater des getöteten Kindes.

    Dorothea L., eine blasse, schmale Frau mit rotblonden, schulterlangen Haaren, soll ihr Kind zwischen dem 13. und 14. Oktober vorigen Jahres in der gemeinsamen Wohnung in der Kinzerallee in Köpenick mit tiefen Schnitten an den Handgelenken und einem Stich ins Herz getötet und der Großmutter auf deren eigenen Wunsch hin die Pulsadern aufgeschnitten haben. Sie soll die Stellen, an denen sie ihren Verwandten Schnitte und Stiche versetzen wollte, mit Filzstift markiert haben. Tochter und Oma verbluteten. Dorothea L. muss sich vor Gericht wegen Totschlags verantworten.

    Dem Großvater des Mädchens wirft die Anklage Totschlag durch Unterlassung vor. Die Anklage geht von einer sogenannten Garantenpflicht aus. Er soll von den Tötungsabsichten gewusst und nichts unternommen haben.

    Die streng religiöse Familie hatte laut Staatsanwaltschaft bibeltreu und pietistisch gelebt, sich immer weiter zurückgezogen und abgeschottet. Sie habe sich wegen der gesellschaftlichen Entwicklung, der Politik und der Einwanderung zunehmend verängstigt gefühlt, so die Staatsanwaltschaft. In dieser Situation sei der Wunsch gereift, „sich diesen Sorgen dauerhaft zu entziehen“.

    Tante des Kindes verweigert die Aussage vor Gericht

    Auch die Angeklagten sollen versucht haben, sich das Leben zu nehmen. Sie überlebten schwer verletzt. Die Schwester von Dorothea L. hatte sie gefunden, nachdem sie ihre Eltern nicht mehr erreicht hatte. Vor Gericht machte die Schwester, Elisabeths Tante, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

    Dafür wird die Mutter der besten Freundin des getöteten Kindes ausführlich gehört. Heidrun N. fühlt sich nicht wohl im Zeugenstand und vermeidet den Blickkontakt mit den Angeklagten. Sie habe sich fest vorgenommen, diese Frau – damit meint sie Dorothea L. – nicht wiedersehen zu müssen, erklärt sie dem Gericht. Von der angeklagten Dorothea L. zeichnet sie ein verstörendes Bild. Eli sei ihrer Mutter hörig gewesen, sagt die Zeugin und spricht von einem ungesunden Verhältnis von Mutter und Tochter.

    „Wir haben versucht, Eli mit in unsere Unternehmungen einzubeziehen, weil ihre Mutter nicht viel mit ihr gemacht hat“, sagt Heidrun N. Sie erzählt von gemeinsamen Ausflügen, bei denen Elisabeth regelrecht aufgeblüht sei. Doch bei allem habe das Mädchen seine Mutter angerufen und um Erlaubnis gefragt, selbst wenn es nur eine Kugel Eis essen wollte. Heidrun N. spricht von Restriktionen, die erdrückend wirkten, von Überwachung und Kontrolle. „Als hätte Dorothea ihre Tochter nicht als eigenständige Person wahrgenommen“, erklärt die Zeugin.

    Elisabeth hat nach Angaben von Heidrun N. unter der unguten Umklammerung der Mutter gelitten. Das Kind sei von seiner Mutter auch zusammengestaucht worden, öfter sei es dabei zu sogenannten ernsthaften Gesprächen gekommen. Sie, die Elfjährige, werde nun langsam erwachsen, und sie solle vorsichtig sein, soll ihr Dorothea L. eingebläut haben. Elis Mutter habe ihrer Tochter die rotblonden Haare schwarz gefärbt, angeblich zum Schutz, berichtet die Zeugin.

    Vor Gericht sagt Heidrun N., Elisabeth habe nie davon erzählt, nicht mehr leben zu wollen. Sie habe auch nicht gewusst, dass die Familie L. religiös gewesen sei. Anzeichen für eine drohende Katastrophe habe sie erst nach dem Tod des Kindes erkannt: Wenige Tage vor der Tat sei Eli sehr komisch zu ihrer besten Freundin geworden. Barsch habe sie Lena gesagt: „Ruf nicht mehr an, am Wochenende mache ich etwas mit meiner Mutter.“
    Freundin zum Abschiedsessen eingeladen

    Am 7. Oktober hatte Dorothea L. ihre Tochter Elisabeth und die ein Jahr ältere Freundin Lena zum Essen eingeladen – weil es das letzte Mal sei, soll die Frau gesagt haben. „Nach meiner heutigen Deutung war es das Abschiedsessen“, sagt die Zeugin. Dann nahte der Geburtstag von Elisabeth. Und Dorothea L. forderte Lena auf, ihr Geschenk an die Freundin vorab zu übergeben, weil es in diesem Jahr keine Geburtstagsfeier geben werde.

    Am 17. Oktober vergangenen Jahres wäre Elisabeth L. zwölf Jahre alt geworden. An diesem Tag lag das Kind tot auf dem Obduktionstisch. Das Mädchen war vor der Tat weder gefesselt noch betäubt worden.

    *Name geändert

    Piétisme
    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Pi%C3%A9tisme

    Spenerstraße
    https://m.kauperts.de/Strassen/Spenerstrasse-10557-Berlin

    Kinzerallee
    https://m.kauperts.de/Strassen/Kinzerallee-12555-Berlin

    #Berlin #Köpenick #Kinzerallee #religion #famille #suicide_collectif #christianisme #piétisme

  • Miles, Tier und Co.: Das dreckige Geschäft mit Car- und Roller-Sharing in Berlin
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/miles-tier-und-co-das-dreckige-geschaeft-mit-car-und-roller-sharing


    Akkordarbeit und voller Körpereinsatz: Im Reinigungszentrum von Miles in Berlin werden Autos rund um die Uhr geputzt. Emmanuele Contini

    28.5.2024 von Sophie-Marie Schulz - Überall in Berlin stehen die kleinen Flitzer: immer einsatzbereit, immer sauber. Aber wer reinigt sie, wer lädt die Akkus auf? Ein Streifzug durch die Nacht.

    In Berlin teilt sich die Leute nicht nur Wohnungen oder Partner, auch Autos und E-Roller werden gemeinschaftlich genutzt. Ganz selbstverständlich sind in Berlin an jeder Straßenecke verschiedenste Fahrzeuge verschiedenster Größen und Formen zu finden, mietbar für ein paar Minuten oder auch für Stunden. Bei solchen auf Zeit erworbenen Fortbewegungsmittel werden bestimmte Dinge immer erwartet: Die Autos sollen blitzsauber sein und am E-Scooter sollen die Batterie bis zum Anschlag aufgeladen sein.

    Doch nur die wenigsten machen sich Gedanken darüber, wer wohl die unsichtbaren Helfer im Geschäft mit dem Car- und Roller-Sharing sind, wann und wie sie arbeiten. Zwei Mitarbeiter der beiden in Berlin gegründeten Unternehmen Tier- und Miles-Mobility haben von ihren Erfahrungen erzählt. Während das eine Unternehmen durch gute Arbeitsbedingungen überzeugt, kämpft Tier scheinbar nicht ohne Grund ums Überleben.

    E-Scooter oder Mietwagen?

    Wenn man abends oder nachts durch die Straßen von Berlin läuft, dann werden die unsichtbaren Mitarbeiter von Tier plötzlich sichtbar. Dann sieht man einen Sprinter voller E-Roller-Batterien. Junge Männer schleppen die sperrigen Roller in ein Fahrzeug und fahren davon.

    Der Wirbel um die neuartigen Fortbewegungsmittel war groß und der Druck unter den Mitbewerbern ebenfalls. Tier, Lime & Co. überboten sich mit Spottpreisen. Aber wie kann ein Unternehmen profitabel bleiben, wenn es dauerhaft Fahrten für 0,1 Cent anbietet? Dann bleibt oftmals nur eine Option: Die Mitarbeiter müssen indirekt dafür zahlen.

    Einerseits stieg die Zahl der Unfälle, auch die Kritik an den E-Rollern wurde immer lauter und dutzende Kleinfahrzeuge wurden aus der Spree gezogen, andererseits fingen Mitarbeiter an, über die dortigen Arbeitsbedingungen zu reden. Bis dahin hatte sich kaum jemand gefragt, wie und wann die Akkus der Rolle aufgeladen werden. Die Antwort ist simpel – abends, vor allem nachts. Schnell machte vor Jahren der Begriff des „Juicers“ die Runde.

    Es ist die Rede vom schnellen Geld: Die nächtlichen freischaffenden Ladehelfer tauschen die Akkus und können pro geladenem Roller bis zu 5 Euro verdienen. Doch schnell heißt es auch wieder, dass diese Rechnung so nicht stimmt. Fahrtkosten, Strom, Mehrwertsteuer und die Autoversicherung müssen vom Juicer selbst gezahlt werden, sodass in der Regel weniger als 2,50 Euro übrigbleiben. Aber stimmt das wirklich?

    Wer mit wachem Blick durch Berlin läuft, der hat die Chance, eine Antwort auf diese Fragen zu bekommen. Wir hatten Glück. Als wir Martin Steiner* in Mitte über den Weg laufen, ist es kurz nach 20 Uhr. Der Kofferraum seines Autos steht offen, denn Steiner muss sich beeilen. Als wir ihn ansprechen und fragen, ob er ein Juicer ist, schüttelt er mit dem Kopf: „Mit denen haben wir nichts zu tun.“

    Steiner arbeiten nicht für die Firma Lime, sondern für den aktuellen Marktführer Tier. Das 2018 von Lawrence Leuschner und zwei Freunden gegründete Berliner Unternehmen arbeitet mit anderen Begriffen. Derzeit ist das Unternehmen nach eigenen Angaben in mehr als 260 Städten und 22 Ländern in Europa und dem Mittleren Osten aktiv.


    Die elektronischen Roller werden nicht nur auf Fußwegen abgestellt, sondern landen auch in Flüssen und Seen. Marcus Brandt/dpa

    Wenn Steiner über seine Kollegen redet, dann spricht er von den sogenannten Tierpflegern, die kleinere oder größere Arbeiten an den Rollern vornehmen. Mal wird nur der Akku getauscht, mal wird nur eine Schraube oder andere Dinge ersetzt oder repariert. Er kennt sich gut aus. Drei Jahre war er direkt bei Tier angestellt, mittlerweile arbeitet er für ein Sub-Unternehmen, das im Auftrag von Tier die Akkus auswechselt.

    „Das Geschäft mit den E-Rollern ist ein dreckiges Geschäft“, sagt Steiner und blickt auf seine verschmutzten Hände. Damit ist aber nicht nur der Austausch der Akkus gemeint, denn diese Arbeit ist schnell getan.
    Ständig werden neue Investoren gesucht

    „Es hat sich in den letzten Jahren vieles verändert. Zum Glück müssen wir nur noch den Akku tauschen und nicht mehr den ganzen Roller einladen“, sagt er. Eine App leitet die Tierpfleger zu einem ladebedürftigen Roller, dort entfernen sie die Batterie und setzen eine neue ein. „Nach wenigen Sekunden ist alles vorbei“, sagt er.

    Dreckig sei das Geschäft aber bis heute, denn Steiner hat den Arbeitgeber nicht ohne Grund gewechselt. Früher, als er noch bei Tier direkt angestellt war, arbeitete er zehn Stunden am Stück. Entweder war er auf der Straße unterwegs oder im Lager. Doch nach und nach hat der Druck zugenommen, erzählt der Tierpfleger. „Das Unternehmen musste profitabel bleiben, hat unglaublich viele Mitarbeiter gekündigt und war ständig auf der Suche nach neuen Investoren“, sagt er.

    Tatsächlich wurde Tier zu Bestzeiten mit 1,7 Milliarden Euro Marktwert bewertet. Nach dem rasanten Aufstieg folgte eine Krise auf die andere, sodass das Unternehmen Ende vergangenen Jahres mehr als 400 Stellen streichen musste und mit dem Wettbewerber Dott fusionierte. Aktuell wird das Unternehmen nur noch mit 150 Millionen Euro bewertet. Ein enormer Verlust.

    „Man versucht, immer effizient zu arbeiten, aber die Chefetage hat einfach irgendwann den Überblick verloren“, sagt Steiner. Irgendwann fängt das Unternehmen an, Sub-Unternehmen zu beauftragen. In Verträgen wird genau festgelegt, wie viele Akkus pro Monat oder Jahr von dem Drittanbieter aufgeladen werden müssen. Tier ist an diesem Punkt raus. Das beauftragte Unternehmen muss sich um die Mitarbeiter kümmern, Autos mieten, Versicherungen und Steuern bezahlen. Ein guter Deal?
    „Das kann und wird von den falschen Leuten sehr schnell ausgenutzt“

    „Ich verdiene mittlerweile deutlich besser“, erzählt der ehemalige Tier-Mitarbeiter. Seine Arbeitsstunden haben sich reduziert, sein Gehalt aber nicht. Er sagt aber auch, dass nicht alle Sub-Unternehmen so gut bezahlen und faire Arbeitsbedingungen gewährleisten, wie sein Arbeitgeber. „Tier gibt die Verantwortung komplett ab, indem ein anderer den Auftrag erhält. Das kann und wird von den falschen Leuten sehr schnell ausgenutzt“, sagt er. Wer kein Deutsch spricht und sich nicht gut auskennt, der wird die vorgefundenen Arbeitsbedingungen für normal halten. Steiner sieht sich aktuell nach Alternativen und einem neuen Job um. Der Carsharing-Markt wäre eine Option, erzählt er.

    Das eigene Fahrzeug durch ein gemietetes zu ersetzen, ist keine neue Idee. Weltmarktführer Hertz gibt es in den USA seit 1918, Deutschlands Marktführer Sixt wurde sogar schon 1912 gegründet. Doch viele finden solche Anbieter zu teuer, die Anmietung nimmt auch viel Zeit in Anspruch: Die Buchung erfolgt über eine Website, der Schlüssel muss persönlich abgeholt und auf gleichem Wege zurückgegeben werden. Wieso so kompliziert, wenn es auch einfach geht?


    Tagsüber in der Uni und abends im Cleaning-Hub: Anna arbeitet seit über einem Jahr für Miles und studiert BWL. Emmanuele Contini

    Die Gründer des Unternehmens Miles, Alexander Eitner und Florian Haus, haben genau diese Lücke geschlossen. Sie setzten voll und ganz auf das sogenannte Freefloating-Modell: Sie verzichten auf feste Stationen, die Nutzer können die Autos ganz einfach über eine App mieten. Heute ist das Unternehmen Marktführer in Deutschland, hat mehr als 900.000 aktive Kunden und ist aktuell in elf deutschen und drei belgischen Städten vertreten.

    Aber auch hier steckt eine ganze Menge Logistik dahinter, die schnell übersehen wird. In diesem Fall sogar noch deutlich größer und umfangreicher als bei einem E-Roller. Bei dem kann lediglich die Batterie getauscht werden und es gibt keinen Innenraum. Da fällt bei einem Auto deutlich mehr Arbeit an. Im Reinigungszentrum von Miles in Neukölln arbeitet Werkstudentin Anna seit mehr als einem Jahr.
    Eine vollständige Innenreinigung dauert knapp 15 Minuten

    Von außen sieht das Gelände aus wie eine gewöhnliche Autowerkstatt. Aber sofort fällt auf, dass ausschließlich Fahrzeuge mit der Aufschrift Miles dicht nebeneinander stehen. Eine Gruppe von jungen Leuten steht am Eingang zum Cleaning-Bereich. Die letzte Zigarette wird geraucht, es ist 15 Uhr – Schichtwechsel. Anna ist gerade angekommen und macht sie für die Spätschicht bereit. Sie kommt aus Russland, studiert BWL und verdient sich bei Miles etwas dazu.

    „Wir sind hier alle eine große Familie“, sagt sie und läuft in den Innenbereich der Reinigungsabteilung. Auch hier steht ein Auto am anderen. „Hier werden die Autos hereingefahren und geparkt“, erklärt Anna. Anschließend schnappt sie sich ihren Staubsauger, einen Putzlappen und Reinigungsmaterial. Nur knapp 15 Minuten braucht sie für ein Auto. „Gerade haben wir wieder sehr viele Autos mit Tierhaaren, dann kann die Reinigung auch mal länger dauern“, sagt sie.


    Staubsauger, Putztuch und Allzweckreiniger: Nur knapp 15 Minuten braucht Anna für ein Fahrzeug. Emmanuele Contini

    Eigentlich ist die Mitnahme von Tieren nicht gestattet. Da aber die Übergabe des Mietautos nicht persönlich erfolgt und die Nutzer das Fahrzeug einfach irgendwo in Berlin parken können, wird daran kein Gedanke verschwendet. „Ich habe ja zum Glück keine Tierhaarallergie“, sagt Anna und lacht. Routiniert greift sie nach einem Reinigungsgerät für Fußmatten und zeigt, wie man diese am besten und schnellsten wieder sauber bekommt.

    „Und wenn ich hier mit allem fertig bin, dann wird das Auto in die Waschanlage gefahren“, sagt sie und zeigt in die nächste Halle, die direkt gegenüber ist. Auch dort wird rund um die Uhr gearbeitet. Denn im Gegensatz zum E-Roller-Business, das überwiegend in der Nacht stattfindet, arbeiten die Miles-Mitarbeiter in drei Schichten. Den ganzen Tag werden Autos abgeholt, gereinigt, getankt und wieder zurückgebracht.

    Der Arbeitsaufwand ist deutlich höher und es ist eine ausgefeilte Logistik nötig. Im Gegensatz zu Tier arbeitet Miles aber nicht mit Sub-Unternehmen zusammen und hat sich von Anfang an vollständig auf das Carsharing-Modell fokussiert. Das soll auch so bleiben, erzählt Nora Goette, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation von Miles in Berlin.

    Ähnlich wie der E-Roller-Markt ist auch das Geschäft mit Mietfahrzeugen hart umkämpft. Die Kundschaft klagt über Preissteigerungen. Trotzdem wollen die Unternehmen profitabel bleiben und sicherstellen, dass der Service nicht an Niveau verliert, ungünstig wäre auch wenn steigende Benzin- und Produktpreise auf Kosten der Mietarbeiter gehen.
    Arbeit, die nicht auf den ersten Blick zu sehen ist

    Denn neben Anna und ihrem Reinigungsteam sind da noch die Mitarbeiter im Call-Center, die Fahrer und viele mehr. Sie alle arbeiten im Verborgenen, müssen aber von den 0,87 Cent pro Kilometer bezahlt werden. Das vergessen viele ganz schnell, wenn sie in eines der Autos springen und es wenig später auch schon wieder verlassen.

    Anna und Martin macht es nichts aus, dass ihre Arbeit nicht auf den ersten Blick zu sehen ist. Beide machen ihren Job gern. „Trotzdem wäre es manchmal schön, wenn die Autos nicht ganz so schmutzig abgestellt werden“, sagt Anna. Mittlerweile ist es 16 Uhr. Anna wird noch bis kurz vor Mitternacht viele Autos saugen und die Seitenspiegel vom Staub der Blütenpollen befreien.

    *Name geändert.

    #Berlin #gigworking #Arbeit #Plattformökonomie #Startup #Mietwagen #Verkehr

  • Das Märkische Viertel feiert Geburtstag: Fil erinnert sich an seine Punk-Gang
    https://www.berliner-zeitung.de/panorama/das-maerkische-viertel-feiert-geburtstag-fil-erinnert-sich-an-seine

    27.5.2024 von Nicole Schulze

    Vor 60 Jahren, im August 1964, zogen die ersten Mieter ein, 1974 galt das XXL-Ensemble als fertiggestellt: Das Märkische Viertel in Reinickendorf feiert in diesem Jahr einen doppelt runden Geburtstag.

    Die insgesamt mehr als 17.000 Wohnungen in den Hochhäusern wurden ab 1963 errichtet. Mit einer Fläche von etwas mehr als drei Quadratkilometern war das MV die erste große Neubausiedlung West-Berlins und bietet heute mehr als 40.000 Menschen ein Zuhause.

    Märkisches Viertel: Millionen für den guten Ruf

    Von Prenzlauer Berg nach Weißensee: Der Komiker Philip „FIL“ Tägert weiß, was Glück mit Fanta, Hubba Bubba und Pokémon zu tun hat

    Es gibt dort eine Schwimmhalle mit einem richtig guten orientalischen Imbiss, eine coole Bowlinghalle, Open Air Skaterbahnen, eine Jugendkunstschule, viel Grün und Shoppingmöglichkeiten, aber auch eine Graphothek – sozusagen eine Bibliothek für Kunstwerke: Man kann sich Gemälde aus der Kunstsammlung des Bezirkes Reinickendorf ausleihen (siehe unten).

    Das Märkische Viertel ist an vielen Stellen besser als sein Ruf. Viele Berlinerinnen und Berliner rümpfen die Nase: Drogen, Kriminalität, anonyme Hochhausschluchten. Ganz unwahr ist das nicht. Deutschlandweit bekannt wurde das MV durch den Sido-Song „Mein Block“ aus dem Jahr 2004.
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    Darin rappt der gebürtige Ost-Berliner Paul Würdig: „Hier krieg ich alles // Ich muss hier nicht mal weg // Hier hab ich Drogen, Freunde und Sex // Die Bullen können kommen, doch jeder weiß Bescheid // Aber keiner hat was gesehen, also könnt ihr wieder gehen.“ Eine der harmloseren Zeilen.

    Hochhäuser, viel Grün: Blick auf das Märkische Viertel

    Hochhäuser, viel Grün: Blick auf das Märkische ViertelSabine Gudath

    Eine ganz andere Welt, als Philip Tägert sie erlebt hat. Der 1966 geborene Bühnenkünstler, Comiczeichner (Didi & Stulle) und Buchautor ist als Fil bekannt, tritt unter anderem seit Jahren im Mehringhof-Theater in Kreuzberg auf (siehe unten). „Sido war ja nur zugezogen“, sagt Fil und meint das aber „nullinger abwertend“.
    Sidos Song kam bei den Alteingesessenen nicht gut an

    Standesdünkel oder die Unterscheidung zwischen hier geborenen Berlinern und Wahlheimat-Neulingen interessieren ihn nicht. Was er ausdrücken will, ist der Umstand, dass Sido nicht im Märkischen Viertel groß geworden ist, dass er nur einen Ausschnitt kennengelernt hat und dass das MV eben mehr ist als ein Haufen 16-Geschosser mit flackerndem Flurlicht und zwielichtigen Gestalten.

    „Meine Freunde fanden das gar nicht witzig, dass der sowas rappt“, erzählt Fil, der 14 Jahre älter ist als Sido. „Es wirkte, als sei das MV so irgendwie wie in Amerika, und das passte nicht dazu, wie unser Leben dort war.“

    Denn das, woran der Künstler sich besonders gut und gerne erinnert, ist der Zusammenhalt damals: „Man hatte viele Freunde, aus mehreren Freundeskreisen, und jeder kannte jeden, man konnte sich aufeinander verlassen. Und wenn es mal eine brenzlige Situation gab, hat man gesagt: ‚Ich bin ein Freund von Christiane‘ – und dann kam man davon. Damals hießen alle Mädchen Christiane.“
    Ghetto-Gang: Punker-Dasein im Märkischen Viertel

    Fils Eltern waren seinerzeit „bewusst ins Märkische Viertel gezogen. Zuvor haben wir in Tegel gelebt, wo ich auch geboren bin“, erinnert er sich. Groß geworden ist er im Wilhelmsruher Damm, im 2. Stock eines Gesobau-Hauses. „Die aus’m Senftenberger Ring waren der Adel. Die Häuser waren weiß, drumherum viel Grün. Für mich sah das aus wie ein Nobelhotel im Urlaub. Und ich dachte: So sieht die Stadt der Zukunft aus.“

    Der Wilhelmsruher Damm war in seiner Wahrnehmung nicht so schön und futuristisch: „Das war unser Ghetto. So haben wir das genannt“, erzählt der Künstler. „Ich war ja in einer Gang, und wir waren alle Punks. Wir hießen DCDP, kurz für: Der Club der Peinlichen, gemeint war das aber eher so fishing-for-compliments-mäßig.“

    Sechs Leute gehörten zu der Bande, wie Fil weiter erzählt: „Wir trugen graue Hosen, Stiefel, schwarze Lederjacken und wollten gefährlich wirken, obwohl wir das gar nicht waren.“ Ein Kumpel war ein Skinhead, „aber kein Nazi“, wie Fil betont. „Der hat immer aufs Maul gekriegt. Nazis gab’s bei uns nicht, mal abgesehen von den alten Hausmeistern, die noch von früher da waren …“

    Vorbild für Fils Club der Peinlichen waren die Ghetto Rats. „Die fand ich so super. Das waren die ersten Skater in Berlin, alles Punks, richtig sportlich und lustig.“ Anders als heute gab es in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern keine Skaterparks, man fuhr einfach irgendwo, wo eben Platz war.

    Gegenspieler der Punks waren die Biker; berüchtigt war seinerzeit eine Gruppe namens Phönix, wie Fil berichtet: „Die mochten uns nicht, und ich hatte auch echt Angst vor denen. Die saßen immer an der einen Treppe, und wenn ich da mit meinem Iro vorbeilief, hatte ich tierischen Schiss. Die waren nicht ungefährlich.“

    Man ging sich also so gut wie möglich aus dem Weg. „Meine Gang und ich, wir trafen uns immer ‚an der Ecke‘, so nannten wir die eine Bushaltestelle. Da saßen wir und hörten Ghettoblaster“, so Fil. „Kürzlich habe ich einen Mann getroffen, der mir erzählte, wir hätten sein Leben versaut, weil er direkt obendrüber gewohnt hat und es immer so laut war.“

    Punk in der DDR: Mit Schleimkeim gegen den Staat und mit der Axt gegen den Vater

    Mark Reeder: Der Soundtrack meiner Jugend in West-Berlin

    Man hört, dass ihm das ein bisschen unangenehm ist. Aber als junger Mensch denkt man über so etwas wie Lärmbelästigung und Nachtruhe nicht nach. Was nicht heißt, dass Fils Gang kein Unrechtsbewusstsein hatte. Im Gegenteil sogar, wie er sagt: „Irgendwann kamen die Punks aus Kreuzberg und Schöneberg zu uns. Die haben dann sowas gemacht, wie: sich einfach Bier von einer Party mitnehmen. Das fanden wir voll asi. Sowas macht man nicht.“

    Diese Punker seien „aus dem Westen gekommen, um sich vor dem Bund zu drücken und in Berlin neu zu erfinden. Die waren der Meinung, man könne sich so benehmen. Die fanden das cool. Für uns waren die nur arrogant. Das war voll affig. Bei uns gab’s Punks mit Schnurrbart und welche mit Glatze, aber so kalt und überheblich wie die war keiner von uns.“

    Mit 15 Jahren ist Fil mit seiner Familie aus dem MV weggezogen, nach Frohnau. Seit Ewigkeiten war er nicht mehr dort. Nach vielen Jahren in Prenzlauer Berg lebt er heute mit seiner Familie in Weißensee.

    Als das MV im Jahr 2013 offiziell 50. Geburtstag feiert, war er nochmal in seinem alten Kiez. „Und danach noch einmal mit meiner Frau, um es ihr zu zeigen, aber ansonsten … was soll ich da?“, fragt er. Von seinen früheren Freunden ist niemand mehr dort. „Die sind alle da weg. Und als ich zuletzt vor zehn Jahren da war, gab es keine Jugendgangs, sondern nur noch Rentner.“
    Was kann man im Märkischen Viertel sehen und erleben?

    Der Skaterpark am Senftenberger Ring, gelegen am nördlichen Ausgang der Shoppingmeile Märkische Zeile, wurde 2012 fertiggestellt und im Jahr darauf feierliche eingeweiht. Seither ist die 2000 Quadratmeter große, abwechslungsreich gestaltete Fläche (Kosten: 400.000 Euro) ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche, aber auch Anwohner bleiben gern stehen und gucken zu, wie die Skater ihre Tricks üben.

    Ähnlich laut, wild und spannend geht es in der Motawi Bowlinghalle mit den 18 Bahnen zu (Zerpenschleuser Ring 37). An jedem letzten Freitag eines Monats gibt’s Kinderdisco mit Schwarzlicht, Mitsingliedern und Bonbonregen. Und sonntags findet immer ein Bowling-Frühstück mit üppigem Büffet statt.

    Auch Schultüten-Parties und Senioren-Training stehen auf dem Plan. Vor der Tür gibt’s übrigens einen großen Parkplatz; Sie müssen nicht rumkurven und suchen!

    Berlin-Reinickendorf: Deutschlands erste Einsamkeitsbeauftragte seit Februar im Dienst

    Berlin-Reinickendorf: Ein Besuch bei den letzten Cowboys der Stadt

    Lust auf Kunst und Kultur? Im 1976 eröffneten Fontane-Haus (Königshorster Str. 6) befindet sich neben einer Musik- und der Volkshochschule auch die Stadtteilbibliothek sowie die Graphothek. Gegen ein, wie es heißt „geringes Entgelt“ kann man sich dort gerahmte Bilder bis zu einem Jahr ausleihen. „Die Anzahl der entleihbaren Bilder pro Person ist unbegrenzt“, steht auf der Website.

    Eine Jahreskarte kostet 25 Euro; damit sind die Kosten für bis zu drei Grafiken gedeckt. Nicht nur Privatpersonen, sondern auch Firmen, Kanzleien und Praxen dürfen sich Kunst für ihre Räume mieten.

    Mehr als 5000 Werke stehen zur Auswahl: „Schwerpunkte der Sammlung sind die Klassische Moderne mit Künstlern wie Marc Chagall, Salvador Dalí, Fernand Léger, Joan Miró oder Wassily Kandinsky und die zeitgenössische Kunst mit Werken von Elvira Bach, A.R. Penck, Peter Foeller, Heike Ruschmeyer, Klaus Fussmann, Horst Janssen und Gerhard Richter“, schreibt die Graphothek.

    Im Fontane-Haus gibt es ein Amerikanisches Restaurant im Saloon-Style. Dort werden auch Line Dance Kurse angeboten.

    Im Fontane-Haus gibt es ein Amerikanisches Restaurant im Saloon-Style. Dort werden auch Line Dance Kurse angeboten.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Das Stadtbad Märkisches Viertel ist auch im Sommer geöffnet. Es gibt 25-Meter-Bahnen mit Sprungtürmen (ein und drei Meter), aber auch ein 27 Grad warmes Nichtschwimmerbecken mit Rutsche. Die Schwimmhalle ist barrierefrei, hat aber keine Sauna.

    Direkt neben dem Eingang befindet sich das kleine Restaurant Orient Kitchen, wo die Bedienung nicht nur sehr freundlich, sondern auch ausgesprochen schnell ist. Ein Schawarma-Avocado-Sandwich kostet 7,50 Euro, ein veganer Falafel-Teller 10,50 Euro, eine frisch gebackene Waffel mit Apfelmus 3,50 Euro.

    Falls Sie sich für die Geschichte des Märkischen Viertels interessieren, sei Ihnen der 30-minütige Deutschlandfunk-Podcast „Astra Zarina - Die Architektin des Märkischen Viertels“ empfohlen. Oder mögen Sie sich das MV lieber live und in Farbe erschließen?

    Die Stadtführerin und Kunsthistorikerin Dr. Gerhild Komander bietet geführte Architektur-Touren an. Diese dauern rund zwei Stunden und kosten pro Gruppe (bis zu 20 Personen) 160 Euro. Startpunkt ist Fils alte Straße, der Wilhelmsruher Damm; Termine gibt’s nach Absprache.

    Fil auf der Bühne: Im Mehringhof-Theater (Gneisenaustr. 2a) zeigt Fil sein aktuelles Programm „Wege zum Glück und wieder zurück“. Termine: 30. und 31. Mai, 1. Juni sowie 6. bis 8. Juni, jeweils 20 Uhr. Es gibt noch Karten (ab 17 Euro, je nach Anbieter).

  • Neue Corona-Dokumente zur Impf-Kampagne : „Düsteres Bild“
    https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/neue-corona-dokumente-duesteres-bild-li.2218714

    Les dernières informations dans les protocoles et dossiers publiés après des procédures juridiques donnent l’impression suivante de la politique anti-covid allemande :

    – Il n’y avait pas d’informations de base fiables permettant d’estimer le nombre de morts et le progrès des infections.

    – L’industrie phamaceutique a reçu des commandes de vaccin sans tests d’efficacité et effets secondaires suffisants.

    – Suite à la livraison de quantités surdimensionnées de ces vaccins l’armée a été chargée d’écouler l’énorme quantité de doses de vaccin dans des centres construits et gérés par l’armée pour cette raison.

    – Bref, on a vacciné des millions et rendu malade des dizaines de milliers de personnes sans savoir si c’était nécessaire, sachant que l’immunité provoquée par les vaccins était insuffisante et sans savoir si on allait gagner la lutte contre l’épidémie ou si on allait rendre malade des gens pour rien.

    26.5.2024 von Michael Maier - Der Krisenstab von General Breuer hatte ein Problem: Es wurde viel Impfstoff gekauft – der musste unters Volk. Die Berliner Zeitung hat die Protokolle gelesen.

    Nach den Protokollen des Robert-Koch-Instituts (RKI) und jenen des „Expertenrats“ sind nun auch die Protokolle des unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingerichteten „Krisenstabs“ zugänglich. Der Frankfurter Allgemeinarzt Christian Haffner hat die Protokolle angefordert und mit beträchtlichen Schwärzungen erhalten.

    Die Leitung war dem erfahrenen Bundeswehr-General Carsten Breuer übertragen worden. Die Bundeswehr schrieb zur Ernennung Breuers im November 2021, dem General könne „durch seine Erfahrungen in der Corona-Amtshilfe und der Organisation der deutschlandweiten Impfstoffverteilung möglicherweise die Wende in der Pandemie gelingen“. Die Tagesschau schrieb: „Ein Generalmajor soll die schleppende Corona-Impfkampagne auf Trab bringen.“ Die Bundeswehr schrieb zur Qualifikation des Generals für den Job, dass unter anderem „die Beseitigung von Schneemassen in Bayern, die Bekämpfung des Borkenkäfers“ oder „die Eindämmung von Großwaldbränden“ unter die „Ägide von Breuers Kommando“ gefallen seien.

    Entsprechend arbeitete auch der Krisenstab. Die der Berliner Zeitung vorliegenden Protokolle vermitteln den Eindruck, dass Breuers Aufgabe nicht in der umfassenden Beratung und Maßnahmen-Abwägung für den Kanzler bestand. Sein Job war offensichtlich, den in gewaltigem Umfang vorab eingekauften Impfstoff unters Volk zu bringen. Der Krisenstab ging daher militärisch-systematisch an die Sache heran. So heißt es am 16. Dezember 2021: „(Geschwärzt) hat mehrfach betont, dass die Impfquote zu erhöhen ist. Delta-Welle und Omikron-Welle nur brechbar, wenn Booster-Impfungen gesteigert werden. Ziel 30 Mio. Impfdosen bis Ende des Jahres. Große Impfbereitschaft in der Bevölkerung.“ In späterer Folge verzichtet der Krisenstab auf die „Impfquote“ als Leistungskriterium und spricht stattdessen stets vom „Impftempo“. Am 4. Januar weist der Corona-Krisenstab ausdrücklich darauf hin, „dass Erstimpfung von mindestens 80 Prozent der Bevölkerung kein vordringliches Ziel der BReg ist“.

    Grundsätzliche Erörterungen über eine nuancierte Strategie fanden in dem Gremium nicht statt: Wie bei den Borkenkäfern und den Schneemassen verließen sich die Logistik-Planer auf „die Wissenschaft“ und arbeiteten ab, was qua RKI und Expertenrat als Lage definiert worden war. Im Bestreben, möglichst viele Dosen zu verimpfen, gab es zahlreiche Widersprüche. So wurde bald festgestellt, es bestehe die Gefahr, dass „die Impfgeschwindigkeit sinkt“: „Größtes Problem sind die Ungeimpften. Boosterung verlangsamt Virusausbreitung dennoch nur gering.“

    Als man später feststellte, dass die Ungeimpften nicht zu gewinnen waren, wurde mehrfach über eine vierte Impfung als Lösung diskutiert, um mehr Dosen verimpfen zu können. Am 3. Februar 2022 hieß es, es sei „ausreichend Impfstoff für eine vierte Impfung“ vorhanden. Das Bundesgesundheitsministerium wurde gefragt, ob es zur vierten Impfung Zahlen gebe. Die gab es nicht, die Truppe von Karl Lauterbach versprach, die Zahlen „für die Zukunft“ zu liefern. In den Protokollen tauchen die Zahlen nicht mehr auf. Stattdessen wurde überlegt, Impf-Stationen im Einzelhandel, in Einkaufszentren oder an Autobahnraststätten (für Fernfahrer) zu errichten. Die Impfkampagne wurde auch auf Ukrainisch und Russisch angeboten (für Geflüchtete), mit der Rentenversicherung gab es Gespräche, wie man die oft unwilligen Alten erreichen könnte.
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    Sorge bereitete dem Krisenstab schließlich der Trend, dass zahlreiche potenzielle Impflinge auf angepasste Impfstoffe für die neuen Varianten warten wollten. Am 17. Februar ist zu lesen: „BW (Baden-Württemberg, Anm. d. Red.) fragt zum Stand einer vierten Impfung als mögliches Mittel der Wahl. (Geschwärzt) trägt die Zurückhaltung des Gremiums vor. Corona-Krisenstab bittet BMG um Stellungnahme zu dem Gerücht, dass die Hersteller einen Omikron-angepassten Impfstoff nicht weiter verfolgen. Es ist noch nicht sicher, ob ein angepasster Impfstoff in die Produktion geht. (Geschwärzt) hebt die gute Wirkung der aktuell zugelassenen Impfstoffe hervor. Diese ist auch ein wichtiges Argument, sich jetzt impfen zu lassen und nicht auf einen angepassten Impfstoff zu warten. BMG erläutert die aktuelle Stiko-Empfehlung zur vierten Impfung für vulnerable Personengruppen und Beschäftigte im Gesundheitswesen.“

    Am 3. März 2022 stellt das Gremium fest: „Corona-Krisenstab berichtet, dass sich das Expertengremium aktuell damit befasst, den Blick auf künftige Infektionswellen zu schärfen und wie eine Intensivierung der Impfkampagne erreicht werden kann. Zum Thema Nachhaltigkeit fanden in dieser Woche Gespräche des Corona-Krisenstabs mit Angehörigen des Expertengremiums statt. Das Expertengremium habe in seiner letzten Sitzung ein düsteres Bild zum nachlassenden Infektionsschutz gezeichnet. Es wird ein zeitgerechtes Handeln erforderlich sein werden (sic).“

    Diese dramatische Mitteilung wurde in der heißen Phase der Debatte über eine Impfpflicht geäußert. Was der Krisenstab in dieser Phase zum Impfpflicht besprach, ist unbekannt, da wesentliche Passagen aus dieser Zeit umfänglich geschwärzt wurden. Die Abstimmung erfolgte schließlich im Bundestag am 7. April 2022, wo sich die Mehrheit der Abgeordneten gegen eine allgemeine Impfpflicht aussprach.

    Mit dem Scheitern der Impfpflicht scheint auch die Bedrohung durch Corona ihren Schrecken verloren zu haben. Der Krisenstab stellte am 4. Mai seine Tätigkeit offiziell ein, obwohl er noch kurz davor einen Anstieg der Infektionszahlen festgestellt hatte. Jemand (geschwärzt) dankte den Teilnehmern, die Lauterbach-Fraktion entließ General Breuer mit einem Ausblick in die Zukunft: „BMG betont die Bedeutung, den Impfschutz aufrecht zu erhalten und die Booster Lücke zuschließen. Es besteht die Hoffnung, dass zum Herbst ein adaptierter, um Impfstoff zur Verfügung steht. Es wird darauf hingewiesen, dass im Spätsommer möglicherweise die in den Stand-by-Modus befindliche Infrastruktur reaktiviert werden muss (sic), sollte eine weitere flächendeckende Impfung erforderlich sein.“

    Christian Haffner überlegt nun, ob er die geschwärzten Passagen – teilweise sind ganze Sitzungen geschwärzt, insbesondere im Vorfeld der geplanten Einführung einer Impfpflicht – freiklagen soll. Auch alle Hinweise auf Corona-Proteste sind geschwärzt; für deren Bewertung scheint unter anderem das Ministerium von Annalena Baerbock zuständig gewesen zu sein. So vermerkt der Vertreter des Auswärtigen Amtes (AA) am 1. Februar, dass im Ausland „heterogene Protestbewegungen“ beobachtet worden seien.

    Haffners Fazit über die vorliegenden Erkenntnisse aus den Protokollen: „Der Bund-Länder-Krisenstab beschäftigte sich vorwiegend mit zwei Themen, nämlich Minimierung der Fallzahlen und Maximierung der Impfquote. Da während seiner Amtsdauer, Dezember 2021 bis Mai 2022, keine ‚epidemische Notlage‘ mehr ausgerufen war, stand das zweite Ziel im Vordergrund. Diskutiert wurde über Impfangebote, Nudging und Impfpflichten. Die Verhandlungen waren nicht fachlich fundiert, sondern maßnahmenbezogen.“

  • Alternativen zum Spreewald : Insidertipps für Tagestouren und Wochenendtrips in Brandenburg
    https://www.berliner-zeitung.de/ratgeber/alternativen-zum-spreewald-insider-tipps-fuer-tagestouren-und-woche
    Quand la ville de Berlin devient insupportable il faut sortir à la campagne pour décompresser. Faites attention aux fachos du bled, mais si vous êtes blond et ne donnez pas l’impression de faire partie des pauvres il ne vous arrivera rien de dèsagréable. Les sacs à pognon sont le bienvenu partout.

    18.5.2024 von Nicole Schulze - Abseits von Touri-Hotspots findet man im Brandenburgischen Natur, Schönheit, Entspannung und Köstliches. Eine Expertin verrät, wo.

    Der Spreewald mit seinen Fließen und Kanutouren, den süßen Häuschen und hübschen Altstädten ist ein beliebtes Ausflugsziel. Von Berlin aus ist man mit dem Auto in spätestens anderthalb Stunden dort, auch die Bahnanbindung ist in Ordnung.

    Leider jedoch sind die Spreewald-Städte und Dörfer ziemlich überlaufen. Viele Pensionen, Hotels oder Apartment-Anbieter lehnen es – vor allem in der Hauptsaison – ab, Gäste nur für eine Nacht zu beherbergen. Es kommt sogar vor, dass man für eine derartige Anfrage ausgelacht wird.

    Aber zum Glück ist Brandenburg so reich an Natur, so groß und schön, dass man auch an den unbekannteren Orten ein angenehmes Wochenende verbringen kann. Samstagfrüh los, Sonntagnachmittag zurück – und dazwischen gibt es ganz viel Erholung und gute Laune.

    Die gebürtige Cottbuserin Jasmin Mühlebach kennt sich damit gut aus: Seit 2018 betreibt sie mit zwei Freunden die Website und den Instagram-Kanal Rediscoverbrandenburg (mehr als 8000 Follower). Über ihre Insidertipps haben sie gerade ein Buch veröffentlicht (siehe unten).
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    Wenn man wissen will, wo man nett übernachten und gut Kaffee trinken kann, welche Radrouten sich lohnen und wie man Naturerlebnisse mit Komfort verbindet, fragt man also am besten Jasmin Mühlbach. Her sind ihre drei besten Alternativen zum Spreewald.
    Buckow in der Märkischen Schweiz: Seele baumeln lassen

    Quasi vor den Toren Berlins erstreckt sich eine sanft hügelige Landschaft: Die Märkische Schweiz, östlich der Hauptstadt gelegen, ist ein Flecken schönster brandenburgischer Natur, den viele nicht kennen.

    „Seen und Bäche, Laubwälder, Schluchten und Täler, Sölle und Quellen, Moore und Fischteiche, Felder, Wiesen und Hecken – obwohl er der kleinste im Land ist, sind im Naturpark Märkische Schweiz fast alle Landschaftsformen der Mark Brandenburg aufzuspüren“, heißt es auf der Website des Naturparks.

    Nicht zuletzt deshalb ist Jasmin Mühlbach bekennender Fan der Märkischen Schweiz: „Von Müncheberg aus lohnt es sich, mit der dortigen Kleinbahn bis nach Buckow zu fahren. Es kann an den Wochenenden zwar ein bisschen voller sein, aber der ausgesprochen süße Stadtkern lohnt total.“

    Dort befindet sich auch ein Café im Wohnzimmer-Look mit dem schlichten Namen Lokal. Es gibt hausgemachte herzhafte und süße Leckereien, zudem regelmäßig kulturelle Veranstaltungen (u.a. Kneipen Quiz, Dartabend). Die Tagessuppe kostet 4,50 Euro, ein Chai Latte 2,80 Euro.

    Lokal, Königstraße 4 (Ecke Schulstraße), 15377 Buckow. Öffnungszeiten: Freitags von 14 bis 22 Uhr, samstags von 12 bis 19 Uhr, sonntags von 10 bis 18 Uhr.

    Von Berlin nach Müncheberg fährt im Prinzip stündlich ein Regio (RB 26); vom Hauptbahnhof aus braucht man eine Stunde. Die fünf Kilometer lange Strecke mit der Buckower Kleinbahn „macht echt Spaß“, sagt Jasmin Mühlbach. Hin und zurück kostet die Fahrt sieben Euro (hier finden Sie den Fahrplan).

    Angrenzend an Buckow (Märkisch-Oderland) finden Sie auch den 137 Hektar großen Schermützelsee – nicht zu verwechseln mit dem Scharmützelsee, der bei Bad Saarow (Oder-Spree) ist.

    Den weniger bekannten Schermützelsee kann man binnen zwei bis drei Stunden zu Fuß umrunden. „Das sind gut acht Kilometer wunderbarer Waldweg, ganz viel Schatten“, erzählt Jasmin Mühlbach.

    Zwischendurch kommt es vor, dass man über einen umgestürzten Baum steigen muss. Hier ist die Natur nicht aufgeräumt, sondern gewachsen – gute Voraussetzungen, um sich an ihr zu erfreuen und Handy und Hektik einmal zu vergessen. Lassen Sie sich auf die Entschleunigung ein! Mückenspray nicht vergessen …
    Liebste Fahrradtour: Fürstenberg und Lychen

    Wer durch Fürstenberg an der Havel fährt, sagt vermutlich: ‚Hier komm’ ich noch mal her!‘ – ein Gefühl, das auch Jasmin Mühlbach kennt. Die 5800-Einwohner-Stadt darf sich offiziell Wasserstadt nennen, hat aber sehr viele schöne Altbauten, einige DDR-mäßig runtergerockt, andere phänomenal saniert.

    Mit dem Auto braucht man bis nach Fürstenberg (Oberhavel) etwas mehr als eine Stunde; der Ort liegt direkt an der schönen B96. Mit der Bahn braucht man fast zwei Stunden. So oder so: „Am Fürstenberger Bahnhof kann man sich Fahrräder leihen und zu einer sehr reizvollen Tour nach Lychen, also in die Uckermark, starten.“

    Besonders am Wochenende sind die Züge Richtung Norden häufig voll, weshalb die Mitnahme eines Fahrrades nicht unbedingt ratsam ist. Direkt am Bahnhof befindet sich der Radverleih Gleisgazelle (13 Euro pro Tag; Reservierung online oder telefonisch).

    Kleiner Zwischendurch-Tipp: Sieben Gehminuten vom Bahnhof entfernt, ganz in der Nähe vom Marktplatz, befindet sich ein SUP- und Bootsverleih. Von dort aus können Sie über den sehr schönen Baalensee paddeln oder tuckern. Für eine Stunde Stand-up-Paddling zahlt man 15 Euro, jede weitere kostet 5 Euro.

    Aber zurück zur Radstrecke: Die circa 18 Kilometer lange Route führt auch vorbei an Himmelpfort, wohin Kinder in der Adventszeit ihre Wunschzettel für den Weihnachtsmann schicken, sowie am dortigen Moderfitzsee. „Da kann man auch baden“, weiß Jasmin Mühlbach.

    Nach etwa anderthalb Stunden kommt man in Lychen an, der alten Flößerstadt. Wer mag, kehrt in der Mühlenwirtschaft ein, stärkt sich und radelt zurück. Flammkuchen (acht verschiedene Sorten) gibt’s ab 12 Euro, mit Lachs 13 Euro; Wildschnitzel mit selbst geschnibbelten Bratkartoffeln kostet 21 Euro. Auf der Karte stehen auch Puffer mit Lachs (18 Euro), Spiegelei (13 Euro) oder Apfelmus (8 Euro). Alle Gerichte gibt es ebenfalls als Kinderteller.

    Mühlenwirtschaft und Kaffeemühle, Stabenstraße 2, 17279 Lychen. Öffnungszeiten: täglich von 13 bis 20 Uhr, montags geschlossen (Ausnahme: Pfingstmontag).

    „Alternativ kann man der Handwerksbäckerei Lychen einen Besuch abstatten, wo man dem jungen Bäckermeister Julien durch die großen Fensterscheiben beim Teig kneten und formen zusehen kann. Und sowohl das Brot als auch die süßen Teilchen sind unglaublich gut“, so die Brandenburg-Fachfrau.

    Handwerksbäckerei, Stargarder Straße 21, 17279 Lychen. Öffnungszeiten: Freitags, samstags und sonntags von 6 bis 15 Uhr.

    Sofern Sie Lust haben, können Sie in Lychen natürlich auch übernachten – und sogar im mobilen Office arbeiten. „In der Sommerfrische gibt es einen Co-Working-Space und drei Ferienwohnungen. Man hat Blick aufs Wasser, einfach richtig schön“, schwärmt die Influencerin.

    Im angrenzenden Oberpfuhlsee kann man auch baden. Allerdings: „Die Mindestbuchung beträgt bei uns zwei bzw. fünf Nächte“, steht auf der Sommerfrische-Website.

    Die Wohnungen tragen die Namen Wald, Wiese und Wasser, sind zwischen 26 und 73 Quadratmeter groß. Kosten je nach Saison und Wohnung: zwischen 70 und 140 Euro pro Nacht. Im Co-Working-Space zahlt man pro Tag 11,90 Euro (Schreibtisch, Internet, Kaffee inklusive).

    Sommerfrische, Stargarder Straße 6, 17279 Lychen
    Naturabenteuer mit einem Hauch Luxus: Glamping am Gräbendorfer See

    Wenn Sie nicht so wirklich auf Camping stehen, aber irgendwie doch damit liebäugeln, dürfte Glamping etwas für Sie sein. Das Kofferwort setzt sich zusammen aus Glamour und Camping.

    „Am Gräbendorfer See befindet sich so ein Spot“, weiß Jasmin Mühlbach. „Man übernachtet in geräumigen Tipi-Suiten, das sieht aus wie in einem kleinen Dorf. Es gibt eine voll eingerichtete Outdoorküche, eine Bar, Sandstrand und komfortable Sanitäranlagen. Auch für Familien ist das toll.“

    Am Ort kann man sich Fahrräder ausleihen oder auch einfach nichts tun, nur relaxen. „Vor den Zelten stehen Sitzsäcke auf der Terrasse, es hängen überall Lichterketten und Hängematten“, so die Brandenburg-Kennerin. Der Glamping-Platz befindet sich in Casel (Spree-Neiße).

    Zum Schlafen stehen richtige Betten bereit, inklusive Bettwäsche sowie Handtüchern, es gibt Strom, einen Kühlschrank, Regale, Ventilatoren und Kleiderständer. Eine Übernachtung kostet ab 79 Euro.

    Raus und gut, Am See 4, 03116 Drebkau/Casel
    Psssst: Hier ist der Spreewald noch nicht von Touris überlaufen

    Falls es Sie aber dennoch in den Spreewald zieht, hat Jasmin Mühlbach noch einen Geheimtipp auf Lager: „Straupitz ist sehr schön und nicht so voll wie die anderen Ortschaften im Spreewald!“

    Straupitz (Landkreis Dahme-Spree, LDS), ist eine 950-Seelen-Gemeinde am nördlichen Rand des Spreewaldes; bis Cottbus sind es 23 Kilometer, und Lübben ist nur 16 Kilometer entfernt. „Dort gibt es den Byhleguhrer See, der ganz naturbelassen ist und den man richtig schön umwandern kann“, schwärmt die Bloggerin.

    Der See ist auf natürliche Weise entstanden und liegt mitten im Naturschutzgebiet. Rundherum führt ein etwa sieben Kilometer Weg. „Die Strecke ist abwechslungsreich. Mal läuft man durch den Wald, dann an Feldern vorbei“, erzählt Jasmin Mühlbach. Straupitz selbst hat auch einen Kahnhafen. Fähr-Fans müssen also auch in diesem kleinen Ort nicht verzichten.

    Das Highlight ist aus Expertinnensicht aber das etwas versteckte, familiengeführte Café Mohnamour in einem alten Bahnhofsgebäude.

    „Die machen dort ganz frische Hefeplinsen mit Apfelmus, wirklich köstlich“, so Jasmin Mühlbach. „Bestellen sollte man aber unbedingt den Kuchenteller; das ist ein Angebot, bei dem man von jedem Kuchen ein kleines Probierstück bekommt. Das lohnt sich total.“

    Die Lausitzer Rundschau ist von Puppenstuben-Atmosphäre und dem „unglaublich saftigen Kuchen“ begeistert. Das Quittengelee sei himmlisch und das Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbar. Ein großer Milchkaffee kostet 2,50 Euro, ein kleiner 1,50 Euro; für ein üppiges Stück Kuchen zahlt man ab vier Euro.

    Café Mohnamour, Bahnhofstraße 18, 15913 Straupitz. Öffnungszeiten: donnerstags bis montags von 10 bis 18 Uhr.

    Jasmin Mühlbach, Loic Olmedo, Silvio Olmedo-Paasch: Ganz Wald draußen. Geheimtipps für Brandenburg, Ammian Verlag, 232 Seiten, 20 Euro.

    #Brandebourg #tourisme

  • Berlin-Halensee : Leiche in Altkleidercontainer gefunden
    https://www.berliner-zeitung.de/news/berlin-halensee-leiche-in-altkleidercontainer-gefunden-li.2216528

    Le premier article après le weekend de la pentecôte parlait d"un fait divers à Kreuzberg.
    https://seenthis.net/messages/1054599
    Là nous nous rendons dans le quartier bourgeois de Halensee.

    Ça s’est passé tout près du boulevard bourgeois #Kurfürstendamm. Un homme est retrouvé mort dans un containeur de collection de vêtements utilisés. Une fois tu es à l’intérieur tu n’en sors que lors ce que le camion de ramassage passe. On ne tombe pas dans un conteneur de ce type. Il faut se plier pour passer à l"intérieur. Peu importe sous quels circonstances la vie de l’homme a trouvé une triste fin, l’antagonisme social de Berlin Alexanderplatz est de retour. C’est les années vingt, il n’y a pas de doute.

    19.5.2024 von Eva Maria Braungart - In der Nacht zu Sonntag wurde die männliche Leiche entdeckt. Die Polizei ermittelt nun, ob es sich dabei um ein Verbrechen handelt.

    In Berlin-Halensee im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist in der Nacht zu Sonntag eine Leiche in einem Altkleider-Container gefunden worden. Wie die Polizei Berlin am Sonntag mitteilte, steckte der Körper zur Hälfte in dem Container. Wie die Polizei der Berliner Zeitung auf Anfrage bestätigte, befindet sich der Altkleider-Container auf einem Supermarktparkplatz in der Heilbronner Straße.

    Alarmierte Einsatzkräfte trafen gegen drei Uhr in der Nacht ein, konnten allerdings nur noch den Tod des Mannes feststellen. Bei dem Toten handelt es sich demnach um einen 45 Jahre alten Mann. Die Polizei ging zunächst von einem unglücklichen Unfall aus. Die Kriminalpolizei ermittelte und veranlasste eine Obduktion.

    #cartographie sociale : A Berlin on rencontre la misère partout.
    https://www.openstreetmap.org/directions?engine=fossgis_osrm_car&route=52.5012%2C13.2933%3B52.4966%2C13.4376#map=11/52.5204/13.3882


    Entre Halensee / Heilbronner Straße et #Kreuzberg / #Görlitzre_Park on traverse l’essentiel de #Berlin-Ouest.

    #Berlin #Halensee #Heilbronner_Straße #misère

  • Görlitzer Park : Mann überfallen und angeschossen – Verfolgungsjagd durch den Park
    https://www.berliner-zeitung.de/news/kreuzberg-goerlitzer-park-mann-ueberfallen-und-angeschossen-verfolg


    Der Görlitzer Park in Kreuzberg. Am Sonntagmorgen wurde dort ein Mann angeschossen.

    Voilà un fait divers de Kreuberg. Plus tard nous découvrirons qu’on ne vit et meurt pas mieux à Halensee.
    https://seenthis.net/messages/1054605

    A Berlin la guerre au quotidien est de retour. Dans le #Görlitzer_Park deux malfrats de 20 et 23 ans menacent avec un pistolet un homme de 32 ans et tirent sur lui. Pour les Berlinois commence une nouvelle étape d’escalation du crime. Désormais la possession et l’emploi des armes à feu n’est plus réservé à la pègre internationale. Les jeunes désespérés s’en servent aisément pour voler un téléphone portable. La paix relative est terminée. Cette fois la guerre est de retour.

    20.5.2024 BLZ - Zwei Männer bedrohen einen 32-Jährigen im Görlitzer Park mit einem Revolver, um sein Handy zu rauben. Die Situation eskaliert.

    Ein Mann ist am Sonntagmorgen bei einem Überfall im Görlitzer Park angeschossen worden. Wie die Polizei am Montag mitteilt, wurde der 32-Jährige gegen 8 Uhr von zwei Männern zunächst angesprochen. Dann sollen die zwei Tatverdächtigen einen Revolver gezückt und den 32-Jährigen aufgefordert haben, ihnen sein Handy zu geben.

    Als das mutmaßliche Opfer sich weigerte, soll einer der Unbekannten einen Schuss auf den Boden zwischen die Beine des 32-Jährigen abgegeben haben. Der 32-Jährige versuchte daraufhin zu flüchten, doch dann streifte ein weiterer Schuss seinen Oberschenkel – er ging zu Boden.

    Überfall im Görli: Zeugen nehmen die Verfolgung auf

    Zeugen, die gesehen hatten, was passiert war, folgten den Tatverdächtigen quer durch den Kreuzberger Park. Dabei soll einer der beiden die Waffe auch auf die Verfolger gerichtet haben, ohne sie jedoch einzusetzen. Den Zeugen gelang es, einen der Männer bis zum Eintreffen der alarmierten Polizei festzuhalten. Es handelte sich um einen 20-Jährigen, der festgenommen wurde.

    Durch weitere Zeugenhinweise konnte auch der zweite Tatverdächtige in der Nähe gefunden werden. Der 23-Jährige versteckte sich dort in einem Gebüsch. Auch bei ihm klickten die Handschellen, teilte die Polizei weiter mit. Hinter dem Gebüsch fanden die Einsatzkräfte auch eine scharfe Schusswaffe und stellten sie sicher.

    Der Überfallene kam zur Behandlung seiner Schussverletzung in ein Krankenhaus, wo er stationär aufgenommen wurde. Lebensgefahr besteht nach Polizeiangaben nicht. Die beiden Festgenommenen wurden der Kriminalpolizei überstellt. Nach den weiteren Ermittlungen wurden sie am Montag nach Entscheidung der Berliner Staatsanwaltschaft wieder auf freien Fuß gesetzt.

    #cartographie sociale : A Berlin on rencontre la misère partout.
    https://www.openstreetmap.org/directions?engine=fossgis_osrm_car&route=52.5012%2C13.2933%3B52.4966%2C13.4376#map=11/52.5204/13.3882


    Entre #Halensee / #Heilbronner_Straße et Kreuzberg / Görlitzer Park on traverse l’essentiel de #Berlin-Ouest.

    #Berlin #Kreuzberg #crime

  • Bär von Berlin: Wie das Wappentier im Titel der Berliner Zeitung bekämpft wurde
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/baer-von-berlin-wie-das-wappentier-im-titel-der-berliner-zeitung-be


    Berliner Original: 2008 lebten neben der 1979 im Berliner Zoo geborenen Bärin Petzi dort auch ihre Tochter Siddy (geb. 1991) und Bärenmann Bernie (gest. 2009). Petzi wurde berühmt, als sie 1983 ihrem Gehege entkam und durch den Zoo promenierte. Sie starb 2014 im hohen Bärenalter von 35 Jahren. imagebroker/imago

    21.5.2024 von Maritta Adam-Tkalec - Zum 79. Zeitungsgeburtstag: Der Berliner Bärenkrieg gegen „die berlinischste aller in Berlin erscheinenden Zeitungen“. Erinnerungen an eine Posse aus dem Kalten Krieg.

    Große Schnauze, dickes Fell, feines Gehör, guter Riecher. Mal wild, mal gemütlich – der Bär ist das Tier zur Stadt. Wäre er nicht seit 700 Jahren das Berliner Wappentier, man müsste ihn dazu machen.

    Berlin ohne Bär? Nicht vorstellbar. Die Stadt ist voller Bären: Buddy-Bären, Brunnen- und Brückenbären, Bären auf Polizeiuniformen, Briefköpfen, Dokumenten. Als Pandabären aus China in die Stadt kamen, war das eine Staatsaktion. Als Eisbär Knut aufwuchs, schmolzen die Berliner schneller dahin als das Eis der Arktis. In Zoo und Tierpark leben Malaienbären, Brillenbären, Schwarzbären. Die Berlinale verteilt goldene, silberne, bronzene …

    Aber ein Braunbär? Ein einziger? Sieben Jahre lang, 2016 folgende, lebte die Stadt ohne einen leibhaftigen Vertreter der einst heimischen Art. Die Stadt glaubte, ohne ihr Maskottchen auszukommen. Das konnte nicht gutgehen. Den letzten freien Bären Preußens traf übrigens 1741 eine Kugel – bei Stettin, das seinerzeit zu Brandenburg gehörte.

    Um 1280 war der Bär zum ersten Mal in einem Siegel der Stadt Berlin aufgetaucht. Von dem Historiker Werner Vogel, bis 1995 Direktor des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem, stammt die These, die selbstbewussten Bürger der aufblühenden Kommune Berlin hätten in ihrem Siegel den Stadtnamen symbolhaft ausdrücken wollen und dafür volksetymologisch die erste Silbe gewählt – die klang wie Bär. Ursprünglich leitet sich der Stadtname allerdings ab von slawisch Brlo: trockene Stelle im Sumpf.

    Wie der Bär von Berlin auszusehen habe, darüber herrschte durch die Jahrhunderte Streit – man zankt ja gerne um Symbole! Mal lief er auf allen Vieren, mal zu voller Größe aufgerichtet. Mal sah er eher aus wie ein borstiges Wildschwein, mal wie glatt gestriegelt. Als der Hohenzoller Friedrich II., genannt Eisenzahn, den Berliner Bürgern 1433 ein kurfürstliches Schloss vor die Nase setzte und ihre profitablen Privilegien beschnitt, verpasste er auch dem Wappenbären ein Halsband samt Kette – auf dass sich die meckernden, stolzen Berliner gut merken, wer fortan der Herr in der Stadt war.

    Es war ein großer Moment, als vier Jahre nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 schließlich auch der Bär, nunmehr Symbol der kaiserlichen Reichshauptstadt, von seiner Kette befreit wurde und zum Zeichen der zunehmenden bürgerlichen Macht eine fünftürmige Mauerkrone aufs Haupt bekam.


    Am 22. August 1945 erschien die letzte Ausgabe der Berliner Zeitung ohne das Bärensignet im Titel.B erliner Zeitung.


    Einen Tag später, am 23. August 1945, hatten die Berliner die neu gestaltete Ausgabe in der Hand: mit der prägnanten Schrift im Zeitungstitel und dem Bärenwappen. Die Artikel künden von der dramatischen Lage im Sommer 1945. Berliner Zeitung.

    In den Titel der Berliner Zeitung trat der Berliner Bär am 23. August 1945, drei Monate nach dem Ersterscheinen am 21. Mai 1945. Das war genau vor 79 Jahren. Einer der Redakteure der ersten Stunde, er zeichnete mit dem Kürzel H.E., erinnerte sich zehn Jahre später: „Als es 1945 darum ging, für die Berliner Zeitung einen Zeitungskopf zu entwerfen – zunächst halfen wir uns mit den großen Lettern einer zwischen Trümmern aufgefundenen Plakatschrift – war man sich darüber einig, dass im Zeitungskopf selbstverständlich auch der Berliner Bär, das Stadtwappen der deutschen Hauptstadt seinen Platz finden müsste.“

    Der Zeichner Gunter Lupinski setzte ihn in die Mitte des Titels, und dabei blieb es. Er wählte die Form mit der fünftürmigen Mauerkrone und dem aufrecht gehenden Bären mit ausgestreckten Pranken und herausgestreckter Zunge.

    Um irrigen Geschichtsumdeutungen vorzubeugen: Das war kein russischer Bär, den die sowjetische Besatzungsmacht in den Titel befohlen hätte. Vielmehr wollte die erste Generation der Redakteure – eilig zusammengerufene, aus dem Untergrund aufgetauchte Antifaschisten und erste Exilheimkehrer – nach eigenem Bekunden zeigen: „Wir machen die berlinischste aller Zeitungen.“ Mit Wappenbär und im Bewusstsein von Berliner Traditionen.

    Rudolf Herrnstadt, legendärer Chefredakteur der Berliner Zeitung, war seit 20. Juni 1945 in diesem Amt (und sollte es bis 1949 ausüben). An eben jenem Tag übergab die sowjetische Kommandantur die Zeitung in die Verantwortung des Berliner Magistrats. Herrnstadt war also maßgeblich an der Aufnahme des Bären in den Titel beteiligt – und am Einsatz der kräftig-markanten und zugleich eleganten Frakturschrift, die seit dem 23. August 1945 die Zeitung unverwechselbar macht.

    1948 brach dann der Berliner Bärenkrieg los. Was da los war, teilte das angegriffene Blatt am 21. Januar mit – unter der Überschrift „Haben die Sorgen?“ und in betont spöttischem Tonfall: West-Berliner-Blättchen seien wieder einmal veranlasst worden, ihre Leser mit dem „ungewöhnlich zeitgemäßen und erschütternden Problem des Bären“ im Kopf der Berliner Zeitung zu behelligen: „Ausgeruhte Köpfchen des Magistrats waren in der Tat einfältig genug, die offensichtlich arbeitslose Rechtsabteilung der Stadt mit der feierlichen Eröffnung eines Bärenkrieges zu beauftragen.“

    „Auf in den Bärenkrieg“

    Als erste Kampfhandlung habe ein Rechtsanwalt die Berliner Zeitung beauftragt, den Bären zu entfernen, andernfalls werde man vor Gericht ziehen. Ein Rechtsgrund für die Forderung liege nicht vor. Der Magistrat arbeite in aller Eile an einem neuen Wappengesetz, „das offenbar als ‚Lex Berliner Zeitung‘ den lächerlichen Forderungen wenigstens nachträglich eine juristische Begründung verschaffen“ sollte. Der kampfeslustige Schlusssatz lautet: „Auf in den frischfröhlichen Bärenkrieg!“

    So putzig das klingen mag, so ernst waren die politischen Hintergründe – global wie lokal: Der Kalte Krieg war just in den Monaten davor voll ausgebrochen. Am 12. März 1947 hatte US-Präsident Harry S. Truman die sogenannte Truman-Doktrin verkündet. Ihr Kern, die Zwei-Lager-Theorie, garantierte allen Staaten, die sich von der Sowjetunion bedroht fühlten, die militärische Unterstützung „im Kampf um die Freiheit“.

    In Berlin hatten freie Wahlen am 20. Oktober 1946 der SPD einen Sieg beschert. Im April 1947 wählte die Stadtverordnetenversammlung Ernst Reuter zum Oberbürgermeister: Die sowjetische Kommandantur legte ihr Veto ein, Reuter konnte sein Amt vorerst nicht antreten. Bis zum 7. Dezember 1948 war deshalb die Sozialdemokratin Louise Schroeder Oberbürgermeisterin von Berlin. In ihre Amtszeit fiel der Bärenkrieg.

    Er endete am 10. November 1948 und die Berliner Zeitung titelte „Der Bär bleibt“. Das Kammergericht, das als letzte Instanz über die Klage des Magistrats auf Entfernung des Bärenwappens zu entscheiden hatte, hob das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichts Zehlendorf (Der Bär soll weg) auf, wies die aus politischen Gründen und ohne Rechtsgrundlage geführte Klage des Magistrats ab. Die Kosten wurden dem Magistrat auferlegt – also dem Steuerzahler. Der Kommentator des siegreichen Blattes übermittelt den unterlegenen Klägern im Westen süffisant „herzliches Beileid“.


    Täglich erschien das „Bärchen“, eine Lokalglosse, ganz nah dran am Berliner Alltag. Mal brummte Bärchen, mal freute es sich. Hier (17. Dezember 1975) bekommt es Antwort nach einer Bärchen-Kritik am Service im Mitropa-Restaurant im Ostbahnhof. Berliner Zeitung

    Weil der Bärenkrieg den Redakteuren viel Spaß gemacht hatte, boten sie dem Petz vom Titel auch im redaktionellen Teil eine tragende Rolle: Von Dezember 1948 an erschien als tägliche Lokalglosse die „Bärchen-Ecke“. Da brummte Bärchen, wenn es etwas Ärgerliches zu berichten gab. Oder Bärchen freute sich, wenn es Löbliches sah. Bärchen wurde bald zur populärsten Rubrik im Ost-Berliner Zeitungswesen, es kamen Leserbriefe mit der Bitte „Bärchen brumm doch mal“ über dieses und jenes Ärgernis. Die gut gelaunte Kritik machte offenbar so manchem Amt Beine.

    Im Herbst 1949 entschloss sich der Berliner Verlag, den Berlinern zwei echte, lebende Wappentiere zu schenken: Jette und Nante zogen am 30. November in den seit 1945 verwaisten Bärenzwinger im Köllnischen Park, gleich neben dem Märkischen Museum. Sechs Jahre später wird berichtet: „Nante und Jette sind inzwischen dick und rund geworden und das lebende Beispiel dafür, dass es seither vorwärts und aufwärts geht.“ Zehntausend Menschen besuchten den Zwinger jedes Jahr, ein Verein feierte die Bärengeburtstage.

    Die letzte Stadtbärin, Schnute, starb 2015. Eine Nachfolge im Bärenzwinger durfte es aus Tierschutzgründen nicht geben. Das Interesse an dieser Art von Tierhaltung war ohnehin abgeflacht. Zudem bekommt man es seit ein paar Jahren ja wieder mit dem wilden Raubtier zu tun – und das kostet Sympathie: Als der sogenannte Problembär Bruno 2013 Bayern erschreckte, wurde er bald erschossen. Als 2023 Bärin Gaia in Norditalien einen Mann tötete, der durch ihr Revier gejoggt war, wurde sie gefangen genommen.


    Lucifer heißt einer der drei Braunbären-Brüder, die ein naturnah gestaltetes Gehege im Zoo Berlin bewohnen.

    Neu in der Stadt: Bärenbrüder im Zoo

    Seit Herbst 2023 bevölkern wieder drei Exemplare den Berliner Zoo: Die Bärenbrüder Lucifer, Lillebror und Momoa (jeweils vier Jahre alt) wurden aufgenommen, weil ihre Heimat, der schwedische Raubtierpark Orsa, schloss. Sie bekamen ein bäriges Gehege mit Felshöhlen, Totholz und einem Honigbaum. Braunbären leben übrigens die meiste Zeit vegetarisch. Tierpark- und Zoodirektor Andreas Knieriem freute sich und sagte: „Der Braunbär hat als Wahlzeichen der Stadt nicht nur einen Platz im Herzen der Berlinerinnen und Berliner, sondern nun auch wieder im Zoo Berlin ein Zuhause.“

    In der Berliner Zeitung hatte er immer einen Platz, zuletzt – in aller Bescheidenheit – als Stütze des Ganzen an der Basis der Titelseite. Und wer weiß, ob er nicht eines Tages zu neuer Größe wächst.

    #Berlin #Geschichte #Kalter_Krieg #SPD #Zehlendorf #Presse

  • #IranIsHappy
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/irans-praesident-ist-tot-staatstrauer-jubel-im-netz-und-feuerwerk-a
    Vraiment ?

    Die iranische Aktivistin Mariam Memarsadeghi ging in einem Post auf X auf den Vorwurf ein, das Jubeln über den Tod Raisis sei „pietätslos“, und schrieb: „Es ist keineswegs falsch, den Tod eines Massenmörders zu feiern – vor allem, wenn es keinen Rechtsweg gibt und die demokratische Welt keine Absicht gezeigt hat, ihn zu isolieren und zu bestrafen.“
    ...
    Raisi sei nicht nur einer der konservativsten Präsidenten, die der Iran je gehabt habe, sondern erlangte auch durch das brutale Justizsystem der Islamischen Republik Bekanntheit, wo der Präsident Mitglied der berüchtigten „Todeskammer“ war und Tausende von politischen Gefangenen hinrichten ließ. Nicht umsonst sei er auch unter dem Namen „Schlächter von Teheran“ bekannt, sagt Jonathan Harounoff

    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Guerre_des_Malouines

    Les expressions de joie rappellent le succès des tubes « Dingdong the witch is dead » pour Margaret Thatcher et « I don’t like mondays » pour le vice-roi des Indes Lord Mountbatten.


    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Liste_des_gouverneurs_g%C3%A9n%C3%A9raux_des_Indes

    The Master of War
    https://www.youtube.com/watch?v=KGFagK-LuQo

    #Iran #politique #accident #aviation#hélicoptère #Ebrahim_Raïssi #bourreau

  • Schimmel, Ratten, gefangen im Kredit: Bauträger in Berlin treibt Wohnungskäufer in Verzweiflung
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/schimmel-ratten-gefangen-im-kredit-bautraeger-in-berlin-treibt-wohn


    Lisa Hohneck schaute fünf Jahre lang durch ihr Fenster auf ein Baugerüst. Markus Wächter/Berliner Zeitung

    20.5.2024 von Niklas Liebetrau - Immobilienkäufer in Berlin stehen vor dem Ruin, weil sie einer Firma vertrauten, die Häuser nicht fertigstellt: Hedera Bauwert. Deren Chef ist in der Stadt kein Unbekannter.

    Manchmal, wenn ihr alles zu viel wird, stellt sich Lisa Hohneck vor, wie sich plötzlich ein Riss im Boden auftut und ihr Haus darin untergeht. Ihre Wohnung in Berlin-Friedrichshain, die sie sich vor sechs Jahren kaufte, würde dann verschwinden. Und mit ihr all der Ärger: die Feuchtigkeit, die durch die Schlafzimmerwände kriecht, die Obdachlosen, die in den Hausfluren und Kellerräumen hausen. All das wäre weg, und für einen Moment denkt sie, dann hätte sie endlich Ruhe.

    Dann fällt ihr ein, dass zwar die Wohnung weg wäre – nicht aber der Kredit. „Finanziell wäre das mein Ruin“, sagt sie.

    Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen. Lisa Hohneck, eine 33-jährige IT-Projektmanagerin aus der Nähe von Trier, hatte sich gleich nach dem Master und frisch im ersten Job entschieden, eine Eigentumswohnung in Berlin zu kaufen. Ihr bester Freund hatte ihr dazu geraten, auch er wollte in der Stadt, in der sie jetzt lebten, etwas erwerben. Besser einen Kredit abbezahlen, sagte er, als sein Leben lang zur Miete wohnen.

    Kurz darauf, im November 2017, entdeckten sie das Haus in der Weserstraße. Die Wohnung, für die sich Hohneck interessierte, lag im Hinterhof: 65 Quadratmeter im Erdgeschoss, drei Zimmer, Küche, Bad, 200.000 Euro. Ein Schnäppchen, auch damals schon. Die Maklerin sagte: „Mein Tipp, warten Sie nicht zu lange.“ Es gebe andere Interessenten, täglich Anfragen. Sie illustrierte, wie es in dem gelben Altbauhaus bald aussehen werde: gläserne Aufzüge, stählerne Balkone, ein begrünter Innenhof, eine neue Fassade.

    Mitte Dezember 2017 sagte Hohneck zu. Ihr bester Freund entschied sich für eine Wohnung im Vorderhaus. „Bis zum Kauf“, sagt Hohneck, „lief alles hervorragend.“


    Dort, wo in der Cranachstraße Anfang des Jahres ein Haus fertig sein sollte, sammelt sich Schrott.Markus Wächter/Berliner Zeitung


    Lisa Hohneck (r.) mit ihrer Schwester vor ihrer Eigentumswohnung. Seit fast sechs Jahren warten sie auf Fertigstellung. Markus Wächter/Berliner Zeitung


    Auf der Baustelle vor dem Haus in der Weserstraße sammelt sich Sperrmüll. Markus Wächter/Berliner Zeitung


    Beschmiertes Fenster in der Weserstraße.Markus Wächter/Berliner Zeitung


    Artem Rudenko vor einem offenen Spalt in seinem Treppenhaus in der Havelberger Straße. Markus Wächter/Berliner Zeitung


    Im Hausflur in der Havelberger Straße machen sich immer wieder Obdachlose breit, sagt Artem Rudenko. Markus Wächter/Berliner Zeitung


    Bauträger des Hauses in der Havelberger Straße: Hedera Bauwert. Markus Wächter/Berliner Zeitung


    Seit August 2021 steht ein Halteverbotsschild auf der Baustelle vor der Havelberger Straße. Markus Wächter/Berliner Zeitung


    Eine von mehreren Hausleichen in Berlin, das leerstehende Wohnobjekt in der Sickingenstraße sollte im vergangenen Sommer fertig sein. Markus Wächter/Berliner Zeitung


    Anspruch und Wirklichkeit gehen weit auseinander in der Sickingenstraße in Moabit.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Ein Unternehmer, der in Berlin kein Unbekannter ist

    Der Geschäftsführer des Bauträgers lud sie sogar zum Kennenlernen ein: Ioannis Moraitis, ein Unternehmer aus Hessen, der in Berlin seit einigen Jahren Altbauten kaufte, sanierte und in Eigentumswohnungen aufteilte. Hohneck erinnert sich an einen „typischen Geschäftsmann“. Selbstbewusst habe er gewirkt, davon überzeugt, erstklassige Bauprojekte zu realisieren. Sein modernes Büro in einem „wunderschön sanierten Altbau“ in der Nähe des Savignyplatzes machte Eindruck auf sie.

    Ioannis Moraitis ist in Berliner Immobilienkreisen kein Unbekannter. 2015 geriet er in die Schlagzeilen, weil er der Familie Caliskan in der Kreuzberger Wrangelstraße kündigen wollte, die im Erdgeschoss seit 28 Jahren den Gemüseladen „Bizim Bakkal“ führte. Auf die Kündigung folgten wochenlange Anwohnerproteste. Zeitungen, Radio- und Fernsehsender aus der ganzen Welt berichteten. Das Stadtmagazin Zitty zählte Moraitis zu den „bissigsten Haien im Becken“ der Berliner Immobilienbranche.

    Moraitis’ Unternehmen heißt Hedera Bauwert. Am goldenen Briefkasten der Hedera lässt sich ablesen, welch großes Firmengeflecht sie umgibt: Mehr als 80 GmbHs. Für Lisa Hohnecks Haus in der Weserstraße ist die hb 16. Wohnimmobilien GmbH verantwortlich. Doch auch Gewerbeflächen gehören zur Hedera. Ihr „Herkules Portfolio“ umfasst Büros und Einzelhandelsflächen in Dresden, Berlin, Rostock, Halle, Radebeul und Bernau, insgesamt über 100.000 Quadratmeter. Auf einer seiner Websites bezeichnet Moraitis sich als „Visionär und Geschäftsführer“. Auf der Seite der Hedera heißt es: „Zusammen zu bauen, heißt einander zu vertrauen.“

    Doch kann man auf Moraitis’ Unternehmen vertrauen? Die Berliner Zeitung hat Wohnungskäufer, Handwerker und Ingenieure gesprochen, die ihm vorwerfen, nicht nach den gängigen Regeln zu spielen, Rechnungen schuldig zu bleiben, vereinbarte Termine zu überziehen. Und sich möglicherweise sogar außerhalb des Rechts zu bewegen. Nach Informationen der Berliner Zeitung ermittelt das LKA Berlin gegen Moraitis: wegen des Verdachts auf Betrug.


    Lisa Hohneck macht sich Sorgen, dass das Haus, in dem sie ihre Wohnung kaufte, weiter Schaden nimmt.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Ausgefallene Heizung, aufgebrochene Türen, Feuchtigkeit in den Wänden

    Lisa Hohneck wusste all das nicht, als sie Moraitis traf. Sie wunderte sich zwar über den günstigen Preis der Wohnung, aber das Treffen mit ihm, sein schickes Büro, vertrieben ihre Zweifel. Außerdem arbeitete die Maklerin, die ihr die Wohnung gezeigt hatte, für Ziegert, eine renommierte Firma in Berlin. Ziegert betone stets, man arbeite nur mit geprüften Bauträgern zusammen, sagte die Maklerin. Und im Ziegert-Portfolio befanden sich mehrere Wohnhäuser von Hedera.

    Als Einzugstermin vereinbarten Hohneck und der Bauträger den 31. August 2018. Im Frühjahr wolle man noch die „staubintensivsten Sanierungsarbeiten“ am Haus in der Weserstraße erledigen, neue Fenster einsetzen, die Arbeiten in den Wohnungen abschließen, sagte man ihr. Dann werde auch die erste Rate abgerufen, etwa 30 Prozent des Kaufpreises.

    Doch es tat sich nichts. Es wurde nicht gebaut, nichts wurde abgerufen. Nicht im März, als Hohneck begann, immer wieder beim Haus vorbeizugehen. Nicht im Juli, einen Monat vor dem Übergabetermin. Ihr WG-Zimmer in Lichtenberg hatte sie da bereits gekündigt. Sie kontaktierte Hedera. Und merkte: „Die Kommunikation lief nicht.“ Sie erreichte selten jemanden, und wenn doch, wurde sie vertröstet. Der vereinbarte Einzugstermin verstrich.

    Bis heute ziehe sich diese Nichtkommunikation durch. Egal, ob die Heizung ausgefallen sei, ob Wasser entlang der Fassade laufe, weil keine richtigen Fallrohre installiert wurden, egal ob Feuchtigkeit in ihre Wohnung dringe, jemand die Haustür aufbreche oder die Müllabfuhr nicht komme, selten melde sich jemand zurück. Inzwischen, glaubt Hohneck, ist ihr Haus zum Geheimtipp für Obdachlose geworden. Weil man leicht einsteigen könne und die meisten Wohnungen auch heute noch leer stünden. Vor kurzem habe die Feuerwehr kommen müssen, sagt sie. Jemand hatte sich in einem Raum im Keller mit Matratzen eingerichtet und einen Standgrill angefeuert, um zu heizen.

    Ende Oktober 2018, die Arbeiten hatten immer noch nicht begonnen, bekam sie einen Schlüssel für ihre Wohnung. Über Monate hatte sie gedrängt, jeden zweiten Tag angerufen. Anders als ihr bester Freund hatte sie ihre Wohnung im Istzustand gekauft, ihm sollte sie renoviert übergeben werden. Der Freund wartet bis heute darauf.

    Hohe Zinsen dafür, das Geld nicht ausgeben zu können

    2019 wurde das Gebäude eingerüstet. „Das war der Hoffnungsschimmer“, sagt Honeck. Hedera rief die erste Rate ab. Doch abgesehen vom Gerüst passierte wieder lange wenig. In all der Zeit musste Hohneck Sonderzinsen an ihre Bank zahlen, weil der Kredit, den sie aufgenommen hatte, zwar bereitlag, aber nicht genutzt wurde – sogenannte Bereitstellungszinsen. Jeden Monat 500 Euro. Dafür, ihr Geld nicht ausgeben zu können. Erst im Sommer 2021 tauschte Hedera die Fenster aus. Als die Arbeiten wieder zum Erliegen kamen, reichte Hohneck Klage ein, zusammen mit elf weiteren Käufern, auf Fertigstellung. 2023 gewannen sie vor dem Landgericht. Hedera ging in Berufung. Das Verfahren läuft vor dem Kammergericht.

    Fünf Jahre lang war das ganze Gebäude eingerüstet, die Fenster in Hohnecks Wohnung mit Folie verklebt. Vor ein paar Wochen dann bauten Arbeiter das Gerüst ab. Weil Rechnungen nicht bezahlt worden seien, erfuhr Hohneck von ihnen. Die Arbeiten am Haus aber sind noch immer nicht abgeschlossen. Keine gläsernen Aufzüge, keine stählernen Balkone. Im betonierten Innenhof, der einmal begrünt werden sollte, stapelt sich der Müll. Bei starkem Regen fließt das Wasser zu langsam ab, im Hof bildet sich dann ein kleiner See.

    Vor ein paar Wochen hat sich Hohneck einen Feuchtigkeitsmesser gekauft. Sie hält das Gerät in ihrem Wohnzimmer an eine Außenwand. Von einer hundertprozentigen Feuchtigkeit würde man bei einem Wert von 140 sprechen. Der Wert auf dem Display landet bei 163. Feuchter als feucht.

    Es raubt ihr jeden Nerv. Nicht zu wissen, wie es mit dem Haus weitergeht, für das sie die größte Investition ihres Lebens getätigt hat. Der Kredit, den sie aufnahm, wird 33 Jahre laufen. Wenn sie ihn abbezahlt hat, steht sie kurz vor der Rente. Wenn sie je dazu kommt, ihn abzurufen. Hohnecks größte Angst: Dass die Schäden irgendwann so groß sein könnten, dass das ganze Haus nicht mehr zu retten ist.

    Wird eine Immobilie gebaut, wird der Kaufpreis aufgeteilt in Raten, je nach Baufortschritt. So steht es im Gesetz. Solange nicht hundert Prozent bezahlt wurden, geht das Eigentum nicht über. Hohneck hat bisher etwa 68.000 Euro gezahlt, 34 Prozent des Kaufpreises. Sie hat weitere Rechnungen erhalten, etwa für die Fertigstellung des Daches und des Estrichs, aber nicht bezahlt. Weil beides nicht fertiggestellt worden sei.


    Das Wohnobjekt in der Havelberger Straße in Moabit ist seit etlichen Jahren eingerüstet, seit zwei Jahren wurde nicht mehr gebaut.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Große Pleitewelle in der Baubranche

    Die Wohnung gehört ihr noch nicht. Den Vertrag rückabzuwickeln wäre juristisch schwer, das Risiko, das gezahlte Geld nicht zurückzubekommen, äußerst hoch. Sie steckt fest, kann weder vor noch zurück. Den jahrelangen Stillstand kann sie sich nicht erklären. Eine Möglichkeit könne sein, dass ihr Bauträger zahlungsunfähig sei. Vielen Projektentwicklern gehe es gerade so.

    Die Baubranche befindet sich in einer schwierigen Phase. Allein im ersten Quartal dieses Jahres ist die Zahl der Insolvenzen laut dem Institut für Wirtschaftsforschung Halle um 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Grund dafür sind die gestiegenen Bauzinsen und die hohen Preise für Material und Energie. Bauträger gehen bei ihren Projekten in Vorleistung, sie müssen kalkulieren, wie hoch ihre Kosten sein werden. Aber Ereignisse wie Kriege und Pandemien lassen sich nicht vorhersehen. Viele Baufirmen sind inzwischen hoch verschuldet und zahlungsunfähig. Bauvorhaben werden gestoppt.

    Berlin ist von der Pleitewelle besonders betroffen. Bauträgerfirmen betreuen meist mehrere Wohnobjekte. Geht eine dieser Firmen in die Insolvenz, drohen hunderte Wohnungen nicht fertiggestellt zu werden. Ausgerechnet in der Stadt der Wohnungsnot.

    Sind die Hedera Bauwert und die damit verbundenen Unternehmen Teil der Pleitewelle? Bisher wurde keine Insolvenz angemeldet. Und Ioannis Moraitis geht mit Medienanwälten gegen Behauptungen dieser Art vor.

    Ende Januar erhielt Hohneck zudem einen Brief eines Anwalts des Bauträgers. Er sei gebeten worden, eine Regelung zu treffen, bei der Hohneck und die anderen Erwerber künftig selbst „das Heft in die Hand nehmen“ sollten. Es gebe Gründe für die Verzögerung. Die Planungen der Architekten für das Dach seien mangelhaft gewesen, zudem würden sich einige Altmieter im Haus gegen Sanierungsmaßnahmen stellen. Insgesamt beliefen sich die Arbeiten, die noch zu erledigen seien, auf etwa 2,5 Millionen Euro. „Unsere Mandantin bietet an, dass die Erwerber die bisher nicht erbrachten Leistungen gegen entsprechende Kaufpreisreduzierung selbst beauftragen.“

    Hohneck antwortete, sie sei grundsätzlich zu einer Vereinbarung bereit. Der Anwalt meldete sich nicht wieder zurück.


    Marlena Wenisch will sich für Geschädigte von Bauträgern einsetzen und einen Verein gründen. Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Etliche Menschen in Berlin und Deutschland mit Moraitis in Konflikt

    Im vergangenen Jahr erfuhr Lisa Hohneck, wieviele Menschen in Berlin mit Moraitis und seinen Unternehmen in Konflikt stehen. Wieviele sich in einer ähnlichen Lage befinden wie sie. Hohneck hörte es ausgerechnet von der Maklerin, die ihr die Wohnung vermittelt hatte.

    Marlena Wenisch arbeitet heute nicht als Immobilienmaklerin. Sie macht eine Weiterbildung zur Immobilienökonomin. Die 35-Jährige ist selbst auf Moraitis reingefallen. Kurz nachdem sie vor sieben Jahren angefangen habe, für Ziegert zu arbeiten, erzählt sie, seien ihr viele seiner Objekte zugeteilt worden. In der Weserstraße verkaufte sie für Ziegert nicht nur an Lisa Hohneck, sondern auch noch drei weitere Wohnungen. Und in der Tellstraße, an der Grenze zwischen Kreuzberg und Neukölln, fand sie im Mai 2019 eine „kleine, süße Ein-Zimmer-Wohnung“ für sich selbst. Von der Hedera Bauwert.

    Bereits zwei Monate nach ihrem Kauf, sagt Wenisch, seien in der Tellstraße die Arbeiten ins Stocken geraten. Zwar seien neue Handwerker gekommen und hätten angefangen zu arbeiten, aber die seien offenbar nicht vollständig bezahlt worden und hörten wieder auf. Bis heute sei in ihrem Haus das Dach nicht fertig und sieben Wohnungen stünden leer, obwohl die meisten verkauft seien. Ein Käufer warte seit fast acht Jahren darauf, in seine Wohnung zu können.

    Durch Zufall kam Wenisch an die Nummer einer Frau, die in einem anderen Haus lebte, das von der Hedera betreut wurde, dort gab es ähnliche Probleme. Die beiden gründeten eine WhatsApp-Gruppe. In ganz Berlin hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits Käufer zu einzelnen Gruppen zusammengetan. Nur wussten sie nichts voneinander. Kurze Zeit später bemerkten Wenisch und ihre Mitstreiterin eine weitere WhatsApp-Gruppe: „Moraitis Albtraum“, gegründet bereits 2018 von einem Dachdeckermeister im Sauerland. In dieser Gruppe hatten sich Baufirmen, Handwerker und Ingenieure zusammengeschlossen, die berichteten, von Moraitis nicht bezahlt worden zu seien. Über diese Gruppe lernte sie Andreas Tesch kennen.

    Ende März sitzt Wenisch zusammen mit Tesch in dessen Wohnung am Tiergarten, nahe den S-Bahngleisen. Alle paar Minuten verdunkelt sich das Wohnzimmer, ein Zug rauscht vorbei. Tesch ist Bauingenieur, auch er hatte Probleme mit Moraitis, musste sein Honorar erst einklagen. Er und Wenisch haben aus der WhatsApp-Gruppe das „Starke Netzwerk 030“ gegründet, in dem etwa 70 Betroffene aus sechs Häusern in Berlin vertreten sind, sich treffen und Wege suchen, gegen Moraitis vorzugehen. Gerade sind sie dabei, einen Verein zu gründen, der sich für Geschädigte von Bauträgern einsetzt: Eigentun Jetzt.


    In
    In der Cranachstraße in Schöneberg sollten die Bauarbeiten im August 2022 beginnen.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Die Spur der unfertigen Häuser zieht sich durch ganz Berlin

    An diesem Nachmittag reden beide schnell und durcheinander, fallen sich ins Wort. Aufregung. Nach Jahren, in denen sie auf der Suche nach Öffentlichkeit kritische Google-Bewertungen über Moraitis schrieben und dafür von Medienanwälten abgemahnt wurden, hört ihnen endlich jemand zu. „Es ist davon auszugehen, dass hunderte Wohnungskäufer allein in Berlin betroffen sind“, sagt Marlena Wenisch. „Erwerber, die wie im Fegefeuer gefangen sind“, sagt Tesch. Anwaltskosten, Bereitstellungszinsen, endlose Stunden vergeudete Lebenszeit. „Nur weil einer sich nicht an die Regeln hält.“

    Tesch und Wenisch laden zu einer Tour durch Berlin ein. Sie wollen zeigen, wie groß das Ausmaß ist.

    In der Cranachstraße in Schöneberg sollten laut einer Vorankündigung im August 2022 die Arbeiten beginnen. An diesem Tag im März, mehr als anderthalb Jahre später, ist nicht mal eine Baugrube ausgehoben, Schrott sammelt sich auf dem Gelände, ein Hydraulikbagger steht herum. Laut der Website des Projekts sind bereits 66 Prozent der Wohnungen verkauft. In der Sickingenstraße in Moabit sind es sogar schon 100 Prozent. Das Haus, das im Juni 2023 fertig sein sollte, steht bis heute leer. So wie das Haus in der Saßnitzer Straße in Schmargendorf, das ebenfalls im vergangenen Jahr fertig sein sollte. 50 Prozent der Wohnungen sind hier bereits verkauft.

    Die Spur der leerstehenden und unfertigen Häuser, die der „verlässliche“ Unternehmer Moraitis hinter sich herzieht, führt durch die ganze Stadt: von Steglitz über Mitte und Neukölln bis nach Lichtenberg. Unvollendete Bauprojekte. Hausleichen, in denen kaum jemand wohnt.

    Warum lässt ein Bauträger reihenweise Wohnprojekte mitten in der Stadt stillstehen? Warum verkauft er Wohnungen, aber räumt den Käufern nicht das Eigentum ein? Ist er der unseriöse Unternehmer, für den ihn so viele halten – oder selbst ein Opfer der Baukrise?

    Die Berliner Zeitung hat Ioannis Moraitis einen Fragenkatalog geschickt und ihm angeboten, in einem persönlichen Gespräch seine Sicht auf die Dinge zu erklären. Auf die Anfrage meldete sich Anfang April eine bekannte Medienrechtskanzlei. Man wolle die Anfrage beantworten, weil „sich schon aus den Fragen herauslesen“ lasse, dass die Recherche „maßgeblich auf falschen Informationen“ beruhe. Eine Antwort auf die Fragen ist bis heute ausgeblieben.


    Artem Rudenko lebt mit seiner Familie als einer der wenigen in dem unfertigen Haus in der Havelberger Straße.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Schimmel, Ratten und seit Jahren keine freie Sicht

    Wie kann man Druck ausüben auf einen solchen Unternehmer? Diese Frage stellt sich Artem Rudenko, ein 36 Jahre alter Arzt, der eigentlich anders heißt. Ende 2020 kauften seine Lebensgefährtin und er eine Wohnung in der Havelberger Straße in Moabit für rund eine halbe Million Euro. Von der Hedera Bauwert. Als Fertigstellungstermin vereinbarten sie in ihrem Kaufvertrag den 31. August 2021. Bis heute ist das Haus komplett eingerüstet, es sieht aus wie eine verwaiste Baustelle.

    In den oberen Geschossen schimmelt es. Dort, wo eigentlich Türen für einen Fahrstuhl sein sollten, klaffen Spalten in der Hauswand, vor denen Plastikfolien flattern. „Im Winter ist das der Horror“, sagt Rudenko. Er macht sich Sorgen um die Sicherheit seiner Tochter. Auf seine E-Mails und Anrufe werde selten reagiert.

    Im vergangenen Sommer habe ein Aushang an der Tür gehangen, die Gasag kündigte an, das Haus nicht mehr mit Gas zu beliefern. Warum, erfuhr Rudenko nicht. Diesmal konnte er jemanden bei Hedera erreichen. Das Haus wird weiterhin beheizt. Kürzlich, so erzählt er, habe ihn seine Frau bei der Arbeit angerufen. Unter der Küchenzeile kratze es, sie hätten Ratten. „Ich will hier raus“, habe sie zu ihm gesagt, „ich kann nicht mehr.“ Aber aus dem Vertrag können sie nicht raus. Sie haben bereits mehrere hunderttausend Euro für die Kaufpreisraten und die eigene Sanierung der Wohnung bezahlt.

    Rudenko und weitere Käufer haben einen Insolvenzantrag gegen Hedera beim Amtsgericht Charlottenburg gestellt. Ihre Hoffnung ist, dass sie im Falle einer Insolvenz das Haus selbst fertigstellen können. Doch bislang hat sich nichts getan.

    Wie Lisa Hohneck haben auch Rudenko und Marlena Wenisch Briefe des Anwalts bekommen, der ihnen anbot, selbst „das Heft in die Hand“ zu nehmen. Der Wortlaut der Briefe unterscheidet sich nur in der Aufzählung der Gründe für die Bauverzögerungen. Ob der Bauträger versucht, die Objekte loszuwerden, oder nur Zeit gewinnen möchte, ist eine weitere Frage, die bisher unbeantwortet bleibt.

    Unter den Betroffenen kursieren derweil Medienberichte aus anderen Teilen Deutschlands. In der Goslarschen Zeitung wird über zwei Hotels geschrieben. Die denkmalgeschützten Häuser„Kaiserworth“ und „Brusttuch“ in der Altstadt stünden seit mehr als einem Jahr leer, Tagungen könnten nicht stattfinden, die Stadtgesellschaft sei besorgt. In Rostock, so schreibt die Ostseezeitung, würden zwei Einkaufszentren demnächst keine Fernwärme mehr geliefert bekommen, weil erneut Rechnungen nicht bezahlt worden seien. Eigentümer dieser Immobilien, so schreiben die Zeitungen: Ioannis Moraitis.

    #Berlin #Neukölln #Weserstraße #Moabit #Havelberger_Straße #Sickingenstraße #Schöneberg #Cranachstraße #Immobilien #Wohnen #Eigentumswohnung #Betrug #Insolvenz #Gentrifizierung

  • Ohne Krankenversicherung, wie Heinz Hoenig ? Die Clearingstelle der Stadtmission Berlin hilft
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/ohne-krankenversicherung-wie-heinz-hoenig-so-hilft-die-clearingstel


    Kurz vor 10 Uhr in der Zinzendorfstraße 18. Kurz darauf beginnt die Beratung für Menschen, die nicht krankenversichert sind. Die Termine sind stark nachgefragt.

    A Berlin tu peux crever par absence de soins quand tu n’as pas d’assurance. Il y a plusieurs groupes de personnes à qui on refuse systématiquement l’accès à la sécurité sociale et aux soins :

    – On refuse le retour dans l’assurance publique aux autoentrepreneurs en faillite qui sont tombés dans le piège de l’assurance privée. Il y a de nombreux artiste parmi eux.
    – Les travailleurs étrangers europeens que leurs employeurs n"inscrivent pas à la sécurité sociale afin de faire baisser le prix de la main d’oeuvre
    – les sans-papiers et demandeurs d’asile refusés
    – les victimes de la traite des êtres humains dont beaucoup de vietnamiens
    – les prostituées originaires de l’Europe de l’Est
    – les personnes trop malades ou handicapées pour gérer les procédures bureaucratiques de l’assurance maladie et d’impôts.

    Pour les exclus du système d’assurance semi-privé il n"y a à Berlin qu’un unique centre de conseil géré par la une mission religieuse.

    17.5.2024 von Ida Luise Krenzlin - Schauspieler Heinz Hoenig sammelt Geld, um seine Operationen zu zahlen. Er ist nicht krankenversichert. In Berlin teilen viele sein Schicksal.

    Die Räume sind hell und licht. Großzügig erstrecken sie sich über das gesamte Erdgeschoss eines großen Eckhauses. Früher war hier einmal eine Kneipe. Seit knapp drei Jahren betreibt die Berliner Stadtmission in den sanierten und ausgebauten Räumen in Berlin-Moabit eine Beratungsstelle für Menschen, die dringend Hilfe benötigen.

    Viele von ihnen sind krank, manche schwer krank, sie alle haben aber keine Krankenversicherung. Damit sind sie in ihrer Situation aufgeschmissen: Arztpraxen schicken sie weg. Ämter schieben sich die Zuständigkeiten zu. Viele haben Schulden, nicht nur wegen nicht bezahlter Arztrechnungen.

    Kurz vor 10 Uhr in der Zinzendorfstraße 18. Kurz darauf beginnt die Beratung für Menschen, die nicht krankenversichert sind. Die Termine sind stark nachgefragt.

    Kurz vor 10 Uhr in der Zinzendorfstraße 18. Kurz darauf beginnt die Beratung für Menschen, die nicht krankenversichert sind. Die Termine sind stark nachgefragt.Ida Luise Krenzlin/Berliner Zeitung

    Louise Zwirner leitet die Beratungsstelle. Ihr 20-köpfiges Team, viele arbeiten in Teilzeit, besteht aus Sozialberatern, medizinischen Fachleuten und Juristen. Oberstes Ziel ist, die unversicherten Menschen in das Regelsystem mit Krankenversicherung (zurück) zu vermitteln. Wenn das nicht möglich ist, kann die Clearingstelle notwendige medizinische Behandlungen über von der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege bereitgestellte Gelder finanzieren.
    Was tun? An Krebs erkrankt und nicht krankenversichert

    Der Bedarf ist offenbar sehr groß. Im Jahr 2023 hat die Stelle 1027 Personen erstmals beraten, dazu kommen solche, die sich schon länger begleiten lassen. Die Geschichten der ratsuchenden Menschen sind gänzlich unterschiedlich. Hierher kommen Deutsche, die nach einer Scheidung aus der Familienversicherung fallen oder die nach einer gescheiterten Selbstständigkeit nicht mehr in die gesetzlichen Krankenkassen zurückkommen. Viele können sich die hohen Beiträge der privaten Krankenversicherung nicht mehr leisten und haben sich bereits verschuldet.
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    Informationen in vielen Sprachen. Aus der ganzen Welt stammen die Ratsuchenden.Ida Luise Krenzlin

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    Manchmal kann man nichts machen – außer weiter. Trost und Zuversicht spendet dieser Kalender wie auch die Mitarbeiter der Clearingstelle.

    Manchmal kann man nichts machen – außer weiter. Trost und Zuversicht spendet dieser Kalender wie auch die Mitarbeiter der Clearingstelle.Ida Luise Krenzlin

    Eine Kinderecke im Warteraum. Es gibt auch Kinder, die ohne Krankenversicherung in Berlin leben.

    Eine Kinderecke im Warteraum. Es gibt auch Kinder, die ohne Krankenversicherung in Berlin leben.Ida Luise Krenzlin

    Gabi Herrmann ist eine von ihnen. Sie hat Rachenkrebs und wird gerade im Krankenhaus behandelt, Chemotherapie. Hinter ihr liegt eine Odyssee. Als sie davon erzählt, kommen ihr am Telefon die Tränen, so verzweifelt ist sie. Nach einer langen Selbstständigkeit wurde sie krank, dauerhaft. Die bürokratischen Abläufe sind kompliziert, die Versicherungen gehen mitunter knallhart vor. Gabi Herrmann flog aus der privaten Krankenversicherung, die sie nicht mehr bezahlen konnte, eine gesetzliche Krankenversicherung nimmt die Patientin bis heute nicht auf. Die Clearingstelle hat ihr geholfen, überhaupt eine medizinische Behandlung zu bekommen. „Die haben mich gerettet!“, ist Gabi Herrmann dankbar. Wie es nach der Chemotherapie weitergeht, weiß sie nicht. Um jede einzelne Behandlung muss sie kämpfen, zu ihrem Glück hat sie nun eine starke Beraterin an der Seite.

    Diese nennt die größten Hürden: „Die Ämter sind schlecht erreichbar. Wir haben keine festen Ansprechpartner bei den Krankenkassen, Sozialämtern und Ausländerbehörden“, erzählt Patricia Schöne. Die Diplompädagogin arbeitet als Sozialberaterin für die Clearingstelle. Die Mitarbeiter müssten äußerst hartnäckig an den Fällen dran bleiben, mitunter jeden Tag nachhaken, bis sie ein Problem gelöst haben. Auch sie hängen in den langen Warteschleifen der Hotlines, echte Zeitfresser. „Wir brauchen aber oft schnell Lösungen.“ Wenn jemand etwa eine Krebserkrankung hat oder süchtig ist oder HIV hat – und deshalb die Zeit drängt, schnellstmöglich eine medizinische Behandlung zu bekommen. Die Menschen kommen meist erst in die Beratung, wenn sie schon am Ende sind, wenn sie ganz dringend Hilfe brauchen.

    Gabi Herrmann kämpft seit Jahren darum, wieder in eine gesetzliche Krankenversicherung zu kommen. Die Clearingstelle hat ihr geholfen, eine medizinische Versorgung zu bekommen. Gabi Herrmann hat Krebs.

    Gabi Herrmann kämpft seit Jahren darum, wieder in eine gesetzliche Krankenversicherung zu kommen. Die Clearingstelle hat ihr geholfen, eine medizinische Versorgung zu bekommen. Gabi Herrmann hat Krebs.privat/Gabi Herrmann
    Viele ausbeuterische Arbeitsverhältnisse in Berlin

    Eine weitere große Gruppe Ratsuchender kommt aus EU-Staaten. Unter ihnen Studenten, die nicht wissen, ob sie in Deutschland versichert sind. Angestellte, die vorher etwa in Spanien gearbeitet haben und hier seit Monaten nicht zum Arzt gehen, weil die Krankenversicherung nicht geklärt ist. Da kann die Clearingstelle helfen. Ihr erstes Ziel ist es, die Patienten in eine Regelversicherung zu bekommen.

    Deshalb machen sie hier bei den deutschen Krankenkassen Druck. Diese müssen Informationen aus den Ländern über Versicherungszeiten einholen. Viele Ratsuchende kommen aus Rumänien, Bulgarien oder Polen. Sie befinden sich in „ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen“, so heißt es hier, oft auf dem Bau. Dort werden sie nicht versichert, obwohl sie in Deutschland versichert werden müssten.

    Louise Zwirner erzählt, wie schwer sich diese Menschen tun, ihren Arbeitgeber anzuzeigen. Oft würden andere Familienangehörige oder Bekannte auf denselben Baustellen arbeiten. „Sie schweigen deshalb lieber und nehmen den Zustand in Kauf, nicht versichert zu sein“, sagt Zwirner. Die meisten würden deshalb erst in die Beratung kommen, wenn sie akut erkrankt sind, Schmerzen haben, unbedingt zum Arzt müssen.

    Aus der ganzen Welt kommen die Ratsuchenden in die Clearingstelle der Berliner Stadtmission. Eine Karte im Warteraum zeigt die Herkunft der Klienten.

    Aus der ganzen Welt kommen die Ratsuchenden in die Clearingstelle der Berliner Stadtmission. Eine Karte im Warteraum zeigt die Herkunft der Klienten.Ida Luise Krenzlin
    Ärztliche Betreuung für Schwangere ohne Papiere

    In Deutschland ist der Zugang zur Gesundheitsversorgung für diejenigen geregelt, die über Ausweispapiere verfügen, die mit einem Wohnsitz gemeldet sind. Die Gesundheitsversorgung über das Sozialamt ist zwar kompliziert, aber möglich – trotzdem schaffen es viele nicht: „Menschen, die Berührungsängste mit Ämtern haben“, erklärt Zwirner. Die Leiterin der Beratungsstelle wünscht sich seitens der Ämter mehr Unterstützung für die Hilfesuchenden.

    Gar keinen Zugang zur gesetzlichen Gesundheitsversorgung haben die „Sans Papiers“, Menschen ohne gültige Ausweispapiere, Illegale, die in Berlin leben. Es gibt zum Beispiel eine große vietnamesische Gemeinschaft, viele von ihnen sind illegal in Berlin, arbeiten etwa in Nagelstudios, sind nicht versichert. „Diese Menschen fallen komplett durchs Raster“, sagt Zwirner, die Leiterin der Einrichtung.

    Menschen ohne Aufenthaltstitel arbeiten meist in prekären Jobs: als Putzfrauen und in der Kinderbetreuung oder als Prostituierte. „Sie sind aber hier. Und sie bleiben hier“, so die Einschätzung von Louise Zwirner. „Wer krank ist, muss versorgt werden“, bekräftigt sie. Oft handele es sich auch um Eltern, die zu ihren Kindern nach Berlin aus dem Ausland nachziehen. Da sie keine Chancen auf Asyl haben, bleiben sie ohne Papiere und ohne Krankenversicherung. Sie müssen mit der unzureichenden Behandlung bei chronischen Krankheiten leben.

    Für diese Menschen fordert Zwirner eine „City-ID-Card“, einen Stadtausweis für Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus. Denn ohne Ausweis gibt es keinen Mietvertrag, keine Krankenversicherung, keine Sozialhilfe. New York hat eine solche ID-Card etwa längst eingeführt. In Berlin leben nach Schätzungen etwa 50.000 Menschen ohne Papiere.

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    Krankenhäuser bleiben auf unbezahlten Rechnungen sitzen

    Das Gesundheitssystem ist eh schon überlastet. Wenn jemand dann auch noch ohne Krankenversicherungskarte in eine Arztpraxis geht, wird er meist abgewimmelt. Die Praxen können sich die Kosten zwar beim Sozialamt oder eben bei der Clearingstelle holen, das erfordert aber Schriftwechsel und Zeit. Und die ist überall knapp. Louise Zwirner hat dafür auch Verständnis. Das System sei dysfunktional. Auch die Krankenhäuser würden auf hohen Summen unbezahlter Rechnungen sitzen bleiben. Denn Krankenhäuser müssen Notfallbehandlungen durchführen: bei Schlaganfällen oder Herzinfarkten müssen sie jeden Menschen behandeln. Zumindest akut.

    Die Rechnung für die Behandlung können die Krankenhäuser dann zwar beim Sozialamt beantragen, doch diese könnten diese Kostenübernahmen auch ablehnen. So wachsen die Außenstände bei den Krankenhäusern. Es ist also kompliziert.

    Eine Folge ist, dass Kranke, die akut versorgt wurden, viel zu früh entlassen würden. Manche würden mit dem Rettungswagen direkt in die Clearingstelle gefahren werden. Auch dafür hat Louise Zwirner Verständnis: „Die wissen ja auch nicht, wohin mit den Menschen.“ Es gibt zwar Anlaufstellen für zum Beispiel Obdachlose, die eine medizinische Versorgung brauchen. Aber diese reichen nicht aus. In Berlin gibt es noch vergleichsweise viele medizinischen Hilfen wie etwa das Caritas-Arztmobil, eine Ambulanz der Berliner Stadtmission am Hauptbahnhof und Zentren für sexuelle Gesundheit und Familienplanung, die etwa Vorsorge für Schwangere ohne Krankenversicherung anbieten.

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    „Krank und papierlos in Deutschland“

    Die Clearingstelle der Stadtmission gibt es seit 2018. Sie wächst seither stetig. Angefangen hat Louise Zwirner mit zwei Mitarbeitern, nun sind es insgesamt 20. Die Beratungsstelle erhält Geld von der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege. Betrieben wird sie von der Stadtmission. „Um auch Menschen in Krisensituationen ausreichend sozial abzusichern, brauchen wir dringend langfristige bundespolitische und europäische Lösungen“, fordert sie.

    Übergreifend setzt sich die Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität (BAG) für den ungehinderten Zugang zur medizinischen Versorgung unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus ein. Engagiert sind in der BAG Sachverständige aus dem Gesundheitswesen. Auf das humanitäre „Problem krank und papierlos in Deutschland“ macht die Initiative seit vielen Jahren aufmerksam. Doch als der Schauspieler Heinz Hoenig zuletzt am Herzen operiert werden musste und seine Frau um Spenden bat, weil er nicht krankenversichert sei, ging ein Aufschrei durch Deutschland: Viele konnten sich nicht vorstellen, warum es überhaupt Menschen gibt, die hierzulande nicht krankenversichert sind.

    Dazu erklärte der Vertreter des Bundesverbands Schauspiel BFFS, Schauspieler Heinrich Schafmeister: „Altersarmut tritt bei sehr, sehr vielen Schauspielern auf, nicht nur bei den unbekannten, auch durchaus bei vielen namhaften. Viele wären überrascht, wenn sie wüssten, bei wem das alles zutrifft.“

    #Allemagne #maladie #social #exclusion #exploitation #immigration_clandestine #iatrocratie

  • Chinesischer Botschafter Wu Ken : Ich rate deutschen Politikern, nicht so naiv zu sein
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/chinesischer-botschafter-wu-ken-ich-rate-deutschen-politikern-nicht

    Quand l’ambassadeur de Chine en Allemagne publie son point de vue dans un journal accessible à tous, il s’adresse aux gens ordinaires comme moi. C’est rare et marque une étape dans les relations sino-allemandes. Son dernier article a deux ans et il faut se souvenir de ce qu’il a dit dans l’article précédent et des événement auxquels on a assisté et participé depuis pour en saisir la signification entière.

    En ce moment le gouvernement allemande se prépare à soutenir la politique étatsunienne en evoyant des frégates au détroit de Taïwan.

    Wie echtes De-Risking in den chinesisch-europäischen Beziehungen gelingen kann. Ein Gastbeitrag des chinesischen Botschafters in Deutschland, Wu Ken.

    17.05.2024 von Wu Ken - Vor gut zwei Jahren habe ich an dieser Stelle schon einmal einen Beitrag verfasst. Damals warnte ich vor einer unsichtbaren Berliner Mauer in den internationalen Beziehungen, mahnte, dass die globalisierte Welt mehr Brücken- statt Mauerbauer braucht. Mit dem Ende der Pandemie und der allmählichen Wiederaufnahme des grenzüberschreitenden direkten Kontakts kommt auch Chinas Austausch mit Deutschland und Europa in allen Bereichen und auf allen Ebenen wieder in Gang, was mich außerordentlich freut.

    Die Stimmen der Vernunft in Europa, die sich gegen ideologische Konfrontation und Entkopplung und für eine Zusammenarbeit Deutschlands und Europas mit China aussprechen, werden derzeit immer lauter. Nach der erfolgreichen neuen Runde der chinesisch-deutschen Regierungskonsultationen in Berlin im vergangenen Juni war Bundeskanzler Scholz vergangenen Monat zum zweiten Mal in seiner Amtszeit zu Gast in China.

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    Begleitet wurde er von einigen Bundesministern und einer Delegation wichtiger Wirtschaftsvertreter. Vergangene Woche dann stattete Chinas Staatspräsident Xi Jinping Frankreich, Serbien und Ungarn einen gelungenen Staatsbesuch ab. Er traf dabei auch mit Führungspersönlichkeiten der EU zu Gesprächen zusammen und setzte neue kraftvolle Impulse zur weiteren Förderung von Austausch und Zusammenarbeit zwischen China und der EU in allen Bereichen.

    Staatspräsident Xi Jinping hob bei seinem Frankreichbesuch die starke innere Dynamik und den großen Entwicklungsspielraum der chinesisch-europäischen Beziehungen hervor. Unsere Welt ist gerade in eine neue Phase der Turbulenzen und des Wandels eingetreten. Vor diesem Hintergrund sollten China und die EU an ihrer Positionierung als Partner sowie an Dialog und Zusammenarbeit festhalten, sollten einander fördern und gemeinsame Entwicklung suchen.
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    Leider muss man auch zugeben: Seit gut zwei Jahren gestaltet sich die internationale Lage immer unübersichtlicher und vertrackter. Das hat auch die Komplexität und Unsicherheiten in Chinas Beziehungen zu Europa und Deutschland gemehrt. Einige Vertreter politischer Eliten in bestimmten westlichen Ländern klammern sich in diesen Zeiten an ideologische Konfrontation und das Denken des Kalten Krieges.

    Olaf Scholz und Xi Jinping in Peking, im April 2024. 

    Olaf Scholz und Xi Jinping in Peking, im April 2024. Xinhua

    Vergeblich versuchen sie, eine neue Berliner Mauer zwischen Ost und West zu errichten. Ideologische Voreingenommenheit und politische Korrektheit dienen ihnen als Messlatte zur Abwägung von Risiken. Unter dem Vorwand des sogenannten De-Risking politisieren sie die normale Wirtschafts- und Handelskooperation sowie auch den Wissenschafts- und Bildungsaustausch und verknüpfen diese mit Sicherheitsfragen. Damit legen sie der Entwicklung der chinesisch-europäischen sowie auch der chinesisch-deutschen Beziehungen Steine in den Weg, höhlen die Zusammenarbeit gar aus.

    Auch in Europa und Deutschland gibt es Stimmen, die bei Handel, Investitionen und Lieferketten übermäßige Abhängigkeiten von China wähnen und dies als Risiko einordnen. Doch wie ich bereits mehrfach bei verschiedenen Anlässen betont habe: Abhängigkeit ist nie einseitig. Eine fragmentierte Weltwirtschaft wird dem europäischen Wohlstand nur schaden und letztlich noch größere Unsicherheit schaffen. Wenn China in einigen Bereichen dem Aufbau unabhängiger Kapazitäten mehr Aufmerksamkeit schenkt, dann nur deshalb, weil einige westliche Länder Lieferbeschränkungen und Handelsverbote gegen China erlassen haben. Man hat uns quasi gezwungen, zu reagieren. Aus eigenem Antrieb hat China nie Anstrengungen unternommen, sich wirtschaftlich vom Westen abzukoppeln.

    Hier liegt auch der grundlegende Unterschied zum De-Risking, das einige westliche Politiker derzeit propagieren. Meines Erachtens verbinden China, Deutschland und Europa letztlich das gemeinsame Interesse und die gemeinsame Verantwortung, eine gleichberechtigte und geordnete multipolare Welt und eine integrative Globalisierung zu schaffen.

    Die Ukrainekrise hat dem europäischen Sicherheitsverständnis einen schweren Schlag versetzt. Diese Tragödie sollte Europa und die Welt wach rütteln, weitere geopolitische Konflikte zu entschärfen und zu vermeiden, statt bei geopolitischen Spannungen künstlich Öl ins Feuer zu gießen.

    Einige politische Akteure mit Hintergedanken befeuern allerdings das Narrativ „Heute die Ukraine, morgen Taiwan“ und führen dabei nichts Gutes im Schilde. Vorgeblich geht es ihnen darum, die Stabilität in der Taiwanstraße zu wahren und eine Änderung des Status quo zu verhindern. Doch der tatsächliche Status quo in der Taiwanfrage ist, dass beide Seiten der Meerenge zu ein und demselben China gehören. Taiwan war nie ein unabhängiges Land. Mit der Beibehaltung des Status quo meinen solche Leute am Ende nichts anderes als die Aufrechterhaltung der Teilung Chinas. Nur traut man sich nicht, diese Absicht öffentlich so zu benennen.

    Tatsache ist: Die Souveränität und territoriale Integrität Chinas waren nie geteilt, auch wenn Chinas vollständige Wiedervereinigung noch ausstehen mag. Eine Reihe völkerrechtlicher Dokumente, allen voran die Kairoer Erklärung und die Potsdamer Erklärung, haben nach dem Zweiten Weltkrieg Chinas unbestrittene Souveränität über Taiwan bekräftigt. Dies gibt China die Legitimität und Rechtmäßigkeit im Sinne des Völkerrechtes, sich Bestrebungen nach einer Unabhängigkeit Taiwans zu widersetzen und seine Souveränität und territoriale Integrität mit allen erforderlichen Mitteln zu schützen. 1971 verabschiedete die UN-Generalversammlung die Resolution 2758, mit der die Frage der Vertretung ganz Chinas, einschließlich Taiwans, in den Vereinten Nationen politisch, rechtlich und verfahrenstechnisch ein für alle Mal geklärt wurde. Auch dieses Dokument bestätigt, dass Taiwan ein Teil Chinas ist.

    Das Ein-China-Prinzip ist allgemeiner internationaler Konsens und eine grundlegende Norm in den internationalen Beziehungen. Alle Seiten, einschließlich der EU und ihrer Mitgliedstaaten, haben sich gegenüber China und der Welt wiederholt in verschiedener offizieller Form klar zur Ein-China-Politik bekannt, so etwa in gemeinsamen Kommuniqués und Erklärungen. Um geopolitischer Vorteile willen aber zögern politische Akteure in manchen westlichen Ländern seit einigen Jahren nicht, Taiwaner Separatisten bei ihren riskanten Provokationen zu unterstützen. Durch eine sogenannte eigenständige Neuauslegung der Ein-China-Politik versuchen solche Akteure, das Ein-China-Prinzip aufzuweichen bzw. auszuhöhlen.

    Erst jüngst haben Beamte des US-Außenministeriums um Mark Lambert sowie einige Institutionen, darunter der German Marshall Fund, sogar versucht, die Geschichte bewusst zu verfälschen, indem sie die 1971 verabschiedete Resolution 2758 absichtlich umdeuten. Sie propagieren die These, dass Taiwans Status ungeklärt sei und fechten damit den Ein-China-Konsens der internationalen Gemeinschaft an. Dieser Verrat an der Geschichte und die Negierung der internationalen Nachkriegsordnung ist letztlich die größte Gefahrenquelle für die Stabilität in der Taiwanstraße.

    Der Ausgang der Wahlen in Taiwan hat nichts an der Tatsache geändert, dass Taiwan ein Teil Chinas ist und es nur ein einziges China auf der Welt gibt. Er ändert auch nichts am Ein-China-Prinzip als allgemeinem internationalen Konsens, und erst recht nichts am historischen Entwicklungstrend, der auf eine Wiedervereinigung Chinas hinausläuft. In der Frage der nationalen Einheit gab es faktisch nie eine zweite Option. Unser Land strebt nach wie vor mit größter Aufrichtigkeit und Anstrengung die Aussicht auf eine friedliche Wiedervereinigung des Vaterlandes an. Um die Unabhängigkeitsbestrebungen Taiwans und Einmischungen von außen zu unterbinden, werden wir auch nie versprechen, auf Gewalt als letztes Mittel für den Schutz unserer territorialen Integrität und Souveränität zu verzichten, sodass die friedliche Wiedervereinigung zu einer realen Möglichkeit wird.

    Wenn Europa ernsthaft an Chinas Zusammenführung mit friedlichen Mitteln gelegen ist und man verhindern will, dass die Taiwanstraße zu einem neuen geopolitischen Risiko wird, sollte die EU konsequent und tatkräftig an ihrer Verpflichtung zur Ein-China-Politik festhalten. Sie sollte sich nicht auf die Seite von Akteuren stellen, die eine Unabhängigkeit Taiwans anvisieren, geschweige denn bestimmten westlichen Ländern folgen, die die Taiwanfrage für die Eindämmung Chinas instrumentalisieren. Das ist meines Erachtens, worum es beim viel zitierten De-Risking eigentlich gehen sollte. In diesem Zusammenhang möchte ich auch einzelnen deutschen Politikern raten, nicht so naiv zu sein zu glauben, dass Chinas Wiedervereinigungsprozess sich durch die Entsendung einiger Kriegsschiffe durch die Meerenge ausbremsen ließe.

    Bei seinem Treffen mit Präsident Macron und der Präsidentin der EU-Kommission von der Leyen während seines Frankreichbesuchs hat Staatspräsident Xi Jinping betont, dass China und Europa die Kerninteressen und Hauptanliegen des anderen respektieren sollten. Er forderte dazu auf, die politische Grundlage der Beziehungen zwischen China und der EU sowie die grundlegenden Normen der internationalen Beziehungen zu wahren. Gleiches gilt auch für die Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland. Gegenseitige Achtung der Kerninteressen und Hauptanliegen – das ist es doch, worauf es bei einer umfassenden strategischen Partnerschaft ankommt. Wie zwischen Asien und Europa braucht es auch auf dem weiten Pazifik mehr Brücken, die uns verbinden, statt Kriegsschiffe und Kanonen aus der Ferne.

    Ich hoffe und bin überzeugt, dass die deutsche Seite weiterhin am Ein-China-Prinzip festhalten und gemeinsam mit China das Fundament für die Entwicklung der chinesisch-deutschen Beziehungen festigen wird. Lassen Sie uns gemeinsam konstruktive Beiträge leisten, nicht nur zum Frieden in der Taiwanstraße, sondern auch zu Stabilität und Wohlstand in der Asien-Pazifik-Region und in aller Welt. Denn dies liegt im Interesse aller Beteiligten, einschließlich Chinas und Deutschlands.

    Wu Ken ist Botschafter der Volksrepublik China.

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